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Walking Soccer

TWarum Gehfußball in Hammah so viel mehr ist als nur Sport

Wenn Bewegung Spaß macht: Anke Lau beim Gehfußball.

Wenn Bewegung Spaß macht: Anke Lau beim Gehfußball. Foto: Wertgen

Anke Lau und die Gehfußballer in Hammah spielen mit Herz und Humor. Ihre Geschichten zeigen, warum dieser Sport so viel mehr bewegt als nur den Ball.

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Von Lars Wertgen
Dienstag, 02.12.2025, 21:10 Uhr

Hammah. Anke Lau steht frei vor dem Tor und muss den Ball nur noch einschieben. Bei der Ballannahme springt ihr der Ball aber vom Fuß.

Die 57-Jährige geht dem Ball hinterher und erreicht ihn vor zwei Gegenspielern, die sie von links und rechts umzingeln. Beide Männer lässt Lau mit einem Hackentrick alt aussehen. Ihr Sturmpartner Lukas Liebert vollendet.

Anke Lau war an diesem Mittwoch die torgefährlichste Angreiferin.

Anke Lau war an diesem Mittwoch die torgefährlichste Angreiferin. Foto: Wertgen

Ob als Spielerin, Trainerin oder Mutter - Lau hat ihr Leben gerne auf dem Sportplatz verbracht. Vor Jahren zerbrach die damalige Ü30-Mannschaft, Lau blieb ohne Team, hielt sich ohne Fußball fit.

Als ihr Mann Andreas eine sportliche Alternative suchte, fand er sie beim MTV Hammah im Gehfußball. Die Sportart hat hier Hartmut Jungclaus etabliert.

Jungclaus ist flexibel

Gehfußball - auch Walking Football genannt - ist für Menschen aus allen Altersgruppen geeignet. Bei der ASSG Himmelpforten/Hammah/Heinbockel sind über 20 Spieler aktiv.

Nach DFB-Regeln tritt man offiziell mit sechs gegen sechs an. Das Spielfeld ist kleiner (42 x 21 m), die Tore auch (3 x 1 m). Damit nimmt Jungclaus es beim Training nicht so genau.

Hartmut Jungclaus ist der Kopf hinter Walking Soccer in Hammah.

Hartmut Jungclaus ist der Kopf hinter Walking Soccer in Hammah. Foto: Wertgen

Wenn mehr Spieler kommen, passt er das Spielfeld flexibel an und die Sportler spielen mit größeren Teams. „Damit jeder jederzeit mitspielen kann“, sagt er.

Die wichtigste Regel steckt im Namen: Laufen ist verboten, ausschließlich Gehen ist erlaubt. Wer rennt, den pfeifen die anderen schnell zurück. Steilpässe sind selten eine gute Idee.

Der Ball darf nicht über Hüfthöhe gespielt werden und Körperkontakt ist verboten. Das Spiel bleibt dadurch fair und gelenkschonend.

Gehfußball ist mehr als Kicken

Anke Lau war die erste Frau im Team. Sie arbeitet beim Straßenbau in der Verwaltung. Das sei auch eine Männerdomäne, sagt sie. „Ich bin es also gewohnt, in der Unterzahl zu sein.“ Mit Tanja Bernhardt gibt es mittlerweile eine zweite Fußballerin bei der ASSG.

Anke Lau und Tanja Bernhardt beweisen, dass Gehfußball keine Grenzen kennt.

Anke Lau und Tanja Bernhardt beweisen, dass Gehfußball keine Grenzen kennt. Foto: Wertgen

Für Lau lohne es sich auch privat, regelmäßig beim Training vorbeizuschauen. „Ich habe ein gemeinsames Hobby mit meinem Mann“, so Lau.

Die soziale Komponente gilt beim Gehfußball als besonders wichtig. „Die Alternative wäre für viele, am Mittwochabend auf dem Sofa zu hocken“, sagt Lau.

Anke Lau und der Fußball sind sei Jahrzehnten ein Team.

