TVierfachmord: Was die Schwägerin über die Ehekrise vor den Todesschüssen verrät

Florian G. soll in der Nacht zum 1. März in Brockel und Westervesede vier Menschen erschossen haben. Foto: Sina Schuldt/dpa
Im Mordprozess gegen Soldat Florian G. erwähnt die Schwägerin ein „großes Drama“ bei der Hochzeit, aber auch den Wunsch, die Familie zu retten. Hat sich die Tragödie angebahnt?
Verden/Scheeßel. In der Ehekrise des Angeklagten Florian G. hatte seine Schwägerin immer ein offenes Ohr für ihn und oft Unverständnis für das Verhalten ihrer Schwester. Nicht ahnend, was zwei Monate später passieren würde, schickte sie ihm Silvester gut gemeinte Wünsche: „Dass du bei allem, was dich kommendes Jahr erwartet, den Kopf oben behältst.“ In der Nacht zum 1. März 2024 soll der Berufssoldat in Brockel und Westervesede vier Menschen erschossen haben.
„Irgendwann war Florian einfach da“, begann die 37-Jährige am Mittwoch ihre Aussage in dem Verdener Mordprozess. Über das Internet hätten sich ihre Schwester und der Angeklagte kennengelernt. „Eine normale junge Beziehung“ habe sich daraus entwickelt. Die spätere Hochzeit im August 2021 sei ein „großes Drama“ gewesen.
Einsatz in Afghanistan steht vor Hochzeit im Raum
„Im Raum stand, dass er nach Afghanistan muss. Er war auf Abruf“, erklärte die 37-Jährige. Aus der großen Gartenparty, die sich ihre Schwester gewünscht habe, sollte ein Ja-Wort zu dritt werden, denn für den Fall der Fälle sollten Frau und Kind abgesichert sein. Seine Familie aus dem Harz habe unbedingt dabei sein wollen. Wieder Umplanung - und am Ende musste er nicht in den Einsatz gehen.
Rund zwei Jahre später soll die Ehefrau einen ehemaligen Freund, den später getöteten 30-Jährigen aus Westervesede, wiedergetroffen haben. In dieser Zeit intensivierte sich der Kontakt des Angeklagten mit seiner Schwägerin und seiner Schwiegermutter, die dazu bereits in dem Prozess ausgesagt hat. Beide Zeuginnen hatten Verständnis für den heute 33-Jährigen. Hätte ihre Schwester Rat gesucht, „hätten wir ihr auch zur Seite gestanden“, betonte die 37-Jährige.
Zeugin hat den Angeklagten nie aggressiv erlebt
Als „introvertiert, eher still und ruhig, ein bisschen in sich gekehrt“ beschrieb sie den Angeklagten. „Wir sind eher eine laute, offene, herzliche Familie. Wenn einer das Gegenteil ist, fällt das auf.“ Aggressiv habe sie den 33-Jährigen auch in der Trennungsphase nie erlebt. „Er wirkte verzweifelt, traurig, hilflos vielleicht auch. Er wollte seine Familie retten.“
Wütend sei er nach eigenen Worten geworden, als er circa eine Woche vor den Taten vorzeitig von einem Lehrgang nach Hause gekommen sei und bei seiner Frau, mit der er sich versöhnt hatte, der neue Freund auf dem Sofa gesessen habe. Er sei in sein Sportzimmer gegangen, wo auch der Waffenschrank steht. Ihre Schwester ging hinterher und habe zu ihm gesagt: „Wenn du den Schrank aufmachst, rufe ich die Polizei.“ Er habe ihn nicht geöffnet, aber der Typ sollte verschwinden. So habe es ihr der Angeklagte berichtet.
Zeugin: Nichts deutet auf die Taten hin
In den wenigen Tagen bis zu den Taten habe sie keinen Kontakt zu ihm gehabt und auch „nichts gehört, was nur ansatzweise auf die Taten hätte hindeuten können“, sagte die Zeugin. „Auf gar keinen Fall“ habe sie diese kommen sehen. Ein Hausverbot, das der Angeklagte dem neuen Freund in diesen Tagen übergeben und dabei bedroht haben soll, hatte die Schwägerin ihm zuvor schon „in schön“ abgeschrieben. Er habe es nicht früher überreicht, „weil er nicht noch mehr Unruhe stiften wollte als ohnehin schon war“.
Heute empfinde sie „Mitleid“ mit ihrem Ex-Schwager und sei gleichzeitig „unfassbar wütend“ auf ihn. „Bis zum Tag X kann ich nichts Schlechtes über ihn sagen. Er war ein guter Vater.“ Einmal habe sie während seiner Untersuchungshaft mit ihm telefoniert. „Ich habe den Eindruck, er hat sich damit abgefunden.“