TTod nach Ohrfeige: Entlastungszeuge belastet den Angeklagten schwer

Im Prozess um Körperverletzung mit Todesfolge kamen am vierten Verhandlungstag vor dem Landgericht Stade neue Zeugen zu Wort. Foto: Christian Hager/dpa
Er war ein Zeuge der Verteidigung - und belastete den Angeklagten aus Stade schwer. Der mutmaßliche Täter steht wegen Körperverletzung mit Todesfolge vor Gericht. Am vierten Prozesstag wurden am Landgericht Stade neue Details bekannt.
Stade. Vor die 3. Große Strafkammer am Landgericht Stade hatte der Vorsitzende Richter Marc-Sebastian Hase für den vierten Verhandlungstag einige Zeugen geladen. Die Kammer erhoffte sich von ihnen weitere Details zum mutmaßlichen Tattag, dem 5. November 2022, sowie Informationen über andere Angriffe auf das Opfer. An diesem Tag soll der Angeklagte, dem Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen wird, gemeinsam mit anderen Männern Alkohol getrunken, sich heftig mit dem Opfer gestritten und ihm zwei Ohrfeigen verpasst haben. Zwei Tage später wurde der Geschlagene tot in seiner Wohnung gefunden (das TAGEBLATT berichtete).
Namen der Zeugen standen auf der Liste
Bereits am ersten Verhandlungstag hatte die Verlobte des Angeklagten in ihrer Zeugenaussage von Gerüchten gesprochen, in deren Kontext ein anderer Mann als mutmaßlicher Täter infrage kam. Später übergab sie dem Verteidiger Rainer Mertins einen Zettel mit Namen von möglichen Zeugen, die in die Gerüchte involviert waren. Die Zeugen des vierten Verhandlungstages standen auf dieser Liste. Allerdings konnten sie nicht viel zur Aufklärung des Falls beitragen.
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“Warum bin ich eigentlich hier?“, fragte einer der Zeugen. Außer dass er denselben Vornamen trug wie der Mann, der Gerüchten zufolge den Verstorbenen in seiner Wohnung am Tattag oder ein paar Tage zuvor ebenfalls verprügelt haben soll, konnte er nichts zum Fall sagen. Richter Hase schien daher der Meinung zu sein, dass weitere Anhörungen von Entlastungszeugen das Verfahren nicht voranbringen würden.
Verteidiger Mertins widersprach dem jedoch entschieden. Er habe nicht die Absicht, das Verfahren unnötig in die Länge zu ziehen oder Luftnummern zu produzieren; aber jeder, der zur Aufklärung des Falls beitragen könne, sollte auch angehört werden. Die Gerüchte aus dem Milieu deuteten darauf hin, dass es ein Detail im Verfahren gebe, das bisher zu wenig beleuchtet wurde.
Angeklagte soll Opfer in eine Ecke gezerrt haben
Fast zur Bestätigung dieser These brachte dann der Zeuge H. einen völlig neuen Aspekt in den Fall ein: Er wohnt in dem Haus, in dem auch der Freund des Verstorbenen lebt, in dessen Wohnung sich der Angeklagte und das spätere Opfer am 5. November vergangenen Jahres handgreiflich gestritten hatten. H. hatte aus seinem Küchenfenster heraus gegen 19 Uhr zunächst eine verbale Auseinandersetzung gehört und dann beobachtet, wie der Angeklagte den später Verstorbenen sechs- bis achtmal heftig mit der flachen Hand geohrfeigt hatte. Danach habe er ihn in eine Hausecke gezerrt, die H. zwar nicht einsehen konnte, aus der er jedoch weiteres Gerangel vernahm. Fünf Minuten später sei der Angeklagte schnell wieder aus der Ecke herausgekommen „und mit dem Rad und einem weißen Beutel davongerast“. Einige Zeit später sei auch der Geschlagene aus der Ecke gekommen und nach Hause gelaufen. Dass er sein Rad dabei schob, war für den Zeugen ungewöhnlich, denn er kannte den Verstorbenen gut.
Obwohl die Zeitangaben dieses Zeugen von anderen Aussagen und den Videoaufnahmen abwichen, wonach der Geschlagene gegen 18.30 Uhr in der Nähe seiner Wohnung war, belasteten sie den Angeklagten schwer. Er hatte sich bisher nicht zur Sache geäußert und saß auch an diesem Verhandlungstag stumm neben seinem Verteidiger.
Die Verhandlung wird am 8. November um 9.15 Uhr mit der Anhörung neuer Zeugen fortgesetzt.