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Polizei erklärt

TVermisst: Wenn Menschen verschwinden

In Bremerhaven sind 2023, 312 Menschen als vermisst gemeldet worden.

In Bremerhaven sind 2023, 312 Menschen als vermisst gemeldet worden. Foto: Reinhardt/dpa

Viele Vermisste tauchen nach wenigen Tagen wieder auf, einige bleiben länger verschwunden. So geht die Polizei bei der Fahndung vor.

Von Leandra Hanke Montag, 02.09.2024, 00:10 Uhr

Bremerhaven. Mal sind es Senioren, Jugendliche oder Menschen mit psychischen Problemen - Mindestens einmal die Woche wird bei der Bremerhavener Polizei ein Mensch als vermisst gemeldet. 2023 hat die Polizei nach 161 Minderjährigen und 151 Erwachsenen gesucht. Dazu zählen auch Menschen, die mehrmals als vermisst galten oder für wenige Stunde verschwunden waren. Alle diese Fälle konnten aufgeklärt werden, die meisten innerhalb weniger Tage. Manchmal stecken banale Gründe, tragische Schicksale oder Kriminalfälle dahinter.

Ab wann gilt eine Person als vermisst?

Die Polizei differenziert zwischen Minderjährigen und Erwachsenen. Nach vermissten Kindern und Jugendlichen sucht die Polizei sofort, sobald sie ihr gewohntes Umfeld verlassen und Bezugspersonen wie Eltern der Aufenthaltsort unbekannt ist. Bei Minderjährigen geht die Polizei vorsorglich von einer Lebensgefahr oder eine Gefahr für die körperliche Unversehrtheit aus. „Bei Kindern und Jugendlichen leiten wir deshalb sofort Maßnahmen ein“, sagt Kriminalhauptkommissar Stefan Orlean.

Wann wird nach Erwachsenen gesucht?

Erwachsene können sich hingegen überall aufhalten, ohne es Angehörigen oder Freunden mitteilen zu müssen. Manche möchten keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie oder ihrem Partner und gar nicht gefunden werden. „Wir suchen deshalb nach Erwachsenen, wenn eine Gefahr für Leib und Leben vorliegt.“ Diese besteht zum Beispiel, wenn ein Abschiedsbrief hinterlassen wurde oder es Chatnachrichten gibt, die einen Suizid ankündigen oder androhen. Auch bei Menschen, die krank und auf lebensnotwendige Medikamente angewiesen sind, reagiert die Polizei sofort. Wenn es Hinweise auf ungewöhnliches Verhalten gibt – die vermisste Person zum Beispiel ohne persönliche Gegenstände wie Schlüssel, Handy oder Portmonee verschwunden ist – geht die Polizei ebenfalls von einer Gefahr aus.

Wie schnell werden Vermisste wieder gefunden?

Die Erfahrung der Kriminalpolizei ist, dass vermisste Personen in der Regel innerhalb einer Woche wieder da sind. „Natürlich gibt es nach oben und unten Abweichungen“, ergänzt Orlean. Die Aufklärungsquote in Bremerhaven sei hoch. Für das gesamte Bundesgebiet gilt laut Bundeskriminalamt: Zwei Drittel der Fälle lassen sich innerhalb der ersten drei Tage klären. Ein längeres Verschwinden von Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen kommt also nur selten vor. Bundesweit bleiben nur drei Prozent der Fälle länger als ein Jahr unaufgeklärt. In Bremerhaven gibt es nur wenige Personen, die seit Jahren als vermisst gelten. Wie viele es sind und seit wann sie vermisst werden, dazu kann die Polizei keine Angaben machen - teilweise laufen noch Ermittlungsverfahren.

Wie geht die Polizei Bremerhaven vor?

Die Polizei sucht Kontaktpersonen und Orte auf, an denen Angehörige die vermisste Person vermuten. Weitere Schritte sind Öffentlichkeitsfahndungen und großflächige Suchaktionen, wobei Suchhunde, Hubschrauber oder Drohnen zum Einsatz kommen können. Je nach Bedarf unterstützen die lokalen Rettungsdienste und die Feuerwehr.

Wann wird öffentlich gefahndet?

„Bei Kindern oder konkret gefährdeten Personen gehen wir diesen Schritt sofort. Je größer die Gefahr ist, desto schneller greifen wir darauf zurück“, betont Orlean. Über die Fahndungen erhält die Polizei viele Hinweise, die Maßnahme sei sehr effizient. Um über Social Media und klassische Medien fahnden zu können, müssen die Angehörigen ihre Einwilligung geben.

Bei der Suche nach vermissten Personen setzt die Polizei auch Spürhunde ein.

Bei der Suche nach vermissten Personen setzt die Polizei auch Spürhunde ein. Foto: Schuldt/dpa

Was passiert mit Fahndungsfotos nach der Suche?

Bei einer öffentlichen Fahndung werden Daten der Personen und Fotos über Medien und Messengerdienste geteilt. Die Polizei könne nur appellieren, die entsprechenden Postings nach der Suche herauszunehmen. Bei regionalen Medien funktioniere das gut. Man könne es jedoch nicht ganz verhindern, dass das Bild trotz Einstellung der Fahndung weiter in im Internet zu finden ist. Kritisch sieht die Polizei, wenn Familien oder Bezugspersonen privat - ohne Rücksprache mit den Beamten - Fotos von Angehörigen über Social Media oder Chatgruppen teilen. Das behindere im Zweifelsfall die Fahndung.

Ab wann sollten sich Angehörige an die Polizei wenden?

Wenn jemand ein Bauchgefühl hat, dass etwas nicht stimmen könnte oder entsprechende Anzeichen vorliegen, dann sollten sich Angehörige zeitnah bei der Polizei melden - lieber einmal zu viel als zu wenig, betont der Kriminalpolizist: „Nur dann können wir schnell aktiv werden, bei einer möglichen Lebensgefahr zählt jeder Tag.“

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