TWarum „Deutschlands Bester Ackerbauer“ auf Nachhaltigkeit setzt
Der Boden wird fruchtbarer, wenn man ihn nicht so stark bearbeitet. Davon ist Markus Mushardt überzeugt. Der Otterndorfer ist jetzt zum besten Ackerbauern Deutschlands gekürt worden. Foto: Hansen
Markus Mushardt aus Otterndorf ist der beste Ackerbauer Deutschlands. Mit einem Konzept, das an die Landwirtschaft von früher erinnert. Auf dem Feld zeigt er, woran seine ganze Leidenschaft hängt. Dabei spielen auch Hummeln und Bienen eine Rolle.
Otterndorf. Markus Mushardt steht auf seinem Acker und buddelt in der Erde. Der Spaten, erzählt er, ist das Werkzeug, das er am häufigsten nutzt. Um zu prüfen, wie es um sein wichtigstes Kapital steht - den Boden, auf dem Getreide, Raps und Mais gedeihen sollen. Der Otterndorfer lächelt zufrieden. Die Pflanze, die er ausgräbt, hat ein üppiges Wurzelwerk. Dabei sieht es auf diesem Acker, auf dem Winterraps ausgesät wurde, viel bunter aus als auf anderen.
Sonnenblumen, Leinsaat und Klee wachsen zwischen den Rapspflanzen. Was auf anderen Feldern als Unkraut vernichtet werden würde, ist für Mushardt die beste Bodenversorgung. „Die Untersaaten stören den Raps nicht. Sie sterben im Winter ab und bilden dann neuen Humus“, freut er sich. Es ist ein Puzzleteil seines Konzepts einer extensiven Landwirtschaft, für die der Otterndorfer jetzt vom Fachmagazin „Agrarheute“ als bester Ackerbauer Deutschlands ausgezeichnet wurde.
„Wir können auch nicht jeden Tag bei McDonalds essen“
Während auf manchen Äckern Jahr um Jahr die Wunderpflanze Mais ausgesät wird, setzt Mushardt auf eine raffinierte Fruchtfolge, auf Zwischenfrüchte und Untersaaten sowie eine bodenschonende Bearbeitung. Neben Raps baut er Mais, Weizen, Gerste, Hafer, Ackerbohnen und Kleegras an. Immer im Wechsel. „Der Boden“, sagt er, „ist wie der Mensch. Wir können auch nicht jeden Tag bei McDonalds essen, sondern brauchen eine vielseitige Ernährung.“ Der Boden, davon ist er überzeugt, weiß diese Vielfalt zu schätzen, wird fruchtbarer. Untersaaten oder Zwischenfrüchte helfen dabei. Sie durchwurzeln den Boden, sorgen für Nährstoffe, binden überschüssigen Stickstoff.
300 Hektar satten Marschboden bewirtschaftet Mushardt zusammen mit seiner Familie in Otterndorf, 270 Hektar Ackerland und 30 Hektar Wiese, keine fünf Kilometer von der Elbe entfernt. Dass der 32-Jährige einmal den Hof übernehmen wird, war schon früh klar. „Ich bin bei Opa im Kuhstall groß geworden“, erzählt er und lacht, „mein erstes Wort war Hirsch, schließlich fuhr Opa einen alten John Deere mit dem typischen Hirsch-Emblem.“ Mushardt absolvierte eine landwirtschaftliche Ausbildung, studierte Landwirtschaft an der Fachhochschule in Rendsburg, machte seinen Master mit dem Schwerpunkt Agrarmanagement.
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Seine Begeisterung für den Boden hat sich mit der Zeit entwickelt. Aus purer Notwendigkeit, wie er sagt. „2017 hat die Wende gebracht“, erzählt er. Das sei ein ganz nasses Jahr gewesen. „Alles stand unter Wasser, wir kamen nicht mehr auf unsere Äcker.“ Nur auf den Wiesen habe es anders ausgesehen, da konnten die Tiere noch herumlaufen, da wuchs noch Gras. Der Agrarstudent begann darüber nachzudenken, was dort anders war. Und kam darauf, dass dort die schweren Trecker fahren, die den Boden verdichten, seltener fahren.
Bodenschonende Bearbeitung ohne Pflug
Mushardt schlug seinem Vater vor, den Pflug wegzulassen und die Erde nur noch mit dem Grubber zu lockern oder direkt zu säen. Sein Vater tat sich anfangs schwer mit dem Gedanken, erzählt er. Schließlich ist der 63-Jährige mit der intensiven Ackerei groß geworden. Doch der Junior, der zusammen mit seinem Bruder Falk in den Startlöchern steht, um den Hof zu übernehmen, setzte sich durch.
Pflanzenschutz
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Heute, sechs Jahre später, ist der junge Landwirt von seinem Weg überzeugt. „Seit wir auf unseren Feldern nicht mehr pflügen, haben wir viel mehr Leben im Boden. Wir haben weniger Verdichtung, weniger Erosion, weniger Wasserverlust, insgesamt eine bessere Struktur“, schwärmt er. Auch sonst biete das System etliche Vorteile. Mehr Artenvielfalt, denn Hummeln, Wildbienen, Spinnen und Käfer, die im Feld brüteten, könnten überleben, wenn kein Pflug fährt. Weniger Nährstoffbelastung, denn für Stickstoff sorge der Klee und nicht nur der Düngerstreuer. Weniger Insektizide, weil durch die Untersaaten auch manche Schädlinge abgewehrt werden. Sicher habe er 10 bis 15 Prozent weniger Ertrag als früher, gesteht der Landwirt ein. „Aber dafür gebe ich auch weniger Geld für Diesel, Dünger und Pflanzenschutz aus.“
Für seinen Opa war der Weg nichts Neues
Sein Opa, der heute 87 ist, habe in seinen Methoden manches wieder erkannt, erzählt er. „Früher, als es noch keinen Dünger und keinen Pflanzenschutz gab, haben die Bauern es zum Teil auch schon so gemacht“, sagt Mushardt. Und heute, da die Politik über die Nitratbelastung und das Glyphosat-Verbot diskutiert, passt seine Art der Ackerei ins Konzept. Doch das ist nicht Mushardts Antrieb. Er ist jemand, der sich über seinen saftigen Boden und die Hummel, die sich gerade auf der Sonnenblume in seinem Rapsacker niederlässt, richtig freuen kann.