TSteinmann unterschreibt auf Bierdeckel – Ex-HSV-Profi bleibt D/A treu

Matti Steinmann (rechts) und D/A-Sportdirektor Sören Behrmann haben den Vertrag unterschrieben - auf einem Bierdeckel. Foto: Berlin
Matti Steinmann verlängert seinen Vertrag bei D/A bis Juni 2026. Auf ganz ungewöhnliche Weise. Der skurrile Weg bis zur finalen Unterschrift.
Drochtersen. Seit Wochen verhandelt D/A-Sportdirektor Sören Behrmann mit den Fußballern, deren Verträge in diesem Sommer auslaufen und die der Verein gerne behalten möchte. Matti Steinmann ist einer von ihnen. Der Ex-HSV-Profi ist gerade 30 geworden und aus dem Mittelfeld des Regionalligisten nicht wegzudenken. Steinmann gilt als absoluter Leistungsträger.

Matti Steinmann (links) gratuliert Neuzugang Jelldrik Dallmann zu seinem ersten D/A-Tor beim Testspiel gegen Altona 93. Foto: Berlin
Steinmann sitzt am Dienstagnachmittag als Gast im Podcast „D/A sind wir zuhaus“. Das TAGEBLATT redet mit ihm über seine bewegte Vergangenheit, seine Zeit als Profi beim HSV, die Saison mit D/A, über den Menschen Steinmann. Über Wandern in Australien, Yoga in Neuseeland und Schweinshaxen. Und darüber, dass es doch nicht so schwer sein kann, einen Vertrag bei D/A zu verlängern.
Steinmann zahlt 5 Euro ins Phrasenschwein
Alles beginnt mit einem Scherz. Zum Auflockern, zum Reinkommen. Warmlaufen für den Podcast. Das TAGEBLATT hat einen Bierdeckel dabei. Steinmann erklärt, er führe mit dem Verein „gute Gespräche“. Das sagen Spieler und Sportdirektoren immer in solchen Fällen. Im Podcast kostet das 5 Euro für das Phrasenschwein. Steinmann zahlt am Ende gern.
Ein Bierdeckel müsste für solch einen Vertrag doch eigentlich reichen. Vertragspartner, Laufzeit bis 30. Juni 2026. Gehalt: Ein bisschen mehr. Prämien für Pokalsieg und Aufstieg. Unterschrift Steinmann, Unterschrift Behrmann. Fertig.
Mittelfeldspieler macht Vertrag während Podcast fix
Steinmann schaut sich um. Behrmann, der als stiller Beobachter hinter ihm sitzt, lächelt. Abgesprochen ist hier nichts. Kein PR-Gag. „Ist das symbolisch?“, fragt Steinmann, der ein bisschen den Druck spürt. Die Feinheiten sollen die Protagonisten später klären.

Ein bisschen mehr Geld fürs Fußballspielen, Prämien für Pokalsieg und Aufstieg. Solch ein Vertrag passt auf einen Bierdeckel. Foto: Berlin
Steinmann unterschreibt auf dem Bierdeckel. Behrmann setzt seinen Namen eine halbe Stunde später daneben. Da hat er gerade ein Telefonat mit Präsident Rigo Gooßen hinter sich. Spieler und Verein sind sich einig. Kurz nach dem Podcast verkünden Behrmann und Steinmann, dass Steinmann bleibt. Die Unterschrift unter dem detaillierten Vertrag ist nur noch Formsache.
Skurril läuft das Ganze, spontan. Aber bei einem Blick in die Vita und auf den Charakter von Matti Steinmann eben auch nicht ganz unerwartet. Dieser Fußballer hat in seiner Karriere schon weitaus schwierigere Entscheidungen getroffen und eine Menge erlebt.
Ex-HSV-Coach Christian Titz lobt Steinmann
2014 feierte Steinmann beim HSV sein Bundesligadebüt unter Trainer Josef Zinnbauer, bevor er auf Leihbasis unterklassig spielte. Ex-HSV-Trainer Christian Titz verhalf Steinmann 2018 im Abstiegskampf mit dem HSV zum Bundesliga-Comeback und machte ihn zum Stammspieler.
Titz erinnert sich heute gern an Steinmann. „Er war ein Glücksfall für uns. Mit dieser Strategie, wie Matti ein Fußballspiel liest, wie er Fußball denkt. Mit seiner Ballsicherheit und seinem Passspiel war er ein wichtiger Stratege“, sagt der heutige Zweitligacoach des 1. FC Magdeburg während des Podcasts. Titz drückt Steinmann in Drochtersen die Daumen und hofft, dass er „auch diese Mannschaft mit nach oben führen“ kann.

