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Gerätehaus

TWarum die Mini-Feuerwehr in Drochtersermoor wichtig und teuer ist

„Wichtig ist, dass hier etwas passiert“: Manuel Haack, Ortsbrandmeister in Drochtersermoor, vor dem alten beengten Feuerwehrgerätehaus, das den Sicherheitsnormen nicht mehr entspricht.

„Wichtig ist, dass hier etwas passiert“: Manuel Haack, Ortsbrandmeister in Drochtersermoor, vor dem alten beengten Feuerwehrgerätehaus, das den Sicherheitsnormen nicht mehr entspricht. Foto: Knappe

Das Feuerwehrgerätehaus in Drochtersermoor hat gravierende Mängel. Es wird teuer. Wie sind hohe Kosten für die kleinste Feuerwehr in der Gemeinde zu rechtfertigen?

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Von Katja Knappe
Dienstag, 18.11.2025, 11:50 Uhr

Drochtersen. Erst waren die anderen Ortswehren in der Gemeinde dran: Im Vorjahr bezog die Ortswehr Drochtsersen ihr neues, knapp fünf Millionen Euro teures Gerätehaus an der Sietwender Straße. Die Ortswehr Hüll bekam ihren Erweiterungsbau.

Im Feuerwehrbedarfsplan von 2018 ist aber auch die Ortsfeuerwehr Drochtersermoor gelistet. Die Mini-Ortswehr mit 22 Aktiven im kleinen Moordorf wartete bis dato geduldig, pocht nun auf Mängelbeseitigung: Das 1984 errichtete Gerätehaus an der Straße Drochtersermoor 23a ist extrem beengt und entspricht schon lange nicht mehr den Feuerwehrnormen und Sicherheitsanforderungen.

Hohes Unfallrisiko durch Platzmangel

Besonders heikel: Der Einstellplatz für das Fahrzeug ist viel zu klein, direkt hinter dem Fahrzeug müssen die Feuerwehrleute sich beim Einsatz umziehen, das birgt ein hohes Unfallrisiko.

Hier, auf dieser kleinen Fläche direkt hinter dem Einsatzfahrzeug, müssen die Feuerwehrleute von Drochtersermoor in ihre Einsatzkleidung schlüpfen. Das entspricht längst nicht mehr den Sicherheitsstandards für die Freiwilligen.

Hier, auf dieser kleinen Fläche direkt hinter dem Einsatzfahrzeug, müssen die Feuerwehrleute von Drochtersermoor in ihre Einsatzkleidung schlüpfen. Das entspricht längst nicht mehr den Sicherheitsstandards für die Freiwilligen. Foto: Knappe

Eine Schwarz-Weiß-Trennung von kontaminierter Einsatzkleidung und eigener Kleidung ist nicht möglich. Eine Absauganlage für Abgase oder normgerechte Duschen - Fehlanzeige. Im Einsatzfall begegnen sich ankommende Feuerwehrleute und das ausrückende Einsatzfahrzeug auf der schmalen Zuwegung und müssen ausweichen. Der Mitte der 1990er Jahre errichtete Anbau des Gerätehauses ist abgesackt, es gibt Risse im Gebäude.

Gerätehaus und Ortswehr fungieren in Drochtersermoor als gesellschaftlicher Dorfmittelpunkt und Dorfgemeinschaftshaus. Hier finden Seniorentreffs statt, werden Veranstaltungen organisiert. Sonst gibt es im Dorf nichts, weder Läden noch Vereine.

An der Ecke der Straße Drochtersermoor/Kreisstraße 27 hat die Gemeinde Drochtersen noch Bauflächen. Hier wäre theoretisch Platz für ein neues Feuerwehrgerätehaus, das dann zentraler liegen würde.

An der Ecke der Straße Drochtersermoor/Kreisstraße 27 hat die Gemeinde Drochtersen noch Bauflächen. Hier wäre theoretisch Platz für ein neues Feuerwehrgerätehaus, das dann zentraler liegen würde. Foto: Knappe

Die Ortsfeuerwehr Drochtersermoor hat bei der Gemeinde als Träger der Feuerwehren ein normgerechtes Gerätehaus beantragt. Am liebsten einen Neubau auf den bereits ausgewiesenen gemeindeeigenen Bauflächen an der Straße Drochtersermoor/Ecke Kreisstraße 27.

Das Gerätehaus läge dann zentraler im Einsatzgebiet, der Weg zum Gerätehaus würde sich für die Mehrheit der Feuerwehrleute verkürzen und Ausweichmanöver auf zu schmaler Zuwegung würden entfallen.

Ortsbrandmeister: „Wichtig ist, dass etwas passiert“

Die Alternative wäre eine Erweiterung des bestehenden Gerätehauses, sofern dies baulich möglich ist. Dazu müsste die Gemeinde aber Flächen von einem benachbarten Landwirt erwerben. Egal ob Anbau oder Neubau - „da sind wir offen, wichtig ist, dass hier etwas passiert, um den Bestimmungen zu genügen“, sagt Ortsbrandmeister Manuel Haack.

Arbeitskreis soll Lösung finden

Die Ratsmitglieder im Feuerschutzausschuss haben jetzt entschieden, dass sich ein neuer Arbeitskreis mit den Spitzen aus Verwaltung, Fraktionen und Brandmeistern mit dem Thema auseinandersetzt, um eine Lösung zu finden.

Die soll möglichst günstig sein, denn die Gemeinde ist knapp bei Kasse, die Rücklagen schmelzen. Die Gemeinde soll Gespräche mit dem Eigentümer des Nachbargrundstücks aufnehmen.

