TUnverpackt-Läden kämpfen gegen Schließungswelle

Malte Melloh, Gründer des Unverpackt-Geschäfts "FrohNatur" in Reppenstedt. Foto: Philipp Schulze/dpa
Unverpackt-Geschäfte gab es vor kurzem noch in vielen Städten. Einige Läden sind inzwischen wieder verschwunden. Das sind die Gründe.
Reppenstedt. Espresso-Bohnen, Kokosraspel oder Birchermüsli warten in gläsernen Spendern im Unverpackt-Geschäft in Reppenstedt bei Lüneburg auf Kundschaft. Auch Shampoo, Geschirrspülmittel und diverse Teesorten stehen zum Abfüllen bereit. Die umweltschonende Idee für den Einkauf ist nicht ganz neu, in der Corona-Pandemie gaben aber viele Läden aus der jungen Branche auf. Malte Melloh dagegen hat sein Geschäft nach dem Umzug sogar vergrößert. „Ich bin total überzeugt davon, Lebensmittel ohne Plastik zu verkaufen“, sagt der Gründer des Geschäfts „FrohNatur“ in Reppenstedt. Unverpackt Einkaufen spare Branchenangaben zufolge im Durchschnitt 84 Prozent Verpackungsmüll.
Die Zahl der Geschäfte gehe weiter zurück, heißt es vom Unverpackt-Bundesverband. Allerdings würden branchenunabhängig 80 Prozent aller Start-ups ihr Vorhaben aus unterschiedlichsten Gründen innerhalb der ersten fünf Jahre aufgeben. Die meisten Unverpackt-Läden hätten in den Jahren 2019 und 2020 eröffnet. „Dennoch sind wir weit weg von 80 Prozent Schließungen und können damit eine Erfolgsbilanz feiern“, sagte Verbandssprecherin Christine Holzmann. Sie selbst hat vor vier Jahren das „Servus Resi“ in München eröffnet: „Bei mir läuft es wunderbar, ich merke von der Krise in der Branche nichts.“
275 Unverpackt-Läden bundesweit
Derzeit gebe es bundesweit 275 Unverpackt-Läden inklusive Filialen mit Verbandsmitgliedschaft. 35 davon befänden sich in Niedersachsen. 2023 hätten bundesweit 35 Läden geschlossen und 5 eröffnet. Im vergangenen Jahr hätten 70 Geschäfte dicht gemacht und 44 wären neu hinzugekommen.
Michael Albert führte vor der Corona-Zeit drei Geschäfte in Hannover, der „Lola Loseladen“ in der Südstadt ist übrig geblieben. „Die große Pleitewelle hat die meisten getroffen, wir fangen uns wieder“, sagt er. Besonders schmerzhaft sei das Wegbleiben der Studenten im Lockdown gewesen. Sie kehrten auch nur zögerlcih zurück. Die Hauptgruppe der Kunden sei zwischen 25 und 45 Jahren alt, die Älteren seien eher skeptisch. „Die Leute sind krisengesättigt, wir müssen durchhalten“, meint Albert.
Langfristig glaubt der Gründer daran, dass sich auch große Märkte in einigen Segmenten von Plastik verabschieden müssen: „Das gebietet die Vernunft, letztlich wird der Gesetzgeber dafür sorgen, da bin ich sicher.“
Arbeiten gegen die Plastikflut beim Einkaufen
Melloh merkt in seinem vergrößerten Geschäft von einem Negativtrend nichts. Er habe sich als Vertriebler in der Telekommunikation vor einigen Jahren die Frage nach dem Sinn gestellt. „Und meine vier Kinder haben gefragt: Was machen wir gegen Plastik?“, erzählt der 46-Jährige über seinen Entschluss, sich im Juli 2020 selbstständig zu machen. Auf dem Höhepunkt der Pandemie. „Inzwischen sind wir stolz, was wir in drei Jahren hingekriegt haben“, sagt Melloh, der drei Teilzeitkräfte beschäftigt und eigentlich immer präsent ist. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass seine Frau Beamtin sei und ihr regelmäßiges Einkommen helfe, wenn ein Monat mal nicht so gut laufe.
„Der Kontakt ist angenehm und die Qualität der Ware ist gut“, erzählt Kundin Maike Tegtmeyer, die viel Wert auf Regionalität legt. Ihr kleiner Sohn Finn esse derzeit fleischlos. „Da finden wir hier spannende Aufstriche fürs Butterbrot“, sagt die 44-Jährige.
Auch Florian Bartels ist in seinem „Tante Minchen“ in Schneverdingen eigentlich immer anzutreffen. Das gehört für ihn zur Kundenbindung dazu. Die persönliche Ansprache wie früher in den Tante-Emma-Läden schätzt Petra Reinken. Die Sprecherin des Naturpark-Partner-Netzwerks vernetzt die kleinen regionalen Unternehmen in der Region - inzwischen sind es 28. Auch privat kauft sie in Schneverdingen ein: „Es ist eine Umstellung aus Kundensicht. Man muss sich vorbereiten.“ (dpa)