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Anonyme Bestattungen

TVerarmt und im Tod allein: Stader Linke kritisieren „Sparversion des Begräbnisses“

Blick auf das Feld für anonyme Bestattungen auf dem Stader Geestfriedhof.

Blick auf das Feld für anonyme Bestattungen auf dem Stader Geestfriedhof. Foto: Richter

Politischer Streit über ein delikates Thema: Die Linke-Fraktion im Rat der Stadt Stade setzt sich für eine angemessene Beerdigung von verarmten Menschen ohne Familie ein.

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Von Lars Strüning
Freitag, 14.06.2024, 17:50 Uhr

Stade. Wenn Menschen sterben, die weder finanzielle Mittel noch Familienangehörige hatten, springt die Kommune bei der Übernahme der Beerdigungskosten ein. Die Linke wollte die Stadtverwaltung verpflichten, die Beerdigung in einem würdigeren Rahmen als bisher zu gestalten.

Linke: Würde des Menschen auch nach Tod beachten

Linken-Politiker Tristan Jorde holte weit aus während der neu aufgelegten Diskussion im Ausschuss für Feuerwehr, Sicherheit und Ordnung des Rates: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Das gelte auch für die Zeit nach dem Ableben.

Derzeit würden die Urnen der Verstorbenen in einem Schacht vertikal zu dritt übereinander „verscharrt“, wie sich Jorde ausdrückte. Dass kein Name hinterbleibe, stieß zudem auf Kritik der Linken. Jorde sprach von einer „Sparversion des Begräbnisses“ und forderte eine namentliche Nennung der Verstorbenen auf dem Urnenfeld. Dass das zusätzlich 500 Euro koste, stieß bei ihm auf Unverständnis, so wie sein Antrag bei den anderen Fraktionen.

Die Linken verwiesen noch auf die in ihren Augen nachahmenswerte Praxis in Lüneburg, wo sich die Tobias-Gemeinschaft um würdige Bestattungen von Menschen ohne Angehörige und eigene Mittel kümmert. Es handelt sich um eine Initiative der Kirchen, der Johanniter und des Lebensraums Diakonie.

SPD und CDU: Anonyme Bestattungen gang und gäbe

Dass Menschen anonym bleiben und ohne Namensnennung bestattet werden wollen, sei ein normaler Vorgang, sagte Martina Bredendiek (SPD). Dass sie würdig bestattet werden sollten, unabhängig von der finanziellen Situation, sei für sie selbstverständlich.

Ins gleiche Horn stieß Melanie Reinecke (CDU). Zigtausende ließen sich bewusst anonym bestatten. Den latenten Vorwurf gegen die Arbeit der Stadtverwaltung, so Reinecke, „finde ich echt daneben“.

In Stade, so Stadtrat Carsten Brokelmann als Vertreter der Verwaltung, fielen durch die Elbe Kliniken mehrere Fälle jährlich an, wenn mittellose Menschen bestattet werden müssen. Ausschlaggebend sei der Ort des Versterbens. 70 Prozent der Fälle kämen aus dem Krankenhaus.

Offiziell handelt es sich um einen Akt der Gefahrenabwehr, die toten Körper sollten möglichst schnell bestattet werden. Wenn keine Angehörigen ausfindig gemacht werden können oder kein Vermögen aufgetrieben werden kann, zum Beispiel nach Durchsicht der Wohnung der Verstorbenen, bleibt die Stadt auf den Kosten sitzen. 2023 seien es 46 Bestattungen gewesen. Der Stadt entstanden Kosten von 92.000 Euro. Insgesamt zählte Brokelmann 120 dieser Art von Bestattungen.

Beerdigung mit Namen ist 500 Euro teurer

Die Gebührenordnung dafür hat, so Brokelmann in Richtung Jorde, der Rat der Stadt festgelegt. So muss für eine Beerdigung mit Namensnennung 500 Euro mehr bezahlt werden als bei einer anonymen Bestattung, für die 1500 Euro aufgerufen wird. Die Verwaltung muss sich an diese Kalkulation halten.

Die Diskussion führte weiter. Der Grüne Christian Demski stimmte dem Linken-Antrag aus ethischen Gründen zu. Oliver Kellmer (SPD) forderte seine Mitstreiter auf, das emotionale Thema objektiv zu betrachten. Er habe „mit der jetzigen Situation keine Probleme“.

Sven Feldtmann (FDP) geht wie Melanie Reinecke davon aus, dass die Beerdigungen „selbstverständlich vernünftig“ ablaufen. Sebastian Klinge (CDU) forderte bei dem „heiklen Thema“ auf, dem Wunsch auf Namensnennung zu folgen.

Genau so geschehe es, sagte Brokelmann. Die gewählte Bestattungsform sei nicht minderwertig, sondern werde auch von vielen anderen Menschen so gewünscht. Der Antrag der Linken wurde entsprechend abgelehnt.

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