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TWarum sich der Reformationstag nicht hinter Halloween zu verstecken braucht

Eine Luther-Puppe assistiert Diakonin Ilse Mörchen bei Kirchenführungen für Kinder.

Eine Luther-Puppe assistiert Diakonin Ilse Mörchen bei Kirchenführungen für Kinder. Foto: Thomas Sulzyc

Viele Menschen verbinden den 31. Oktober inzwischen mit dem Gruselfest Halloween. Dabei ist der Reformationstag der Grund für den freien Tag. Wie die Buxtehuder Diakonin Ilse Mörchen Jugendlichen und Kindern Lust auf Luther macht.

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Von Thomas Sulzyc
Sonntag, 29.10.2023, 12:00 Uhr

Buxtehude. Wenn Martin Luther geahnt hätte, dass ihm ein gruseliges Faschingsfest den Gedenktag streitig machen würde, hätte er sicher ein anderes Datum gewählt. Aber davon konnte der Mönch vor mehr als 500 Jahren nichts wissen, als er am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen zur Erneuerung der katholischen Kirche veröffentlichte.

Evangelische Christen erinnern jedes Jahr am Reformationstag an das Wirken von Martin Luther. Viele Menschen aber verbinden den 31. Oktober inzwischen mit Halloween. Der Brauch der Kelten, an diesem Tag ihren Jahreswechsel zu feiern, ist mit dem Umweg über die USA mittlerweile zu einem Anlass für Verkleidungs- und Gruselpartys geworden.

Gruselfest macht Kirche den Gedenktag abspenstig

In Kürbisse geritzte Fratzen, Spinnennetz-Dekoration und Horror-Kostüme - in Supermärkten, Kaufhäusern und Bekleidungsgeschäften ist Halloween allgegenwärtig. Das Gruselfest macht der evangelischen Kirche den Gedenktag abspenstig.

Halloween und Reformationstag an einem Tag: Die Diakonin Ilse Mörchen aus der St.-Paulus-Kirchengemeinde in Buxtehude sieht die Konkurrenzsituation der beiden Festtage entspannt. „Wenn es Halloween nicht gäbe, wäre der Reformationstag bei den meisten Menschen dennoch nicht im Bewusstsein“, sagt sie. Reformation, das klingt eben irgendwie sperrig und hat nicht den Zauber eines Weihnachtsfestes, an dem die Geburt eines Kindes gefeiert wird.

Dabei hat die Reformation eine besonders wichtige Bedeutung für die europäische Zivilisationsgeschichte. Der Begriff Reformation bedeutet Erneuerung und meint im Zusammenhang mit Martin Luther die Erneuerung der katholischen Kirche. Der Augustinermönch Martin Luther hat am 31. Oktober 1517 in Wittenberg 95 Thesen veröffentlicht. Unter anderem ging es um den sogenannten Ablasshandel, der es Christen ermöglichte, sich von Sünden freizukaufen. Luther kritisierte diese Praxis scharf.

Reformation: Wichtig für unsere heutige Demokratie

„Luther lehrte die Menschen, dass sie selbstständig Entscheidungen treffen können - weg von Hokuspokus und hin zu rationalem Denken“, sagt Ilse Mörchen. Als Erster übersetzte Luther die Bibel ins Deutsche. Diese Übersetzung war die Grundlage für eine einheitliche deutsche Schriftsprache. Deshalb sei die Reformation ein wichtiger Baustein für unsere Kultur und unser heutiges Verständnis von Demokratie.

Zwar wollte Luther die Kirche nicht spalten, sondern lediglich reformieren, doch die Auseinandersetzung über seine Thesen führte später zur Gründung der protestantischen Kirche als Gegenentwurf zur römisch-katholischen.

Ilse Mörchen hat Religionspädagogik studiert. Sie kümmert sich in der Buxtehuder St.-Paulus-Kirchengemeinde um die Konfirmanden. Wie bringt sie Kindern und Jugendlichen den Reformationstag näher und macht ihnen Lust auf Luther?

Zum Beispiel, indem die Diakonin mit den Jungen und Mädchen darüber spricht, was sie heute verändern möchten. Das könne die Frage sein, ob das Musizieren im Gottesdienst anders sein soll. Vielleicht mit mehr Schlagzeug?

Luther-Puppe assistiert bei Kirchenführungen

Um Kindern Luther schmackhaft zu machen, hilft ihr eine etwa 40 Zentimeter große Handpuppe in Gestalt des Reformators. Wenn Ilse Mörchen Kindern bei Führungen das Kirchengebäude zeigt, ist der Puppen-Luther stets dabei. Mittlerweile leihen ihn Grundschulen für den Religionsunterricht aus. In der übrigen Zeit wohnt die Puppe in der Sakristei.

Playmobil-Figuren in Gestalt von Martin Luther.

Playmobil-Figuren in Gestalt von Martin Luther. Foto: Thomas Sulzyc

Zum 500-jährigen Reformationsjubiläum 2017 vermarktete die evangelische Kirche Martin Luther im großen Stil. Playmobil-Figuren in Gestalt des Reformators aus dem Jubiläumsjahr besitzt Ilse Mörchen heute noch. Während katholische Diakone Kinder mit Weihwasser oder Marienstatuen beeindrucken, haben protestantische Diakone kaum etwas Handfestes zu zeigen. „Ich stelle dann den Abendmahlkelch auf und zeige die Luther-Figuren“, sagt Ilse Mörchen.

Der Reformationstag am 31. Oktober ist der jüngste Feiertag, der in ganz Norddeutschland gilt. Erst seit 2018 ist er in Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Bremen ein gesetzlicher Feiertag. Er ist der Grund, warum die Menschen an diesem Tag arbeitsfrei haben. Betrachtet man die Bedeutung der beiden Feste am 31. Oktober, müsste es eigentlich heißen: Es ist Reformationstag - und auch Halloween.

Ilse Mörchen wird am Reformationstag auch Süßigkeiten vorrätig halten, um sie an kostümierte Kinder an der Tür zu verschenken. Sie selbst begeht das Fest in Buxtehude mit dem Mittagsgottesdienst in der St.-Petri-Kirche und mit dem Abendgottesdienst in der St.-Paulus-Kirche. Anschließend trifft sich die Paulus-Gemeinde zu Käse und Wein.

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