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Artenschutz missachtet

TViele Bäume in Bützfleth ohne Info gekappt - Landkreis leitet Verfahren ein

Für Krähen gibt es hier keine Chance mehr zu brüten: So sehen die gekappten Platanen im Mühlenweg aus.

Für Krähen gibt es hier keine Chance mehr zu brüten: So sehen die gekappten Platanen im Mühlenweg aus. Foto: Bisping

Der Ärger ist groß: Im Bützflether Mühlenweg wurden kürzlich in großem Umfang Platanen beschnitten - obwohl bereits Krähen ihre Nester darin gebaut hatten. Warum das nicht hätte passieren dürfen und was die Behörde und der BUND dazu sagen.

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Von Alexandra Bisping
Donnerstag, 04.04.2024, 05:50 Uhr

Stade. Es ist ein trauriger Anblick, der sich Betrachtern im Mühlenweg in Stade-Bützfleth bietet: Haufenweise gekappte Äste liegen auf dem Asphalt, während am Himmel Krähen kreisen und möglicherweise ihre Nester suchen. Die dürften zu großen Teilen auf dem Boden liegen.

Damit nicht genug: Die Nester, die sich noch auf den stark zurückgeschnittenen Stämmen der Bäume befinden, sind nicht mehr geschützt. Sie könnten beim nächsten starken Wind herunterfallen. Dabei hätten diese Platanen jetzt nicht mehr beschnitten werden dürfen.

„Das geht überhaupt nicht“, findet Paul Kuwer. Der Student der Arboristik war kürzlich wegen eines Praktikums im Mühlenweg unterwegs. Dort waren ihm die gekappten Platanen aufgefallen. Kuwer hat den richtigen Blick: Arboristik ist ein Studiengang, der sich mit wissenschaftlicher Erforschung, Pflege und Verwaltung von Bäumen und Wäldern befasst.

Krähen bauen gerade Nester zum Brüten

Zwischen dem 1. März und dem 30. September, der Brut- und Setzzeit, gelte ein Gehölzschnittverbot zum Schutz von Vögeln und Fledermäusen während der Brutzeit, sagt Kuwer. Zwar brüteten die bis zu 51 Zentimeter großen Krähen noch nicht, seien aber aktiv beim Nestbau, hat der Student beobachtet.

Die Kappung sei auch für die Bäume nicht gut: Der Baum zeige eine Panikreaktion, indem er starken Austrieb an den Schnittstellen entwickelt, weiß Kuwer. Das führe zu dichtem Wachstum und vermehrtem Laub, was wiederum erhöhten Aufwand und Kosten für die jährliche Laubentfernung im Herbst bedeute.

Außerdem mache die Kappung den Baum unsicherer: „Er ist nicht mehr in der Lage, starken Wind durch Schwingungen in der Krone auszugleichen.“

Krähen dürfen jetzt nicht gestört oder beseitigt werden.

Heiner Baumgarten, Vorsitzender BUND Kreisgruppe Stade

Besonders für Naturschützer ist dieser Vorfall mehr als ärgerlich. Bis Ende Februar hätten diese Arbeiten durchgeführt werden müssen, sagt Heiner Baumgarten, Vorsitzender des BUND Kreisgruppe Stade. „Das ist ein Verstoß gegen das Artenschutzgesetz.“ Die Krähen dürften nicht gestört oder beseitigt werden.

So heißt es auch im Bundesnaturschutzgesetz, dass es verboten ist, „Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören“.

Diese Krähennester liegen ungeschützt auf den verbliebenen Ästen.

Diese Krähennester liegen ungeschützt auf den verbliebenen Ästen. Foto: Alexandra Bisping

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Wer steckt hinter der Kappung der Bäume?

Wie so oft gibt es Sondergenehmigungen. Die könnte zum Beispiel bei Gefährdung des Straßenverkehrs greifen. Aber nicht bei parkenden Autos in einem Wohngebiet, sagt Baumgarten. „Und auch das bisweilen nervige Krächzen der Krähen ist kein Grund.“ Baumgarten vermutet, dass es sich um ein Amtsversäumnis handelt. Die Stadt sei dafür aber nicht verantwortlich. „Sie ist keine Naturschutzbehörde.“

Auch Bützfleths Ortsbürgermeister Christoph von Schassen hat erst nach der Kappung von dem Eingriff erfahren. „Ich habe mich gefragt, wer das zu verantworten hat.“ Er habe nicht herausfinden können, wer das angeordnet habe.

Haben die Eigentümer des Grundstücks eigenmächtig gehandelt? Der Fall sei dem Landkreis gemeldet worden, ergab eine Nachfrage. „Wir sind gerade dabei, im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens den Hauseigentümer und die Firma anzuhören“, sagt Landkreis-Pressesprecher Daniel Beneke. Eine Genehmigung zum Kappen habe es nicht gegeben.

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