Die Gemeindeverwaltung hatte sich bereits in Balje umgehört, wie viel ein günstiger Neubau - dann mit zwei Einstellplätzen für Einsatzfahrzeuge - kosten könnte. Da sei von 1,5 Millionen Euro die Rede gewesen, sagt Bürgermeister Mike Eckhoff. Beim Erweiterungsbau sind Kosten und Machbarkeit noch unbekannte Größen.

Eckhoff: Wegsparen einer Ortswehr kein Thema

So oder so sind hohe Kosten zu erwarten. Überlegungen, aus Kostengründen die Zahl der Ortswehren zu verändern, gebe es Drochtersen nicht, sagt Bürgermeister Eckhoff auf Anfrage. Die Gründe: Es gehe nicht um die Größe der Ortschaft, es gehe um Ausrückezeiten, betont Eckhoff.

In Drochtersermoor selbst sind nur 83 Einwohner gemeldet. Die Ortswehr Drochtersermoor liegt etwa in der Mitte zwischen den Ortswehren Drochtersen und Asselermoor, der Abstand beträgt je etwa sechs Kilometer. Das Einsatzgebiet der Ortswehr Drochtersermoor umfasst auch Gauensiekermoor, Theisbrüggermoor, Aschhorn und Aschhornermoor - insgesamt etwa 200 Einwohner.

Allein 14 Brandeinsätze in vier Jahren

Im Durchschnitt der letzten vier Jahre hatte die Ortsfeuerwehr Drochtersermoor jährlich etwa 15 Einsätze, berichtet Ortsbrandmeister Manuel Haack. Darunter waren fünf Großfeuer, eines davon im eigenen Einsatzgebiet, drei mittelgroße Brände und fünf kleine Brände - davon drei im eigenen Gebiet.

Die Ortswehr rückte im eigenen Einsatzgebiet zu vier Verkehrsunfällen aus. Zu den restlichen Einsätzen zählten Hilfeleistungen bei Bäumen auf der Straße, Ölspuren, Sicherheitswachen, Personensuche, Tierrettungen und Fehlalarme.

Fünf Minuten können entscheidend sein

Bei Einsätzen im eigenen Gebiet, in den Moordörfern, ist die Ortswehr fix. „Hier liegt unsere durchschnittliche Ausrückezeit (Alarmierung bis zum Eintreffen im Einsatzgebiet) zwischen 10 und 12 Minuten“, sagt Haack. „Wenn die kleine Feuerwehr Drochtersermoor beispielsweise fünf Minuten schneller vor Ort sein kann als die große aus Drochtersen, ist das wichtig für Regionen mit viel Fläche und wenig Menschen. Fünf Minuten können entscheidend sein“, betont Kreisbrandmeister Henning Klensang.

Verpflichtende Ausrückezeiten gibt es für freiwillige Feuerwehren grundsätzlich nicht. Die Arbeitsgemeinschaft der Berufsfeuerwehren hat für sich selbst Schutzziele definiert: Bei einem Wohnungsbrand beispielsweise sollten innerhalb von acht Minuten die ersten zehn Feuerwehrleute vor Ort sein, so Klensang. Die meisten freiwilligen Feuerwehren strebten Ausrückezeiten von maximal 15 Minuten an, sagt Haack.

Mini-Ortswehr liegt knapp über der Mindeststärke

In der niedersächsischen Feuerwehrverordnung sind Mindeststärken von Feuerwehren festgelegt. In der Gemeinde Drochtersen gibt es sechs Ortsfeuerwehren, Drochtersen als Schwerpunktfeuerwehr ist die größte, Drochtersermoor die kleinste: Mit 22 Aktiven, darunter vier Frauen, liegt die Ortswehr knapp über der Mindeststärke von 20 Aktiven, einschließlich Ortsbrandmeister und Stellvertreter.

Bis vor drei Jahren seien es noch 28 Aktive gewesen, Verluste habe es vor allem durch Wegzüge, aber auch wegen Überschreitens der Altersgrenze gegeben, sagt Haack. Der Altersdurchschnitt der Aktiven liege aktuell bei etwa 34 Jahren.

Die Mindeststärke einer Ortsfeuerwehr dürfe nur kurzfristig unterschritten werden, erläutert Gemeindebrandmeister Arnd König. „Wenn sie dauerhaft unterschritten wird, kann es dazu führen, dass man Ortsfeuerwehren zusammenlegt - etwa als Ortsfeuerwehr Drochtersen plus Löschgruppe in Drochtersermoor.“

König kann sich nicht erinnern, so etwas in der Region schon einmal erlebt zu haben. Gäbe es grundsätzlich bei der Feuerwehr Personalmangel, müsste die Gemeinde eine Pflichtfeuerwehr installieren, etwa indem Bürger verpflichtet werden, sagt König.

Feuerwehrbedarfsplan ist verbindlich

Für Kommunen und ihre Feuerwehren ist der Feuerwehrbedarfsplan ein verbindliches Planungsinstrument, das aktuelle und künftige Bedarfe festlegt, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten. Nach dem Plan ist das Gerätehaus Drochtersermoor dran.

Gemeindebrandmeister König verdeutlicht: Wenn die Feuerwehrunfallkasse sehe, dass Mängel dauerhaft nicht gemäß Feuerwehrbedarfsplan beseitigt würden, könne die Gemeinde bei Schadensfällen gegebenenfalls in Regress genommen werden.

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