TWie Buxtehuder und Stader Muslime fasten und warum das gesund sein kann

Mit Wasser und einer Dattel beginnt das Fastenbrechen traditionell. Laura ist Ärztin und erklärt, warum das Fasten im Ramadan auch gesund ist. Foto: Richter
Um 18.44 Uhr ist es soweit: Mit Wasser und Datteln brechen Muslime in Buxtehude und Stade ihr Fasten, und mit ihnen Gäste anderen Glaubens. Dahinter steckt mehr als Tradition.
Landkreis. Auberginenpaste, Fladenbrot und mit Granatapfelkernen bestreute Salate stehen auf den Tischen, unter Edelstahldeckeln dampfen warme Gerichte. Das Büfett im Speisesaal des Familienbildungszentrums Buxtehude (Fabiz) ist schon aufgebaut. An der Wand ist auf einem großen, dunkelblauen Tuch mit Mondsichel und Sternen zu lesen: Ramadan Mubarak.
Das bedeutet gesegneter Ramadan, erklärt Laila Al-Sayed vom Verein Mosaik, der sich aus den früheren Stadtteileltern des Fabiz gebildet hat. Insgesamt 40 Gäste und Gastgeber sitzen an langen Tafeln, wo goldene Tabletts mit kleinen Laternen und gefüllten Datteln bereitstehen.

Die Laterne und die Datteln gehören zum Ramadan wie Christbaumschmuck und Plätzchen zu Weihnachten. Foto: Richter
Alles wartet auf den Ruf des Muezzins. Um Punkt 18.44 Uhr wird er eingespielt. Damit beginnt das Fastenbrechen. Es ist Brauch, es in Gemeinschaft zu verbringen, und der Verein Mosaik hat in diesem Jahr im Rahmen der Wochen gegen Rassismus in Buxtehude öffentlich dazu eingeladen.

Essen und plaudern an der langen Tafel: Fastenbrechen im FaBiz. Foto: Richter
Michael Brinkmann ist einer der Gäste. Der Berufsschullehrer hatte einem seiner ehemaligen Schüler erzählt, dass er zum Fastenbrechen gehen wollte. Ohne Fasten kein Fastenbrechen, habe der gesagt: „Das hat mich natürlich herausgefordert“, sagt Brinkmann. Jetzt hat er zum ersten Mal in seinem Leben nach dem Ramadan-Kalender gefastet. Bis 4.22 Uhr hatte er Zeit, um rechtzeitig vor dem Morgengebet zu frühstücken - „und ganz, ganz viel Wasser zu trinken“, berichtet er.
Ein Gast und seine erste Fastenerfahrung
Er schlief weiter bis 6.45 Uhr und wachte durstig auf. Bis 13 Uhr sei aber alles gut auszuhalten gewesen. Ab da wurden Durst und Hunger stärker, Kopfschmerzen kamen dazu. Gegen 17.30 Uhr ließ das aber wieder nach.
Rasha Jarweh und Leila Al-Sayed von Mosaik sprechen auf Deutsch und Arabisch eine bewusst kurze Andacht. Dann greifen alle zum Wasserglas. Erst dann folgt das richtige Gebet. Darauf sollte man sich konzentrieren können, deshalb ist es besser, erst eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken, erklärt Rasha Jarweh.
Später wird ausgiebig gegessen. So ist es Tradition - und es passe gut in die Wochen gegen Rassismus, denn: „Zusammen zu essen, das bedeutet etwas, besonders im Ramadan. Wenn wir zusammen essen, können wir uns und unsere Kultur gegenseitig kennenlernen, uns akzeptieren und respektieren - echt und herzlich.“
Gemeinsam essen stärkt den Zusammenhalt
Hamed Ahmed fügt hinzu: „Essen hat großen Einfluss darauf, wie Menschen einander begegnen. In Frankreich gibt es nicht umsonst das Sprichwort: Die Probleme zwischen Käse und Birne lösen.“
Das Fasten sei gut für Körper und Seele, erklärt Laura. Die 32-Jährige aus Neu Wulmstorf ist Ärztin am Krankenhaus in Buchholz und stammt ursprünglich aus Syrien. Grundsätzlich, das gebe auch die Religion vor, sollen nur gesunde Menschen fasten. Dadurch kämen Abbauprozesse in Gang, die helfen, den Körper zu erneuern. „Der Bauchspeicheldrüse tut es auch gut, eine Pause zu machen und nicht immer diese Insulinspitzen zu haben.“
Viele dächten, es sei nicht gut, so lange nicht zu trinken. Doch das könne auch helfen, den Wasserhaushalt auszugleichen und Wassereinlagerungen abzubauen, sagt die Ärztin - wohlgemerkt: bei Gesunden. Es werde auch empfohlen, viel frisches Obst und Gemüse zu sich zu nehmen und gerade das Frühstück nicht zu salzig zu gestalten.
Michael Brinkmann hat das Glas Wasser nach dem ganztägigen Fasten sehr genossen. Das Gefühl, wirklichen Hunger zu haben, kenne er gar nicht, weil er gern und zu den üblichen Zeiten esse. Insgesamt war aber alles auszuhalten, findet Brinkmann - und das Essen danach war „eine Riesenfreude“ für ihn.
„Im Ramadan nimmt auch die Seele viel mit“, sagt Laura. Im Fastenmonat sind die Muslime aufgerufen, an Gott und an die Mitmenschen zu denken - besonders an die, die nicht genug zu essen und zu trinken haben. Deshalb wird auch traditionell gespendet.
Rasha Jarweh, die in Deutschland als Religionslehrerin arbeitet, berichtet, dass sie ihre Ramadanspende in ihre Heimatstadt Aleppo geschickt hat. „Bei uns im Dorf haben wir auch Weihnachten an Ärmere gespendet“, erzählt Leonore. Ingrid erinnert an den Wünschebaum in der St.-Petri-Kirche, auf dessen Sterne Kinder aus armen Familien ihre Weihnachtswünsche schreiben, die andere Menschen dann erfüllen.
Fastenbrechen im Alvi in Stade
Auch in Stade sind zum Fastenbrechen am Sonnabend mehr als 40 Menschen im Haus der Begegnung im Altländer Viertel (Alvi) zusammengekommen. Wie der 34-jährige Stader Emre Reis erklärt, trifft sich dort jede Woche eine Gruppe Geflüchteter, vor allem aus der Türkei, aber auch aus Afghanistan.

Fastenbrechen mit Freunden und Nachbarn im Stadtteilzentrum Alvi im Altländer Viertel in Stade. Foto: Reis
Reis ist Lehrer an der BBS Cadenberge und hat die Gruppe im Herbst 2021 ins Leben gerufen. Inzwischen sind viele schon länger in Deutschland, so dass sie Neuankömmlingen selbst Tipps geben und sie unterstützen können. Zum Fastenbrechen im Alvi hat jede Familie etwas zubereitet und mitgebracht, um die eingeladenen Nachbarn und Kollegen aus Kursen bewirten zu können - und die besondere Atmosphäre des Fastenbrechens im Ramadan mit ihnen zu genießen.