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TWacken: Wie die Elbfähre den Metal-Fans in Wischhafen das Warten verkürzt

Aus den Landkreisen Rotenburg und Cuxhaven haben sich diese fünf Wacken-Fans auf den Weg gemacht. Vera (2. von links) ist seit 21 Jahren Fan.

Aus den Landkreisen Rotenburg und Cuxhaven haben sich diese fünf Wacken-Fans auf den Weg gemacht. Vera (2. von links) ist seit 21 Jahren Fan. Foto: Susanne Helfferich

Auf dem Wasserweg nach Wacken? Das ist seit Jahren Kult. Regelmäßig staut sich der Anreiseverkehr in Wischhafen vor der Fähre. Die Fans stört das nicht. Ein Besuch beim Anleger.

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Von Susanne Helfferich
Dienstag, 30.07.2024, 05:50 Uhr

Wischhafen. 11.30 Uhr am Montagvormittag am Anleger in Wischhafen. Noch geht es flott auf die Fähre. Die Fährmitarbeiter lotsen die Pkw von der Straße auf die vierspurige Wartezone. So können sie den perfekten Mix für die Fähre aus Schwerlast und kleineren Fahrzeugen schaffen.

Die Wartezone ist an diesem Vormittag die Pole-Position für Metal-Fans. FRS-Geschäftsführer Tim Kunstmann wird, wie im vergangenen Jahr, mit seiner Band Jack Flex die Wacken-Besucher in Festivalstimmung bringen.

FRS-Elbfähre-Chef Tim Kunstmann (vorne Mitte) steht auf der Bühne am Anleger.

FRS-Elbfähre-Chef Tim Kunstmann (vorne Mitte) steht auf der Bühne am Anleger. Foto: Susanne Helfferich

„Seaway to W:O:A“ - auf dem Wasserweg zum Wacken Open Air“, heißt das Motto. Gerade ist der Soundcheck beendet. „Die Zahl der Zuhörer ist ja noch überschaubar“, stellt er fest, „einige Wacken-Fans sind schon gestern angereist. Da gab es drei Stunden Wartezeit.“

Mit dem Sunday Access Pass früher nach Wacken

Bisher galt immer der Montag als Hauptreisetag. Doch in diesem Jahr wurde der Sunday Access Pass angeboten. Für 66,60 Euro pro Fahrzeug konnten sich die Fans bereits am Sonntag die besten Plätze sichern. Davon haben offenkundig viele Gebrauch gemacht.

Die Band stört das nicht. Kurz vor 12 Uhr betreten Drummer Harald Faescke, Bassist Marko Scholz, Gitarrist Stefan Walgenbach und Frontmann Tim Kunstmann die Bühne und starten mit „Rocking in a free World“ von Neil Young.

Gerda Sethmann, Annette Lemke und Ulrike von Thun (von links) sind von Balje an den Fähranleger geradelt, um der Band Jack Flex zuzuhören. Gerda und Annette fahren am Freitag für einen Tag nach Wacken.

Gerda Sethmann, Annette Lemke und Ulrike von Thun (von links) sind von Balje an den Fähranleger geradelt, um der Band Jack Flex zuzuhören. Gerda und Annette fahren am Freitag für einen Tag nach Wacken. Foto: Susanne Helfferich

Die ersten Gäste wippen mit den Füßen; auch Gerda Sethmann und ihre Freundinnen Annette Lemke und Ulrike von Thun. Sie sind aus Balje hergeradelt, um Jack Flex zu hören. „Wir sind heute zum Einstimmen gekommen“, sagt Gerda, „Annette und ich fahren am Freitag für einen Tag nach Wacken.“

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Baljerin empfiehlt Ohrstöpsel für Wacken

Schon zwei Mal waren sie zusammen dort. „Die ganze Atmosphäre ist toll“, sagt Annette und verweist auf Ohrstöpsel: „Man muss die Musik mögen, aber damit geht es.“ Eingefleischte Metal-Fans sind die beiden nicht. „Wir fahren auch gerne mal zum Schleswig-Holstein-Festival auf die andere Seite der Elbe.“ Nur einen Musikstil verachten sie: Ballermann geht gar nicht.

Jörg Dubberke fährt das erste Mal zum Wacken-Festival. Er hat sich am Sonntag aus Kaiserslautern auf den Weg gemacht und unterwegs seinen Kumpel Emerson Oliveira aus Berlin eingesammelt.

