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TStandort-Retter: Betriebsräte im Stader Industriepark ausgezeichnet

Betriebsräte aus dem Stader Industriepark bei der Preisverleihung (von links nach rechts) in Bonn: Ingo Döhring, Jonas von Holt, Oliver Elsen, Christian Deppe und Thomas Mellin.

Betriebsräte aus dem Stader Industriepark bei der Preisverleihung (von links nach rechts) in Bonn: Ingo Döhring, Jonas von Holt, Oliver Elsen, Christian Deppe und Thomas Mellin. Foto: IGBCE

Ein Zukunftskonzept für den Erhalt Tausender Arbeitsplätze: Damit haben Stader Betriebsräte Arbeitgeber und Politik überzeugt - und die Jury des deutschen Betriebsrätepreises.

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Von Anping Richter
Freitag, 15.11.2024, 15:05 Uhr

Buxtehude. Globale Konkurrenz, Digitalisierungsdruck, Energiekosten und Fachkräftemangel machen den Unternehmen im Industriepark in Bützfleth zu schaffen. Doch es gibt Hoffnung - auch dank der Initiative und Weitsicht von Betriebsratsvorsitzenden.

Unterstützt von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) entwickelten Betriebsräte von Dow, AOS, Olin, Trinseo und IFF im Jahr 2022 ein Zukunftskonzept. Ihr ehrgeiziges Ziel: ein Standortsicherungsvertrag, um die 2500 Arbeitsplätze am Standort zu erhalten, von denen in der Region schätzungsweise weitere 10.000 indirekt abhängen.

Bei den Geschäftsführungen stießen die Pläne anfangs auf wenig Gegenliebe, berichtet Trinseo-Betriebsrat Bernd Guse. „Tatsächlich hieß es ‚Luftschloss‘ oder ‚träumt weiter‘“, erinnert sich auch der Olin-Betriebsratsvorsitzende Jonas von Holt.

Dabei hatte der Dow-Betriebsratsvorsitzende Thomas Mellin schon vor zehn Jahren befunden, dass die Unternehmen vor Ort die Herausforderungen durch die Energiekrise und die dringend notwendige Transformation nur gemeinsam lösen können, zumal sie durch Produkt- und Energieströme miteinander verquickt und aufeinander angewiesen sind.

Olaf Lies versteht die Idee sofort

Die Betriebsratsvorsitzenden gaben nicht auf. Im Januar 2023 nutzen sie einen Besuch von Wirtschaftsminister Olaf Lies in Stade, um ihre Idee vorzustellen. „Minister Lies hat unseren Ansatz sofort verstanden“, sagt Thomas Mellins Nachfolger Christian Deppe, der heutige Betriebsratsvorsitzende von Dow.

Lies lud kurzerhand zu sich ins Ministerium ein, und plötzlich wollten alle mitmachen: Geschäftsführungen, Industrie- und Handelskammer und Vertreter der Landes- und Kommunalpolitik. „Es ging gar nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie“, erzählt Jonas von Holt.

Seit Oktober 2023 gibt es nun das mit 315.000 Euro für drei Jahre öffentlich finanzierte Projekt „Zukunftsperspektive und Standortentwicklung Chemie- und Industriestandort Stade“. Es ist bei der Wirtschaftsförderung des Landkreises angesiedelt und wird von dem früheren Dow-Manager Stephan Engel geleitet.

„Die Besonderheit und auch der Erfolg des Projektes liegen darin, dass alle Beteiligten - die Unternehmensleitungen, die Betriebsräte und Gewerkschaften, Verwaltung und Politik bis hin zum Wirtschaftsministerium - an einem Tisch sitzen und eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten“, lobt Landrat Kai Seefried. Sie suchen nach Lösungen für den Abbau von Bürokratie, für das Halten und Gewinnen von Fachkräften und die angestrebte kohlendioxidfreie Energieversorgung. Besuche im Wirtschaftsministerium in Hannover gehören dazu - der nächste ist am 20. November geplant.

Neue Investitionen am Standort machen Hoffnung

Jüngste Entwicklungen machen Unternehmen und Betriebsräten Hoffnung: So soll das kurz vor Inbetriebnahme stehende schwimmende LNG-Terminal ab 2027 abgelöst werden durch ein festes landseitiges Terminal. Das Konsortium Hanseatic Energy Hub (HEH) will hier eine Milliarde Euro investieren.

Prime Lithium plant, einen zweistelligen Millionenbetrag in eine Pilotanlage für die Produktion von Lithium als Basis für Batterien von E-Autos zu investieren. Sogar einen dreistelligen Millionenbetrag will Hansekraft in das geplante Holzkraftwerk stecken, das die Bürgerinitiative Bützfleth und einige Umweltorganisationen sehr kritisch sehen. Doch es könnte die Betriebe vor Ort mit Prozessdampf versorgen, der zurzeit mit Erdgas produziert wird. Als Synergieeffekt steht auch ein Ausbau des Nordhafens im Raum.

Auch der Preis, der den Betriebsräten jetzt auf dem Deutschen Betriebsräte-Tag in Bonn im ehemaligen Plenarsaal des Bundestags verliehen wurde, könnte sich positiv auswirken, denkt AOS-Betriebsrat Oliver Elsen: „Das spricht sich auch bei Fachkräften herum. Beste Werbung für unseren Standort.“

Betriebsräte und Gewerkschaftsvertreter haben einen Zukunftsplan geschmiedet (von links nach rechts): Bernd Guse (Trinseo), Kim Fleischmann (IGBCE), Ingo Döhring (IFF), Oliver Elsen (AOS), Jonas von Holt (Olin), Petra Adolph (IGBCE), Thomas Mellin und Sven Nemitz (beide Dow).

Betriebsräte und Gewerkschaftsvertreter haben einen Zukunftsplan geschmiedet (von links nach rechts): Bernd Guse (Trinseo), Kim Fleischmann (IGBCE), Ingo Döhring (IFF), Oliver Elsen (AOS), Jonas von Holt (Olin), Petra Adolph (IGBCE), Thomas Mellin und Sven Nemitz (beide Dow). Foto: Anping Richter

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