TWas es mit den übergroßen Golfbällen in Oederquart auf sich hat

Wie ein überdimensionierter Golfball wirkt das IWES-Wetterradar am Freiburger Weg. Foto: Helfferich
Sie muten futuristisch an: Die Wetterradare des Fraunhofer-Instituts sammeln in Oederquart Daten über Windgeschwindigkeiten in unterschiedlichen Höhen. Das steckt dahinter.
Oederquart. In Oederquart wird bis Ende des Jahres Wind vermessen. Es ist neben dem Forschungswindpark des DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) in Krummendeich das zweite Forschungsprojekt in Nordkehdingen, das die Nutzung der Windenergie optimieren soll - und spielt damit für die Erreichung der Klimaziele in Deutschland eine große Rolle.
Mit Hilfe der Wetterradare soll die Suche nach geeigneten Windparkflächen optimiert werden. Dafür sei wichtig, im Vorwege das Windaufkommen möglichst genau und belastbar zu bestimmen, heißt es in einer Projektbeschreibung des Fraunhofer-Instituts für Windenergiesysteme (IWES). Dies könne durch Messung der Windgeschwindigkeit an mehreren Orten und in verschiedenen Höhen gleichzeitig über den gesamten Windparkbereich gelingen. Dieses Verfahren wird dreidimensionale Windmessung genannt.
Bis zu 60 Millionen Messungen in einer Stunde
Das Fraunhofer-Institut wurde damit beauftragt, ein Instrument genau für diesen Zweck zu entwickeln. Das Forschungsergebnis ist das Dual Doppler-Radar-System.
„Mit dem neuen Instrument werden bis zu eine Million Windmessungen über einem geplanten Windpark in verschiedenen Höhen 60-mal pro Stunde gemessen“, heißt es in der Beschreibung. Diese Dichte von Daten sei einmalig, und mit diesen könnten Leistungskurven von Windenergieanlagen effizienter und genauer bestimmt werden. Leistungskurven stellten zudem einen Zusammenhang zwischen Windstärke und dem generierten Strom einer Windturbine dar.
Forschungswindpark
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Gefahren für Anwohner und Spaziergänger gebe es rund um den Standort nicht, stellt der Projektleiter Dr. Jan Diettrich auf Nachfrage klar. Die vom Radar ausgehenden Impulse veränderten sich mit der Entfernung. „Um den von der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) publizierten Grenzwert zu überschreiten, müssten mehr als 2000 Wetterradare zeitgleich in Betrieb nebeneinander aufgebaut sein“, so Diettrich. Eine absurde Vorstellung.
Da das IWES-Wetterradar auf einem fünf Meter hohen Turm angebracht ist, träten die elektromagnetischen Impulse in der Nähe des Radars nur in größerer Höhe auf. Theoretisch befänden sich erst in circa 300 Metern Entfernung die Impulse in unter zwei Metern Höhe, allerdings sei diese Ausrichtung nicht im Projekt vorgesehen. In dieser Entfernung werde der ICNIRP-Grenzwert immer noch um das 20-Fache unterschritten.
Und so funktionieren die Messungen
Das Fraunhofer-Institut hat zwei Wetterradare aufgebaut, die Daten über Windgeschwindigkeiten messen: eines am Freiburger Weg, das andere am Kajedeich. Ihr Aussehen erinnert an überdimensionierte Golfbälle. Vier Meter Durchmesser haben die weißen Kugeln, die in der Fachsprache Radoms genannt werden - eine Zusammensetzung aus Radar und Dome.
Jede Radareinheit umfasst eine Radarschüssel, die gleichzeitig eine Sender- und eine Empfängerfunktion besitzt. Die beiden Wetterradare seien so positioniert und ausgerichtet, dass ihre Impulse sich im jeweiligen Untersuchungsareal überschneiden, heißt es in der Projektbeschreibung des Fraunhofer-Instituts. Die Radarschüsseln sind auf einem Turm angebracht und unter einer runden Haube vor Witterung, Schmutz und Fremdeinwirkung geschützt.

Ein zweites Radar steht am Kajedeich. Foto: Helfferich
Die Schutzhülle bestehe aus Materialien, die für Funkwellen (kurzwellige elektromagnetische Wellen) besonders gut durchlässig seien, erklärt der Projektleiter Dr. Jan Diettrich. Und sie sollen Strahlung möglichst wenig reflektieren, absorbieren, brechen, streuen oder deren Polarisation ändern. Die weiße Farbe der Radoms sorge dafür, dass die durch Abwärme und Sonneneinstrahlung erhöhte Temperatur möglichst niedrig gehalten wird.
Von Oederquart geht es in einen Offshore-Windpark
Der Standort Oederquart sei besonders geeignet, da hier die beiden Wetterradare so positioniert und ausgerichtet sein können, dass ihre Impulse sich im jeweiligen Untersuchungsareal überschneiden, erklärt Pressesprecherin Inna Eck. Ende des Jahres verschwinden die IWES-Radare schon wieder.
Sie werden danach in Kentish Flats, England, an der südostenglischen Küste an einem Offshore-Windpark wieder aufgebaut. Projektpartner des IWES sind ForWind – Zentrum für Windenergieforschung der Universitäten Oldenburg, Hannover und Bremen, RWE Renewables GmbH, Vattenfall Europe Windkraft GmbH und wpd windmanager GmbH & Co. KG.