Jörg Dubberke fährt das erste Mal zum Wacken-Festival. Er hat sich am Sonntag aus Kaiserslautern auf den Weg gemacht und unterwegs seinen Kumpel Emerson Oliveira aus Berlin eingesammelt. Foto: Susanne Helfferich

Jörg Dubberke und Emerson Oliveira sitzen in ihrem Caddy und lauschen durch die offenen Fenster der Musik von Jack Flex. „Was ist das denn für eine geile Idee“, freut sich Jörg über das unerwartete Vorprogramm für Wacken Open Air.

Aus Kaiserslautern hat er sich am Vortag auf den Weg gemacht und unterwegs seinen Kumpel eingesammelt. Es wird sein erster Wacken-Besuch. „Mein bisheriger Eindruck ist, dass alles super organisiert ist.“

Ankerplatz versorgt die Gäste mit Fischbrötchen

Die Band kommt allmählich in Fahrt: „Wie viele Leute sind hier? 10.000 oder 20.000?“, ruft Gitarrist Stefan Walgenbach ins Mikro. Er lässt sich von den zwei Dutzend Gästen nicht runterziehen und spielt „Boulevard of Broken Dreams“ von Green Day an. Bei „Gewinner“ von Clueso fordert Kai Eberhardt seine Frau Steffi zum Tanz auf.

FRS-Elbfähre-Chef Tim Kunstmann steht auf der Bühne am Anleger.

FRS-Elbfähre-Chef Tim Kunstmann steht auf der Bühne am Anleger. Foto: Susanne Helfferich

„Wo bleiben die Leute?“, fragt Kai skeptisch. „Die kommen schon“, lacht Steffi. Das Paar betreibt seit einem Jahr die Gatronomie Ankerplatz am Fähranleger und haben eine Riesenbaustelle und eine Sturmflut überwunden. Für das „Seaway to W:O:A“ haben sie das Catering übernommen. Jetzt wollen sie auch ihre frischen Fischbrötchen loswerden.

Seit 21 Jahren Wacken-Fan

Es ist 13 Uhr. Alle vier Wartespuren sind voll. Eine Stunde Wartezeit. Immer mehr Wacken-Fahrzeuge reihen sich ein. Eine fünfköpfige Gruppe steigt aus dem Auto und steuert den Bierstand an.

Vera ist echter Fan. „Ich war vor 21 Jahren das erste Mal in Wacken und seither immer wieder.“ Es sei nicht nur die Musik, sondern vor allem die Atmosphäre. Mit im Schlepptau hat die Gruppe Jörg. Er fährt das erste Mal nach Wacken. „Ich arbeite auf Montage, da kann ich nicht wissen, wo ich ein Jahr später bin.“ Denn für Wacken muss man beim Ticketkauf schnell sein.

Metal-Fans Julia und Florin aus der Schweiz landen zufällig im Wacken-Ansturm, wollen aber zum Festival nach Tschechien.

Metal-Fans Julia und Florin aus der Schweiz landen zufällig im Wacken-Ansturm, wollen aber zum Festival nach Tschechien. Foto: Susanne Helfferich

Ein gelber Bedford aus den 70er Jahren zieht in der Wartezone Blicke auf sich. Florin und Julia aus Graubünden in der Schweiz warten auf die Fähre. Sie reisen durch Europa, haben ein Mittelalterfest besucht.

„Wacken wäre ein guter nächster Stopp“, sagt Julia, „aber wir wussten nicht, dass es gerade jetzt ist.“ Stattdessen besuchen sie kommende Woche ein Metal-Festival in Tschechien.

Über Heavy Metal die große Liebe gefunden

14 Uhr. Inzwischen warten die Reisenden zwei Stunden vor der Fähre und nutzen gerne die Pause mit Band. Anja steigt aus ihrem Wohnmobil aus. Sie ist mit ihrem Mann auf dem Weg zum Festival. Für sie ist der Besuch ein Revival. „Ich war vor 20 Jahren das erste Mal in Wacken. Seither nicht mehr.“

Heavy Metal habe ihr Leben geprägt, sagt sie. Bei „Ace of spades“ von Motörhead habe sie ihren Mann kennengelernt. Dann kamen die Kinder. Da war kein Platz für Festivals. Jetzt geht es wieder nach Wacken. Allerdings mit einem Unterschied: „Wir schlafen nicht im Zwei-Mann-Zelt, sondern im Wohnmobil.“

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