TVerletzter D/A-Abwehrchef beweist hellseherisches Talent

Tjorve Mohr gilt als torgefährlicher Innenverteidiger. Gerade bei Standards spielt er seine Größe aus. Drei Treffer hat er schon erzielt. Foto: Struwe
Tjorve Mohr ist aus dem D/A-Kader eigentlich nicht wegzudenken. Der zweikampfstarke Innenverteidiger, Torschütze und Hellseher erlebt aber eine Zwangspause.
Drochtersen. Am Freitagnachmittag beendet Tjorve Mohr in Kaltenkirchen den Schwimmunterricht für seine fünfte Klasse. Der 27-Jährige setzt sich ins Auto und fährt die 20 Minuten nach Hause. Stress hat er heute keinen. Trainieren geht derzeit nicht. Außerdem genießt D/A nach der Absage des Fußball-Regionalligaspiels beim Bremer SV ein freies Wochenende.
Freitag ist Tag elf der Verletzung. Mohr erinnert sich genau an jenen Abend auf dem Kunstrasenplatz in Assel. Es war ein ganz normaler Kampf um den Ball. Ein Ausfallschritt. Ein Ploppen, ein Knallen. An den Adduktoren reißt gleich ein ganzes Muskelbündel. Zwei Tage lange geht Mohr an Krücken. Jetzt sind wenigstens die Schmerzen weg. Sechs bis zehn Wochen dauert die Rückkehr auf den Fußballplatz.
Letztes Spiel vor der Winterpause gegen Jeddeloh
„Gutes Timing“, sagt Mohr. Wenn es überhaupt einen guten Zeitpunkt für eine Verletzung gibt, dann jetzt so kurz vor der Winterpause. Mohr wird das letzte Spiel gegen den SSV Jeddeloh am Samstag, 7. Dezember (Anpfiff: 17 Uhr), im Kehdinger Stadion in Drochtersen verpassen. Wenn es Ende Februar beim VfB Lübeck wieder weitergeht, ist er dabei.

Seit Sommer 2021 spielt Tjorve Mohr für D/A. Er kam von Holstein Kiel II. Foto: Struwe
Tjorve Mohr steckt gerade in seinem letzten Mastersemester. Er will Lehrer werden. Parallel zum Studium unterrichtet er in Kaltenkirchen Sport und Wirtschaft und Politik. „WiPo sagt man in Schleswig-Holstein“, sagt Mohr. Im Schwimmunterricht soll Mohr die Kinder auf das bronzene Schwimmabzeichen vorbereiten, damit sie fit sind für Klassenfahrten. Einige Kinder haben noch nicht einmal das Seepferdchen, andere können Brust und Rücken schon.
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Erst vor acht Jahren saß Mohr noch genau in diesem Kaltenkirchener Gymnasium selbst auf der Schulbank. „Ich habe mich wohl nicht allzu schlecht benommen“, sagt er nach seiner Rückkehr in anderer Rolle und lacht.
Dass er bei einem erfolgreichen Fußball-Regionalligisten in der Innenverteidigung kickt, spricht sich bei den Schülern rum. Die Elfjährigen googeln seinen Namen. „Herr Mohr, Sie haben 2:1 gewonnen“, sagen die Kinder.
Proaktiv erzählt Mohr aber eher wenig von seinem zweiten Leben. „Sie sollen mich nicht auf Fußball reduzieren. Ich bin schließlich ihr Lehrer“, sagt Mohr.
Diese Woche steigt Mohr wieder aufs Rad
Der Unterricht ist willkommene Ablenkung in den Tagen, an denen Mohr sich sonst kaum bewegen kann. Lymphdrainage-Behandlungen, Krankengymnastik. Mehr geht gerade nicht.
„Diese Woche darf ich vielleicht ein bisschen Radfahren ohne Widerstand. Ab der vierten Woche vielleicht ein wenig Laufen“, sagt Mohr. Dabei erlebt sein Verein gerade aufregende Tage.
Beim 2:1-Sieg der SV Drochtersen/Assel zuletzt gegen den SV Meppen saß Mohr hinter der Reservebank auf der Tribüne. „Es war ein Spiel der Vorhersagen“, sagt Mohr.
D/A-Coach Oliver Ioannou wollte ein direktes Freistoßtor von Justin Plautz und bekam es. Mohr selbst prophezeite seinem Kollegen Maximilian Geißen beim Comeback den Treffer zum 2:1 kurz vor Schluss. Auch das trat ein.
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„Es war geil. Es war emotional“, sagt Mohr. Bei seinem Jubellauf suchte Geißen Mohr auf der Tartanbahn. Mohr wollte ihm entgegeneilen. Aber die Schmerzen versagten ihm den kurzen Antritt. Geißen fand Mohr erst kurz bevor der Schiedsrichter die Partie wieder anpfiff. „Eine tolle Story“, sagt Mohr.
Mohr erzielt zehn Tore in 114 D/A-Spielen
Der 1,94 Meter große Innenverteidiger wechselte im Sommer 2021 von der Zweitvertretung von Holstein Kiel nach Drochtersen. Seither bestritt Mohr für D/A 114 Spiele und erzielte dabei zehn Tore. In der laufenden Saison traf er schon drei Mal nach Standards.
Die aktuelle Spielzeit gerät zur erfolgreichsten. Als Zweitplatzierter ist D/A bester Verfolger des Spitzenreiters TSV Havelse. Zwölf Siege, vier Remis und 40 Punkte stehen auf der Habenseite.
Von den letzten elf Spielen verlor D/A nur eins. „Da spielen ein gewisses Selbstverständnis, Selbstbewusstsein und unsere Heimstärke eine Rolle“, sagt Mohr. D/A funktioniere als Kollektiv. Ob es für mehr als Platz zwei reicht, vermag Mohr heute nicht zu sagen. „Sieben Punkte auf Havelse müssen erst mal aufgeholt werden“, sagt Mohr.
Überhaupt will Tjorve Mohr die Prophezeiungen nicht überstrapazieren. Vor dem Jeddeloh-Spiel gibt er keinen Tipp ab. Gegen Meppen habe es zwei Mal geklappt. Jetzt wolle D/A „das gute Gefühl mit in die Winterpause nehmen“ und es „mit dem Hellsehen nicht übertreiben“.