Anke Lau und der Fußball sind sei Jahrzehnten ein Team. Foto: Wertgen

Die Altersspanne im Team ist groß. Lukas Liebert ist mit 35 Jahren der Jüngste, Harry Feick mit 83 der Älteste. In der Ü40 oder Ü50, die auf der anderen Platzhälfte trainieren, könnte Feick längst nicht mehr mithalten. Durch Gehfußball bleibt er im Spiel.

Harry Feick, hier bei einem Strafstoß, ist der älteste im Team.

Harry Feick, hier bei einem Strafstoß, ist der älteste im Team. Foto: Wertgen

Für Athleten, die körperliche Beschwerden haben

Uwe Ehrenberg wohnt in Hemmoor und spielte lange beim SuSV Heinbockel, trainierte Jugendmannschaften und die Herren. Noch heute ist er Schiedsrichter.

Das Knie und das Herz: Uwe Ehrenberg hatte eigentlich schon mit Fußball aufgehört.

Das Knie und das Herz: Uwe Ehrenberg hatte eigentlich schon mit Fußball aufgehört. Foto: Wertgen

Mit dem aktiven Fußball hat Ehrenberg vor fast zehn Jahren aufgehört. „Das ging zu sehr auf die Knochen“, sagt er. Als junger Spieler riss er sich das Kreuzband und andere Bänder. Vor einigen Jahren überlebte er einen Herzinfarkt.

Dank Walking Football kann er heute noch immer dem Ball hinterherjagen - nur halt mit einem anderen Tempo. Das permanente Gehen sei nicht zu unterschätzen.

Walking Football ist anstrengend. Ein Spiel dauert viermal fünfzehn Minuten und es koste auch Kraft, sich darauf zu konzentrieren, nur schnell gehen statt laufen zu dürfen, sagt Ehrenberg.

Gibt es irgendwann einen Ligabetrieb?

„Der Wettkampfgedanke ist schon weniger als früher“, so Ehrenberg. Die Freude über eigene Tore und der Ärger über Gegentreffer seien aber unverändert.

Und auch wenn das Training in Hammah im Vordergrund steht - Testspiele und Turniere gegen andere Teams sorgen für willkommene Abwechslung.

Die Gehfußballer aus Hammah wünschen sich einen Ligabetrieb.

Die Gehfußballer aus Hammah wünschen sich einen Ligabetrieb. Foto: Lütje (nomo)

Die ASSG Himmelpforten/Hammah/Heinbockel spielte zuletzt zweimal gegen die SpVgg BISON aus dem Kreis Cuxhaven und im Sommer auf einem Turnier in Posthausen.

Hammah hätte durchaus Interesse an einem Ligabetrieb. Dafür fehlt in der Region derzeit die Nachfrage, teilt der NFV Kreis Stade mit. Der TSV Apensen, FC Oste/Oldendorf und SV Ottensen sind positive Beispiele.

Sprüche und Bälle fliegen gleichermaßen über den Platz

Früher stand Uwe Ehrenberg meist im Tor. Normalerweise tobt er sich im Training aber im Sturm aus. Heute organisiert er die Defensive aus dem Hintergrund. „Die beiden machen das da vorn doch gut“, lobt er die Offensive - gemeint sind Lau und Liebert.

Früher spielte Uwe Ehrenberg meist im Tor, heute am liebsten im Sturm.

Früher spielte Uwe Ehrenberg meist im Tor, heute am liebsten im Sturm. Foto: Wertgen

Beide harmonieren aber nicht immer: Lukas Liebert schießt aus der Distanz auf das Tor, der Ball segelt in die Büsche. Anke Lau stand völlig frei und raunzt ihren Mitspieler - mit einem Lächeln - an.

„Mecker ruhig mal mit ihm, warum solltest du auch immer nur mit mir schimpfen“, ruft ihr Mann, der heute im gegnerischen Team ist. In der nächsten Szene spielt Liebert den Ball artig ab, Lau trifft wieder. Freche Sprüche werden in Hammah fast so häufig gespielt wie scharfe Pässe.

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