TTraum vom Eigenheim im Kreis Stade: „Die Banken sichern sich ab“

Das Horneburger Neubaugebiet Blumenthal ist eines der größten im Landkreis Stade der vergangenen Jahrzehnte. Foto: TAGEBLATT/Archiv
Bauen oder kaufen - angesichts sinkender Zinsen sind die Voraussetzungen dafür wieder besser geworden. Was muss man beachten? Das beantworten Experten aus dem Kreis Stade.
Landkreis. Die Preise für Eigentumswohnungen sind 2023 laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IDW) um 8,9 Prozent gefallen, für Einfamilienhäuser sogar um 11,3 Prozent. Dies macht den Kauf einer Immobilie potenziell erschwinglicher. Außerdem wird Wohnraum knapper, die Mieten steigen. Auch das macht Eigentum für viele attraktiver.
Allerdings: Die Niedrigzinsphase ist vorbei, und die Baukosten sind extrem gestiegen. Im September 2023 lagen sie laut IDW etwa 36 Prozent höher als im Frühjahr 2020. Wer über ein Eigenheim nachdenkt, ob Neubau oder Kauf einer Bestands-Immobilie, beschäftigt angesichts dessen vor allem eine Frage: Was kann ich mir leisten?
Die Volksbank Stade Cuxhaven bietet für so etwas online einen Rechner an, sagt Gerhard Hoffmann, Leiter des Privatkundengeschäfts bei der Volksbank Stade-Cuxhaven. Was habe ich netto? Was gebe ich zurzeit für Miete aus? Es sei aufschlussreich, bei den Eingaben ein Prozent hinauf oder hinunter zu gehen: „Da bekommt man schnell eine Ahnung, wo man preislich liegen könnte“, sagt Hoffmann.
Finanzbranche
Erste Lebenszeichen auf dem Immobilienmarkt
Verbraucherzentrale: Realismus wichtiger denn je
Grundsätzlich sei es eine gute Sache, Wohneigentum zu bilden - aber nicht unbedingt wirtschaftlich kalkulierbar, sagt Philipp Rehberg, Referent für Finanzierungsdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Eine sorgfältige Planung und realistische Einschätzung der eigenen finanziellen Möglichkeiten hält er für wichtiger denn je.
Dabei seien viele Faktoren zu berücksichtigen. Kommt beispielsweise ein Kind und ein Elternteil möchte länger zu Hause bleiben, fällt ein Teil des Einkommens weg. Auch die berufliche Entwicklung spielt eine Rolle. „Eine Finanzierung muss durchgeplant und belastbar sein und eine Verschlechterung aushalten können“, sagt Rehberg. Mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens sollten die Kosten für das Wohnen dabei in der Regel nicht verschlingen.
Besonders, wenn das Wohneigentum auch Teil der Altersvorsorge sein soll, sollte auch die Höhe der zu erwartenden Rente und der Energiekosten bedacht werden. Bei Krediten gilt die Zinsbindung meist für zehn Jahre. Das Finanzierungsmodell sollte einen moderaten Anstieg aushalten können.
Verbraucherzentrale: Minimum 20 Prozent Eigenkapital
Zu einer Finanzierung ganz ohne Eigenkapital hat die Verbraucherzentrale laut Rehberg schon in der Niedrigzinsphase nicht geraten - es sei denn, jemand könne sich eine höhere Tilgung von 3,5 bis 4 Prozent pro Jahr leisten. Die Faustregel sei ein Eigenkapitalanteil von 20 Prozent. Dann gebe es mehr Spielräume bei der Zinsbindung, bessere Kreditbedingungen und mehr Auswahl bei den Anbietern.
Wer kein oder sehr wenig Eigenkapital mitbringt, hat es bei der Kreditaufnahme in der Tat nicht mehr so leicht wie in der vergangenen Niedrigzinsphase, bestätigt Gerhard Hoffmann. Doch es komme immer auf den Einzelfall an. Auch ein Bürge aus der Familie könne beispielsweise hilfreich sein.
Wohnungsbau
Banken vergeben deutlich mehr Immobilienkredite
Nach einer langen Phase mit Bauzinsen von etwa 1 Prozent hat der Zinsanstieg auf deutlich über 4 Prozent viele Hausbesitzer und Interessenten zunächst geschockt. „Inzwischen liegen wir wieder bei unter vier Prozent. Das ist für viele eher tragbar“, sagt Manuel Bossemeyer, Bereichsdirektor Privatkunden von der Sparkasse Stade-Altes Land. Trotzdem: Der geforderte Eigenanteil sei deutlich gestiegen. Denn keiner wisse genau, wo der Zinssatz in 10 bis 15 Jahren liege, wenn es um eine etwaige Anschlussfinanzierung geht.
Geprüft wird nach der Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie. Individuelle Faktoren wie zu erwartende Gehaltssprünge werden dabei berücksichtigt. „Aber wenn wir es als aussichtslos erachten, müssen wir leider ablehnen“, sagt Bossemeyer.
Der Zins-Schock ist vorbei
„Im Vergleich zu 2021/22 ist das Bauen teuer geworden - es sei denn, jemand hat viel Eigenkapital“, sagt Olaf Gerigk, Leiter des Beratungscenters Baufinanzierung der Sparkasse Harburg Buxtehude. Doch er ist sich mit seinen Kollegen aus der Region einig: Der Schock der höheren Zinsen ist vorbei, die Menschen haben sich daran gewöhnt und die Nachfrage hat sich belebt.
„Die Banken sichern sich ab“, sagt André Grote, Immobilienmakler und Vorsitzender von Haus und Grund in Buxtehude. Die Anforderungen bei der Kreditvergabe seien extrem gestiegen, hundertprozentige Finanzierungen ohne Eigenkapital gebe es praktisch nicht mehr. Aber: „Zurzeit ist die Erbengeneration am Start. Da bringen viele Eigenkapital mit, und das sind die, die im Moment auch kaufen.“