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Clan-Kriminalität

TTödliche Messerattacke in Stade: Angeklagtem droht lebenslange Haft

Kurz nach dem wohl provozierten Unfall an der Stader Salztorskreuzung kam es zur tödlichen Messerattacke.

Kurz nach dem wohl provozierten Unfall an der Stader Salztorskreuzung kam es zur tödlichen Messerattacke. Foto: Daniel Berlin

Die Staatsanwaltschaft geht bei der Tat vom 22. März 2024 von Mord aus. Wird das Verfahren endlich Licht ins Dunkle der Stader Clan-Kriminalität bringen?

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Von Björn Vasel
Freitag, 16.08.2024, 05:50 Uhr

Stade. Der Vorwurf lautet „gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit Mord“. Das hat der Oberstaatsanwalt Kai Thomas Breas am Donnerstagmittag dem TAGEBLATT bestätigt. Damit droht dem 34 Jahre alten Angeklagten lebenslange Haft.

Staatsanwaltschaft sieht Mordmerkmale erfüllt

Laut Breas seien in diesem Fall wichtige Mordmerkmale des Strafgesetzbuchs erfüllt. Der 34-Jährige habe aus „niedrigen Beweggründen“ gehandelt. Außerdem habe der seit Mai 2024 in Untersuchungshaft sitzende Mann sein Opfer (35) heimtückisch getötet.

Heimtückisch tötet jemand, der die Arg- und Wehrlosigkeit seines Opfers ausnutzt. Das Messer habe der Angeklagte in seinem Audi mitgeführt. Der 35-Jährige habe laut Breas nicht mit einer Messerattacke rechnen können. Der Täter habe es ihm auf der Straße Beim Salztor in den Kopf gestoßen. Die Verletzungen waren tödlich.

Die Polizei hatte den 34-Jährigen im Zuge ihrer Ermittlungen am 6. Mai in Buchholz festnehmen können. Wie berichtet, war es zwischen zwei kriminellen Clans zum Streit gekommen. Offenbar stritten sich der Al-Zein- und der Miri-Clan um ihre Reviere in Norddeutschland. Der Auslöser war ein Streit um einen neuen Shisha-Shop in Buchholz.

Gerichtsverhandlung könnte im Herbst starten

Die arabischen Clans sind unter anderem in Glücksspiel, Geldwäsche und illegale Drogen- und Waffengeschäfte verwickelt. Auch das Opfer war wegen Drogenhandels verurteilt worden. Er gehörte der Al-Zein-Großfamilie an. Der Angeklagte wird dem Miri-Clan zugerechnet.

Breas rechnet damit, dass das Strafverfahren vor dem Landgericht Stade im Oktober/November eröffnet wird. Die Gerichte sind angehalten, diese innerhalb von sechs Monaten nach Festnahme zu starten. Die Anklage sei am 5. August erhoben worden. Wann die Hauptverhandlung eröffnet wird, entscheidet das Landgericht Stade.

Verfolgungsjagd durch Stader Innenstadt

Wie berichtet, hatten einige Mitglieder der Familie Al-Zein zunächst ein Shisha- und Sportschuh-Geschäft der Miris in der Hökerstraße mit Schlagwerkzeug und Stangen beschädigt. Letztere attackierten daraufhin ein Privathaus der Al-Zeins im Altländer Viertel in Stade - im Haus waren nur Frauen. Ein Tabubruch in den arabischstämmigen Kreisen.

Es entwickelte sich eine rasante Verfolgungsjagd durch die Innenstadt. Schlussendlich wurde ein Auto vor der Brücke auf Höhe eines Imbisses gerammt. Die Männer stiegen aus, gerieten in Streit und es kam zu Handgreiflichkeiten. Der Täter stach mit einem Messer seinem „arglosen“ Opfer brutal und unvermittelt in den Kopf - am helllichten Tag, auf offener Straße und obwohl Polizei am Tatort war. Die Beamten waren von einem Unfall ausgegangen und wurden selbst von dem Tatverlauf überrascht.

Straftaten mit Clan-Bezug mehr als verdoppelt

Rund 350 Personen aus Großfamilien mit türkisch-arabischen Wurzeln werden in Polizei- und Justizkreisen kriminellen Clans zugeordnet. Sie schrecken auch nicht davor zurück, Polizisten, Staatsanwälte, Richter und Journalisten zu bedrohen.

Nach Zahlen des Landeskriminalamts gab es 2022 fast 4000 Straftaten mit Clan-Bezug in Niedersachsen; 2019 waren es erst 1585. Dazu zählen sogenannte Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit, die insgesamt fast auf ein Drittel der gesamten Fallzahlen kommen, aber auch Straftaten gegen das Leben, Diebstahl und Fälschungsdelikte.

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