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Glaubensfrage

TVon Aussegnung bis Aufbahrung: Was passiert nach dem Tod?

Grabmal auf dem Himmelpfortener Friedhof. „Wohin sterben wir?“, fragte die Kirchengemeinde.

Grabmal auf dem Himmelpfortener Friedhof. „Wohin sterben wir?“, fragte die Kirchengemeinde. Foto: Klempow

Sie sind Profis in Sachen Trauer und Trost: Eine Pastorin und ein Bestatter erzählen in Himmelpforten von Schmerz und Beistand, Glauben und Hoffnung, Aufbahrung und Kühlräumen.

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Von Grit Klempow
Freitag, 18.04.2025, 17:25 Uhr

Himmelpforten. Der Saal im Gemeindehaus ist voll besetzt, immer neue Stühle müssen her. „Wohin sterben wir?“ ist die Frage an diesem Abend. Himmelpfortens Pastorin Johanna Wutkewicz und Bestatter Thomas Stelzer wollen mit den Menschen ins Gespräch kommen und ohne Scheu über den Tod reden.

Ein Thema, das eigentlich kaum in den hellen Frühling zu passen scheint. Oder gerade doch: Ostern feiern Christen die Wiederauferstehung und damit Vergebung und Hoffnung auf ewiges Leben. Aber zunächst geht es ums Praktische.

Bestatter als Meister der Flexibilität

„Es gibt keine peinlichen Fragen“, sagt Thomas Stelzer. Was passiert nach dem Tod - ganz praktisch gesehen? Ein Arzt muss den Tod feststellen, macht das nicht der Hausarzt, kommt der Notdienst. Ist der Tod bescheinigt, folgt ein Bestatter-Team. „Wir sind Meister der Flexibilität“, sagt Stelzer über seinen Berufsstand. Ob Tag oder Nacht, nach einem friedlichen Abschied zu Hause oder furchtbaren Unfällen auf der Straße - ein Team hält sich in seinem Betrieb immer bereit.

Thomas Stelzer ist Bestatter und „ein guter Zuhörer“.

Thomas Stelzer ist Bestatter und „ein guter Zuhörer“. Foto: Klempow

Was dann passiert, richtet sich nicht nur nach dem Niedersächsischen Bestattungsgesetz. Das enthalte auch viele Soll-Bestimmungen, die Freiräume gewähren. Für Stelzer zählt: „Was tut der Familie gut, was ist angemessen für den Verstorbenen?“ Es gibt rechtliche Fristen für die Bestattung, aber die heutige Technik mit Kühlräumen erlaubt es, vielleicht auf Angehörige zu warten, die eine längere Anreise haben.

Aufbahrung zu Hause

Der Bestatter kommt zum Gespräch ins Haus, um die Angehörigen zu begleiten. „Die Trauerbewältigung zu ermöglichen, das ist unsere Aufgabe.“ Feingefühl ist gefragt. „Ich bin ein guter Zuhörer“, sagt Stelzer. Ist eine Aufbahrung zu Hause erwünscht, das Waschen und Kleiden im Haus? „Wir machen das individuell“, sagt Stelzer. Manche nehmen Abschied, indem sie dabei sind - oder den geliebten Menschen selbst zum letzten Mal waschen. Im zweiten Schritt geht es um die Organisation der Bestattung, um Formalitäten und Traueranzeigen.

Die Trauerkultur ist im Wandel. Früher gab es gerade auf dem Land Ruhe und Zeit - auch, um die Verstorbenen im Haus zu kleiden und den Pastor zu informieren. „Das hat Sicherheit und Struktur gegeben“, sagt Stelzer. Oft sterben kranke und sehr alte Menschen nicht mehr zu Hause.

Reisesegen für den Verstorbenen

Ob Pflegeheim, Krankenhaus, Hospiz oder zu Hause: „Wir kommen zügig“, verspricht Johanna Wutkewicz. Die Pastorin legt den Zuhörern im Todesfall die Aussegnung ans Herz. „Das ist unser Beruf, Menschen in dieser Situation zu begleiten - und auch bei dem Verstorbenen zu sein.“ Sie rät dazu, im Todesfall umgehend Bescheid zu geben.

Pastorin Johanna Wutkewicz warb für die Aussegnung von Verstorbenen. Ein wertvoller Moment für die Angehörigen

Pastorin Johanna Wutkewicz warb für die Aussegnung von Verstorbenen. Ein wertvoller Moment für die Angehörigen Foto: Klempow

Die Aussegnung ist wie „ein Reisesegen für den oder die Verstorbene“, sagt Johanna Wutkewicz. Angehörige können sich selbst mit dem Verlustgefühl vertraut machen. Ein schöner Moment noch im Krankenhaus, erzählt eine Frau. „Ich fühlte mich meinem verstorbenen Mann sehr nahe, es hilft mir bis heute.“

Glaubensfragen in der Stunde des Abschieds

Oft ist es erst der Moment des Abschieds, der Glaubensfragen aufwirft. Was hat Halt gegeben im Leben? Umso besser, wenn die Wünsche für den eigenen Abschied besprochen sind. Und dass auch klar ist, wie es um den eigenen Glauben bestellt ist. Auch das könne ein Familientrost sein, sagt Wutkewicz.

Nicht alle Angehörigen können mit dem christlichen Glauben etwas anfangen und übergehen vielleicht unwissentlich, was der oder die Verstorbene sich gewünscht hätte, sagt Thomas Stelzer. Wenn die Kinder vom Abschied der Eltern nichts hören wollten, helfe es, die eigenen Wünsche schriftlich festzuhalten, ergänzt eine Zuhörerin. Andere überlassen die Gestaltung der Bestattung bewusst ihren Kindern. „Denn sie müssen mit diesem Abschied leben.“

Seelsorge als christliche Aufgabe

Kompromisse zwischen den Wünschen der Verstorbenen und dem, was Angehörigen guttut, gibt es immer wieder. Vielleicht sind es die Trauernden, die Trost in einer kirchlichen Trauerfeier finden. Auch wenn der Verstorbene kein Kirchenmitglied war, entscheidet sich die Pastorin meist dafür, den Angehörigen seelsorgerlichen Beistand zu geben. „Das ist eine christliche Aufgabe, das hat etwas mit Würde zu tun.“ Aber es ist eine Gratwanderung: „Schließlich mache ich für eine Trauerfeier eine Ansprache mit der Verkündigung von der Wiederauferstehung und erzähle von Jesus Christus.“ Damit hat der Verstorbene womöglich gehadert.

Dennoch ist das die Kernfrage christlichen Glaubens, die Halt in Zeiten der Trauer geben kann: „Das ist, woran wir Christinnen und Christen glauben, dass unsere Geschichte nicht vergessen ist, dass wir nicht im Nirgendwo verschwinden.“ Aus Trauergesprächen kennt Johanna Wutkewicz die Sehnsucht der Menschen, „das, was sie im Leben ausgemacht hat, mit hinüber zu nehmen und dass ihre Geschichte nicht ausgelöscht ist.“

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