Zähl Pixel
Landgericht

TVergewaltigung und Missbrauch Jugendlicher: Angeklagter verpasst Prozessbeginn in Stade

Ein Schild steht vor dem Amts- und Landgericht in Stade.

Ein Schild steht vor dem Amts- und Landgericht in Stade. Foto: Sina Schuldt

Er soll zwei Teenager vergewaltigt und sexuell missbraucht haben: Beim Prozessauftakt am Landgericht Stade sorgte der Angeklagte für eine Überraschung.

Von Wilfried Stief Dienstag, 04.06.2024, 07:50 Uhr

Stade. Alle waren da. Nur der Angeklagte nicht, der sich wegen Vergewaltigung und Missbrauchs von zwei Teenagern verantworten sollte. Stattdessen legte der Verteidiger ein Schreiben vor, das eine Angststörung attestierte. Doch daran mochte die Opferseite nicht so recht glauben.

Dennoch: Der Prozess gegen den Ex-Bundeswehrsoldaten vor der zweiten Großen Strafkammer des Landgerichts wurde vertagt.

Anklageschrift wegen Vergewaltigung noch nicht verlesen

So kam es auch nicht zur Verlesung der Anklageschrift, in der von Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch einer 16-Jährigen und einer 14-Jährigen die Rede ist. Vor zwei Jahren soll sich der 46-jährige Angeklagte dieser Taten in Dorum schuldig gemacht haben.

Dabei habe er die eingeschränkte Willens- und Äußerungsfähigkeit der Opfer und deren schutzlose Lage ausgenutzt, um sexuelle Handlungen vorzunehmen, heißt es in einer Veröffentlichung des Landgerichts. Die zur Tatzeit 16-jährige junge Frau soll der Angeklagte vergewaltigt haben, so die Vorwürfe, die den Rahmen für die Hauptverhandlung vor dem Stader Landgericht abgeben.

Attest muss wohl durch Gutachter geprüft werden

Doch diese am Montag begonnene Hauptverhandlung war schneller vorbei als gedacht. Der Verteidiger legte ein Attest vor, das die Verhandlungsunfähigkeit bescheinigte. Sein Mandant leide an einer Angststörung, sei laut ärztlicher Diagnose nicht in der Lage, zu erscheinen.

Der Vorsitzende der zweiten Großen Strafkammer, Richter Zazoff, überlegte noch laut, ob der Angeklagte vorzuführen sei, verzichtete aber auch wegen der Entfernung Stade – Dorum darauf. Erst einmal sei nun eine genauere Prüfung einzuleiten, vermutlich mit einem psychiatrischen Gutachter.

Unbeeindruckt von angeblicher Angststörung

Als Vertreterin der Mutter eines der Mädchen sprach die Stader Anwältin Katrin Bartels in ihrer Stellungnahme zum vorgelegten Attest deutliche Worte. Die angebliche Angststörung machte auf die erfahrene Juristin, die selbst Fachanwältin für Strafrecht ist, keinen sonderlichen Eindruck. Vielmehr sei es desaströs für ihre Mandantin, was hier passiere. Die Mutter habe die ganze Nacht nicht geschlafen, ebenso wie ihre Tochter. Die Familie fiebert der juristischen Aufarbeitung und der Verurteilung entgegen, um mehr zur Ruhe kommen zu können.

Doch statt des erwarteten Prozessauftaktes mit der Verlesung der Anklageschrift komme alles ins Stocken, „bloß, weil ein Angeklagter irgendwelche Ängste hat“, so Anwältin Bartels. Das sei im Übrigen völlig normal, zumal beim Landgericht empfindliche Haftstrafen am Ende eines Prozesses stehen können.

Geständnis laut Verteidigung nicht zu erwarten

Dass die Verhandlung, die nun am 11. Juni fortgesetzt wird, reibungslos über die juristische Bühne geht, ist allerdings nicht zu erwarten. Auf die Frage des Vorsitzenden, Richter Zazoff, wie die Verteidigungsstrategie aussehe, antwortete der Verteidiger, dass wohl mit einem Geständnis seines Mandanten nicht zu rechnen sei.

Für die Opfer bedeutet das in den meisten Fällen, dass sie vor Gericht aussagen müssen. Das wiederum ist in allen Fällen eine starke emotionale Belastung, die in diesem Fall heute 16 und 18 Jahre junge Frauen betrifft. Aber auch an den betroffenen Familienmitgliedern geht das nicht spurlos vorüber. (mcw)

Weitere Artikel