TStader Vinothek schließt: Wie viele Weinläden verträgt die Stadt?

Trotz treuen Kundenstamms trennt sich Monika Schmücker-Reich von ihrer Vinothek in Stade. Foto: Helfferich
In Sachen Wein haben die Stader eine große Auswahl. Fünf Weinhändler gibt es allein in der Innenstadt. Einer schließt zum Monatsende. Warum die Konkurrenz trotzdem das Geschäft belebt.
Stade. „In Stade findet jeder Weinladen seine Liebhaber“, sagt Monika Schmücker-Reich und stellt schnell klar: Die Schließung ihrer Vinothek zum Ende des Monats habe rein private Gründe. Vor zwölfeinhalb Jahren mietete sie spontan ihren Laden in der Neuen Straße und überlegte erst danach, was sie dort anbieten möchte - sie kam schnell auf Whisky und Wein.
„Der Laden ist eine Goldgrube“, sagt die Einzelhandelskauffrau.
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Konkurrenzdruck durch die anderen Weinläden habe sie nie empfunden. „Jedes Geschäft hat seinen ganz eigenen Charakter, und wir helfen uns auch gegenseitig aus“, sagt Schmücker-Reich. Sie spezialisierte sich auf Spirituosen. Zertifikate und Auszeichnungen hängen an den Wänden ihrer Vinothek. 2011 erhielt sie den Gründerstar des Landkreises Stade als „Mutmacherin im Einzelhandel“. 2015 gehörte sie zu den fünf besten Weinhandlungen Deutschlands. Und 2018 wurde sie als erste Frau in Niedersachsen als Whisky-Botschafterin, Whisky Ambassador, ausgezeichnet.
Wein oder Whisky? Rum!
Gerade in der Spirituosenbranche sei es für Frauen nicht einfach, erzählt sie, „aber ich kann mich durchsetzen“. Zugänglicher seien da die Winzer, vor allem die jungen, „die im In- und Ausland gelernt haben und tolle Weine machen“. Sie brächten viel Herzblut mit, oft an den Etiketten zu erkennen, „die alle eine eigene Geschichte erzählen“.
Kunden und Lieferanten seien über die Jahre zu Freunden geworden. Sechs Gästebücher füllten sie über die Jahre. Viele Kunden gewann Schmücker-Reich mit ihren Events und Tastings. Wenn sie die Wahl zwischen Whisky oder Wein hätte, würde sie allerdings Rum wählen.
700 Weine aus der ganzen Welt am Stader Fischmarkt
Das Weinlager Ludwig von Kapff - früher Stratmann - am Fischmarkt gehört mit dem Weinkeller von Achim Tomischat am Wasser-West zu den ältesten Weinhandlungen Stades. Hier gibt es fast 700 unterschiedliche Weine aus der ganzen Welt, die europäischen Weinanbaugebiete sind genauso vertreten wie die in Australien, Südafrika und Kalifornien.

