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Stade

TDubai-Schokolade und Fußball-Turnier: Jugendarbeit im Altländer Viertel

Lara Hausmann, Leiterin des Bauspielplatzes im Altländer Viertel, bei der Arbeit.

Lara Hausmann, Leiterin des Bauspielplatzes im Altländer Viertel, bei der Arbeit. Foto: Richter

Die Jugendarbeit in Stade hat sich neu aufgestellt: dezentral und sozialraumorientiert. Was das heißt, zeigt ein Besuch bei Bauspielplatz und Jugendhaus im Altländer Viertel.

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Von Anping Richter
Mittwoch, 09.10.2024, 15:10 Uhr

Stade. Der Bauspielplatz im Altländer Viertel sieht aus wie ein Wimmelbild: Auf Vogelnestern und Balken schaukeln Kinder, auf dem Bolzplatz kicken welche einen Ball, andere flitzen mit Fahrrädern herum. Aus einem der beiden Holzhäuser duftet es: Heute wird Dubai-Schokolade gemacht.

Diese süße Spezialität wurde in einer edlen Confiserie des gleichnamigen Emirats erfunden.

Die preiswertere, hausgemachte Variante macht gerade auf Tiktok Furore - und die gibt es heute auch im Altländer Viertel. In der Küche in einem der beiden Holzhäuser des Bauspielplatzes sind einige Kinder dabei, Schokolade zu schmelzen und Kadayif knusprig anzubraten - hauchdünne, süße Teigfäden, die auch Engelshaar genannt werden. „Dubai-Schokolade ist ganz leicht selbst zu machen“, sagt Sara Sabah Noory.

Kinder dürfen sich Aktionen wünschen

Die 20-jährige Jugendleiterin kommt aus Buxtehude, spricht auch Arabisch und mag die Arbeit mit Kindern. Sie hat das selbst als Jugendliche im Stader Schlachthof kennengelernt und wurde später Jugendleiterin. Sara holt eine Pralinenform aus dem Kühlschrank, in der schon eine Lage Schokolade fest geworden ist. Jetzt kommen Engelshaar und Pistaziencreme dazu, erklärt sie den Kindern in der Küche.

Jugendleiterin Sara Sabah Noory bereitet mit den Kindern heute Dubai-Schokolade zu.

Jugendleiterin Sara Sabah Noory bereitet mit den Kindern heute Dubai-Schokolade zu. Foto: Richter

„Die Kinder dürfen sich hier Aktionen wünschen“, sagt Lara Hausmann, die ihr duales Studium bei der Hansestadt Stade absolviert hat. Seit April leitet sie den an fünf Tagen pro Woche geöffneten Bauspielplatz für Kinder ab sechs Jahren. Auch das Fußballturnier, das gerade läuft, stand auf der Wunschliste.

Im Schlachthof nur noch Kurse, Bandräume und Workshops

Dass Kinder und Jugendliche mitgestalten, sei wichtig, erklärte Stadtjugendpfleger Marc Olszewski, kürzlich in seinem Jahresbericht. Sein Team mit 15 hauptamtlichen und vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern sitzt jetzt nicht mehr im Alten Schlachthof, dem früheren Hauptsitz der Jugendarbeit. Der Schlachthof bietet aber immer noch einen offenen Mädchentreff und ein Kursprogramm, außerdem Bandräume, die an sieben Tagen der Woche ausgebucht sind, und das Projekt Heimspiel mit Workshops, bei denen Musiker und Bands sich kennenlernen, proben und präsentieren können.

Das Jugendhaus-Team am Tresen: Jil Flemme, Lukas Funke, Smila Scholz und Christian Kunstmann (von links).

Das Jugendhaus-Team am Tresen: Jil Flemme, Lukas Funke, Smila Scholz und Christian Kunstmann (von links). Foto: Richter

Die offene Jugendarbeit findet jetzt vor allem in den Stadtteilen statt. Inklusive Schlachthof gibt es sieben Standorte: Bauspielplatz und Jugendhaus im Altländer Viertel, die Jugendhäuser in Wiepenkathen, Haddorf und Hahle und das neue Jugendhaus in Bützfleth, das bald eröffnet werden soll.

„Für uns ist die dezentrale Arbeit ein Segen, weil wir sozialraumorientiert und niedrigschwellig arbeiten können“, sagt Lukas Funke. Er ist seit acht Jahren Erzieher im Jugendhaus im Altländer Viertel und arbeitet hier mit einem Sozialpädagogen (die Stelle ist zurzeit vakant) und mehreren ehrenamtlichen Jugendleitern.

Manchmal sind 50 Leute gleichzeitig im Jugendhaus

Es gibt eine Sofalandschaft zum Lümmeln, Billard, Tischtennisplatte, eine Küche und einen Tresen, wo Getränke und kleine Snacks günstig, teilweise auch kostenlos, zu bekommen sind. Draußen gehören ein umzäunter Basketballplatz, ein Spiel- und Fitnessplatz und nicht zuletzt die Bänke vor der Tür dazu, auf denen gerade einige junge Leute sitzen. Die Zielgruppe ist 14 bis 21 Jahre alt, in Ausnahmefällen dürfen auch Menschen bis 27 ins Jugendhaus kommen, berichtet Lukas Funke. An manchen Tagen sind es eine Handvoll, manchmal auch 50 gleichzeitig.

„Man braucht eine Ausstrahlung und Authentizität, um sich ein Standing aufzubauen“, erklärt Stadtjugendpfleger Marc Olszewski. Ihre Aufgabe sei es, einen geschützten Raum und Kontinuität zu bieten, sagt Lukas Funke: „Wir sind hier, wir sind immer ansprechbar und wir begegnen uns auf Augenhöhe.“ Der 39-Jährige und sein Team sind dienstags und donnerstags von 16 bis 20 Uhr und freitags von 16 bis 22 Uhr vor Ort. Mittwochs zieht Funke, der selbst seit 25 Jahren skatet, mit Skateboards und Musik zum Skaterplatz um.

Das Ziel: Einen Raum für alle zu schaffen

Im Altländer Viertel, das von Vielfalt geprägt ist, beobachtet er gerade wieder einen Wechsel: „Mal wird die eine Kulturgruppe dominanter, mal die andere.“ Anfangs seien viele Besucher arabischstämmig gewesen, jetzt gebe es mehr, die aus Osteuropa stammen. Aufgabe der Jugendarbeit sei es, das bewusst aufzunehmen, allen Raum zu bieten und sie zusammenzubringen.

Ein ähnliches Ziel verfolgt Christoph Grüneberg, der seit 2021 Quartiersmanager im Altländer Viertel ist. Kürzlich beim Sommerfest hat das gut geklappt: 700 Menschen feierten vor dem Alvi-Stadtteilhaus, etwa die Hälfte Kinder. Es gab Aufführungen, einen Auftritt der Stader Hafensänger und kulinarische Angebote, größtenteils von den Einwohnern selbst. „Wer dabei war, konnte mal einen ganz anderen Blick auf das Altländer Viertel bekommen“, sagt Grüneberg. Auf einen lebendigen, liebenswerten Stadtteil.

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