TAGEBLATT-Sportchef Daniel Berlin (links) und D/A-Spieler Matti Steinmann plaudern beim Podcast eine halbe Stunde über D/A, den HSV, Australien und Schweinshaxen. Foto: Jantzen (nomo)
Als der HSV schließlich 2019 nicht mehr auf ihn setzte, traf Steinmann eine der mutigsten Entscheidungen seines Lebens. „Innerhalb von drei Tagen bin ich ans andere Ende der Welt gewechselt“, berichtet Steinmann. Er sagt, er musste raus, hatte Lust auf eine Herausforderung, wollte sein Englisch verbessern. „Raus aus der Hamburger Blase.“ Er kickte in Neuseeland, Australien und Indien.
Traum vom Bundesligafußball begraben
Sicherlich fragte sich Steinmann später, ob er nicht ein wenig geduldiger hätte sein müssen. „Ein halbes Jahr durchbeißen, weil ich schon die Qualität hatte, um mich durchzusetzen“, sagt er.
Aber er sei eben auch ein spontaner Mensch, einer, der offen für neue Dinge ist, „coole Sachen machen will“, leicht zu begeistern ist. Er lernte in Australien einen anderen Lebensstil kennen, neue Menschen und deren Lebensrealität, anderen Humor.
Steinmann entdeckte den Naturburschen in sich. Er wanderte an entlegende Orte, schlief in Zelten und einfachen Hütten. „Das war eine prägende Zeit“, sagt Steinmann. Er vermittelt nicht den Eindruck, dass er der verpassten Chance, etablierter Fußballprofi zu werden, nachtrauert.
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Freunde lotsten Matti Steinmann vor eineinhalb Jahren zurück nach Deutschland. Und zur SV Drochtersen/Assel. Mannschaftskollege Sebastian Haut ist sein Freund und gilt als treibende Kraft bei diesem Deal. Heute pendelt Steinmann zwischen seiner WG in Hamburg und Drochtersen, trainiert für sich in der Kaifu-Lodge in Hamburg, spaziert gern am Elbstrand und im Treppenviertel in Blankenese.
Weltenbummler genießt bei D/A das Wir-Gefühl
Das, was Matti Steinmann seit seinem Wechsel nach Drochtersen erlebt hat, ließ ihn offenbar auch diesen Bierdeckel unterschreiben. Da ist das Sportliche, der zweite Tabellenplatz, auf dem der Verein in der Regionalliga gerade steht. Aber auch: „Ich genieße in Drochtersen die Gemeinschaft“, sagt Steinmann.
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Bei D/A sei es anders, als in anderen Profivereinen, in denen jeder selbst hoch hinaus wolle. „Hier geht es ums Wir“, sagt Steinmann, der den Mix aus Familiärem und dem Leistungsgedanken mag.
Steinmann arbeitet schon seit einigen Jahren an Plan B. An seinem Leben nach seiner Karriere als Fußballer. Ab Sommer oder Herbst will er sich als Umweltwissenschaftler nach seinem abgeschlossenen Studium auf Jobsuche begeben. Wahrscheinlich erstmal nur in Teilzeit. Weil er ja mindestens bis zum 30. Juni 2026 noch für D/A Fußball spielt.