Jördis Kleine leitet das Weinlager Ludwig von Kapff am Fischmarkt. Foto: Helfferich
Jördis Kleine ist seit 2018 bei von Kapff, hat sich über den Wine & Spirit Education Trust (WSET) bis zum Level 3 qualifiziert und führt das Stader Weinlager. „Ich komme aus einer genussaffinen Familie und fand so zum Wein“, erzählt die Staderin, die in Assel aufgewachsen ist. Die Mitanbieter in Sachen Wein in Stade möchte sie nicht missen; sie spricht von Kollegen, nicht von Konkurrenten. „Wir haben alle unterschiedliche Konzepte, jeder hat sein Plätzchen gefunden“, sagt sie. Im Weinlager sind es die große Auswahl und die Verkostungen: Bei der Frühlingsverkostung wurden kürzlich 58 Weine probiert. Die Stader seien Genussmenschen und testeten auch gerne mal etwas Neues.
Uriger Weinladen mit feiner Auswahl aus der Pfalz
Nur noch sonnabends hat Achim Tomischat seinen Weinkeller am Wasser-West geöffnet - der wohl urigste Weinladen in Stade. Auf wenigen Quadratmetern werden hier Weine vorwiegend aus der Pfalz angeboten. 15 Jahre lang ist er einmal die Woche dorthin gefahren und hat die Weine direkt beim Winzer abgeholt. Heute bestellt er die Flaschen und liefert sie an seine Kunden aus, bis vor die Tür.
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Der Weinhandel laufe in Stade gut. Zum einen seien da die Stammkunden, zum anderen aber auch Touristen, die sonnabends den Ausschank nutzten und im Zweifel beim nächsten Stade-Besuch wiederkommen. Achim Tomischat beobachtet, dass seine Kunden sich nicht mehr an einen Lieblingswein klammern, sondern viel bereitwilliger auch Neues ausprobieren. Er hat nicht den Eindruck, dass es in Stade ein zu großes Angebot gibt. „Hier hat jeder Händler seine Zielgruppe. Die mag sich überlappen, aber es reicht für alle.“
Rindchen’s setzt auf hohen Weingenuss in Stade
Noch relativ neu ist das Rindchen’s in der Stader Wallstraße. Rindchen’s Weinkontor wurde vor 45 Jahren in Hamburg gegründet und hat elf Filialen im Norden; vorwiegend in Hamburg, aber auch in Hittfeld, Lüneburg, Rellingen und jetzt auch in Stade. Die gute Lage und die hohe Kaufkraft hätten für Stade gesprochen, erklärt Vertriebsleiter Jorge Centelles Schlegel. Die Tradition der Hanse zeige sich auch im Weingenuss der Stader. Außerdem zögen viele Hamburger in den Landkreis, die Rindchen’s bereits kennen.

Malgorzata Reinecke ist das Stader Gesicht von Rindchen's Weinkontor. Geschäftsführer ist Jorge Centelles Schlegel. Foto: Helfferich
Auch die Tatsache, dass in Stade bereits Weinhändler ansässig sind, habe für die Ortswahl gesprochen. „Hier gibt es bereits eine große Weinaffinität“, so Centelles, „und die Stader sind mit Wein-Events bestens vertraut.“ Trotz der Größe des Unternehmens legt auch Rindchen’s großen Wert auf den direkten Kontakt zu den Winzern. „Wir importieren alle Weine selbst, egal wo die Weingüter liegen, und entwickeln mit den Winzern eigene Marken, mit besonderen Etiketten.“ Zwischen 250 und 300 Weine aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Österreich, Südafrika, Argentinien, Chile, Australien, Neuseeland, USA und Georgien machen das Sortiment aus.
Nachhaltige Weine in der Großen Schmiedestraße
In der Großen Schmiedestraße, in der ehemaligen Keksbäckerei Nasemann, hat Roland Malberg seine Weinstube eröffnet. Er bietet bereits seit zehn Jahren in Stade Wein an; zunächst im Sophie-Scholl-Weg in Ottenbeck, eine Weile im Ma Belle in der Salzstraße und jetzt in der Großen Schmiedestraße.
Roland Malberg bietet in der Großen Schmiedestraße nachhaltige Weine an. Foto: Helfferich
„Wir haben hier keine Mainstream-Winzer, sondern nachhaltige Weine“, sagt der 66-Jährige. Viele seiner Weine stammen aus dem Rheingau, wo er selbst mit seiner Familie gelebt hat. Und so pflegt er auch den direkten Kontakt mit seinen Winzern und Winzerinnen.
Als die Familie wegen der Neurodermitis des ältesten Sohnes ins Alte Land zog, stellte sie ihre Ernährung um und holte den Wein aus dem Süden Deutschlands nach, achtete aber auch da auf Bio-Qualität, „auch wenn sich das nicht alle zertifizieren lassen“. Etwa 60 Weine aus dem Rheingau, Rheinhessen, der Pfalz, Baden-Württemberg und von der Mosel bietet Roland Malberg an. Übersee-Weine sind für ihn tabu, wegen der Nachhaltigkeit. Auch er lobt das gute Miteinander mit den anderen Weinhändlern und erwähnt die Wein-Tour, die das Stadtmarketing anbietet und an der sich immer drei Wein-Standorte beteiligen. Auch da nehme man sich nicht als Konkurrenz wahr.