TVersagen der Kirche hinterlässt viele Verlierer in Buxtehudes St.-Petri-Gemeinde

Ein Kommentar von Karsten Wisser. Foto: Wisser
15 Jahre alte Vorwürfe von physischen und psychischen Übergriffen erschüttern die evangelische St.-Petri-Gemeinde in Buxtehude. Die Kirche hat mehrere Gelegenheiten zur Aufarbeitung verpasst. Das muss Konsequenzen haben.
Buxtehude.
Ein Kommentar von Karsten Wisser
Verdrängte Probleme der Vergangenheit holen die St.-Petri-Gemeinde mit voller Wucht ein. Die Gerüchte um übergriffiges Verhalten bei Jugendfreizeiten sind dem wechselnden hauptamtlichen Personal und Teilen der Kirchenvorstände seit Jahren bekannt. Der Versuch, dieses Thema totzuschweigen, führt jetzt zu einer öffentlichen Auseinandersetzung, bei der es viele Verlierer geben wird.
Täter hatten in der Evangelischen Kirche nichts zu befürchten
Dass Buxtehude dabei kein Einzelfall ist, zeigt eine im Januar veröffentlichte Studie im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Ergebnisse legen ein jahrzehntelanges Versagen der Kirche und der Diakonie auf allen Ebenen offen. Betroffene Personen wurden nicht gehört, Taten nicht aufgearbeitet, Täter geschützt und es wurde keine Verantwortung übernommen. Diese Einschätzung stammt von der EKD selbst.
Bei den in der Studie behandelten Fällen geht es in der Regel um sexuellen Missbrauch. Das gab es im Buxtehuder Fall wohl nicht. Ansonsten passt das Geständnis des jahrelangen Versagens auch auf die St.-Petri-Gemeinde. Sie hat beide Seiten alleingelassen.
St.-Petri-Kirchengemeinde nach Bekanntwerden der Übergriffe gespalten
Nachdem die Vorwürfe gegen das Leitungsteam 2009 in der Kirche bekannt geworden waren, hätte es sofort zu einer Reaktion kommen müssen. Entweder um zu verhindern, dass die Übergriffe weitergehen oder um sich schützend vor das eigene ehrenamtliche Personal zu stellen, wenn sich herausgestellt hätte, dass die Vorwürfe überzogen sind.
St.-Paulus-Gemeinde
Gesprächsabend zum Thema Kinderschutz und Prävention sexualisierter Gewalt
Gespräche mit beiden Seiten hätten jahrelange Verbitterung und Traumatisierung vielleicht verhindern können. Stattdessen sind die Vorwürfe unter Verschluss gehalten worden. Jetzt brechen sie mit aller Macht hervor und erschüttern St. Petri in den Grundfesten. Nach dem, was aus Gemeindekreisen zu hören ist, ist die Gemeinde gespalten.
Tragisch ist, dass selbst in Kenntnis der strukturellen kirchlichen Probleme, mit solchen Vorwürfen umzugehen, auch diesmal wieder gezögert und gewartet wurde, bis es nicht mehr anders ging. Neue Verletzungen sind dabei entstanden. In Pfarramt und Superintendentur haben Menschen Vertrauen verloren, die in den vergangenen Jahren für die Kirche, die Gemeinde und für viele Menschen Gutes geleistet haben.
Jetzt kann nur absolute Offenheit in der Gemeinde helfen, die Spaltung zu überwinden und verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.