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Reizdarm

TWas kann man machen, wenn die Achse zwischen Darm und Hirn gestört ist?

Magen-Darm-Probleme nehmen zu. Ein Grund kann die gestörte Kommunikation zwischen dem Darm und dem Gehirn sein.

Magen-Darm-Probleme nehmen zu. Ein Grund kann die gestörte Kommunikation zwischen dem Darm und dem Gehirn sein. Foto: Colourbox

Wenn es in Magen und Darm nicht rund läuft, kann das zum Problem werden. Magenschmerzen, Reizdarm, Lebensmittelunverträglichkeiten sind nur einige Auswirkungen. Häufig ist dann die Darm-Hirn-Achse gestört.

Von Sabine Hennings Samstag, 21.09.2024, 11:00 Uhr

Die Darm-Hirn-Achse? Kann man sich die als eine Art Telefonleitung vorstellen? „Die Darm-Hirn-Achse beschreibt die wechselseitige Kommunikation zwischen Darm und Hirn. Der Vagus-Nerv verbindet beide miteinander“, erklärt Rosita Harder, Ökotrophologin und Ernährungsberaterin bei der AOK.

Die Forschung ist bei diesem Thema noch am Anfang, aber eins ist sicher, wenn diese Kommunikation nicht richtig funktioniert, führt das zu gesundheitlichen Problemen.

Allgemeine Darmbeschwerden haben zugenommen

Rosita Harder hat festgestellt, dass in ihre Beratung immer häufiger Menschen kommen, die Magen-Darm-Probleme haben. Das äußert sich zum Beispiel durch Laktose- oder Histaminunverträglichkeiten oder durch ein sogenanntes Reizdarmsyndrom, bei dem häufig nicht klar ist, was die Ursache ist.

„Allgemeine Darmbeschwerden haben zugenommen“, so ihre Einschätzung. Wobei, so die Beobachtung der Ökotrophologin, die Beschwerden häufig viel schlimmer sind als die eigentliche Diagnose vermuten ließe.

Das ist ein Hinweis darauf, dass seelische Belastungen Symptome verschlimmern können. Es gibt viele alte Sprichwörter, die eine Verbindung zwischen Darm und Psyche ziehen: „Das schlägt mir auf den Magen“, „Das muss ich erstmal verdauen“, „Liebe geht durch den Magen“, „Davor hab ich Schiss“, aber auch „Nervennahrung“ oder „Stress-Essen“.

Ein eigenes Nervensystem im Darm wird Bauchhirn genannt

Der Darm ist schon länger im Fokus der Forschung. Inzwischen ist bekannt, dass durch ihn genauso viele Nervenbahnen laufen, wie durch das Gehirn. Man spricht auch vom Bauchhirn.

Eine wichtige Rolle bei der Kommunikation zwischen Darm und Gehirn spielt der Vagusnerv. Er ist auch für die Entspannung zuständig und stimuliert die Muskelbewegungen im Verdauungstrakt.

Ballaststoffe stecken zum Beispiel in Gemüse und Vollkornprodukten. Für unsere nützlichen Darmbakterien gelten sie als hervorragendes Futter.

Ballaststoffe stecken zum Beispiel in Gemüse und Vollkornprodukten. Für unsere nützlichen Darmbakterien gelten sie als hervorragendes Futter. Foto: Robert Günther

Während das Gehirn unterscheiden kann, ob jemand positiven Stress hat oder durch Mobbing belastet wird, ist das Nervensystem des Darms nur zu unspezifische Reaktionen in der Lage. Es kann nicht unterscheiden, ob jemand positiven Stress hat, weil er sich freut, verdeutlicht Rosita Harder.

Ein Reizdarmsyndrom kann sehr einschränkend sein

Es gibt Hinweise, dass eine herabgesetzte Reizschwelle des Bauchnervensystems zu höherer Empfindlichkeit führt. Die zeigt sich dann in Form von Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall.

Bei Beschwerden, für die keine organischen Ursachen zu finden sind, sieht der Arzt dann häufig ein psychosomatisches Problem oder einen Reizdarm. Für die Betroffenen eine frustrierende Diagnose.

Ein Reizdarm kann sehr belastend sein. Was vertrage ich eigentlich noch? Welches Lebensmittel verursacht sofort Magenschmerzen? Der Spaß am Essen bleibt dabei oft auf der Strecke.

Die Ernährungsberaterin setzt auf eine individuell verträgliche und gleichzeitig ausgewogene Ernährung, denn die kann einen wertvollen Beitrag dazu leisten, Magen-Darm-Probleme in den Griff zu bekommen. „Und eine gesunde Ernährung ist gut für das Darm-Mikrobiom und damit auch für die Psyche.“

Die guten Bakterien im Darm mit Ballaststoffen füttern

Das Mikrobiom, eine Lebensgemeinschaft von Viren und Bakterien, spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Magen-Darm-Probleme dauerhaft zu beheben.

Jeder Mensch hat ein ganz individuelle Mikrobiom, das ihn von Geburt an begleitet. Es spielt eine entscheidende Rolle für das Immunsystem.

Ein Forscherteam in Berlin hat herausgefunden, dass das Mikrobiom dazu beiträgt, das Immunsystem in einen Zustand zu versetzen, der es ihm ermöglicht, schnell auf Krankheitserreger zu reagieren. Es setzt die entscheidenden Botenstoffe frei und wirft den Stoffwechsel in bestimmten Zellen des Immunsystems an.

Wenn es um die Zusammenhänge zwischen Mikrobiom und Psyche geht, steht die Forschung noch ganz am Anfang. „Es gibt aber eindeutige Hinweise, dass es mir besser geht, wenn ich mich ausgewogen ernähre und ein gutes Bauchgefühl habe“, stellt Rosita Harder klar.

Abwechslungsreich und bunt ist gut für die Gesundheit

Ein Baustein ist die Stärkung des Mikrobioms. Die gesundheitsfördernden Darmbewohner unterstützt man am besten mit einem bunten Mix ballaststoffreicher Lebensmittel wie Vollkornprodukte, Haferflocken, Hülsenfrüchte, Gemüse, Nüsse und Obst. Auch gesäuerte Milchprodukte, also Joghurt, Kefir oder Buttermilch, oder fermentiertes Gemüse, wie zum Beispiel Sauerkraut, spielen da eine große Rolle.

„Isst ein Mensch bunt und ausgewogen, füttert er die guten Bakterien in seinem Darm“, stellt die Ernährungsberaterin klar.

Die ausgewogene Ernährung setzt sich aus viel Obst und Gemüse, ausreichend Eiweiß in Form von Milchprodukten, Fleisch, Fisch oder Hülsenfrüchten, maßvollem Fett, am besten in Form von reichhaltigen Ölen, und ausreichendem Trinken zusammen.

Ruhe nach dem Essen ist wichtig zur Verdauung

Wer unter Magen-Darm-Problemen leidet, der sollte die Ruhe nicht vergessen, meint Rosita Harder. „‚Ausruhen und verdauen‘ ist ein Satz, der eigentlich für jeden gilt, aber für Menschen mit einem Reizdarm oder anderen Problemen noch einmal mehr.“

Wer zwischen den Mahlzeiten gerne snackt, gibt seinem Darm nicht die Zeit, die er braucht, um zu verdauen, weiß die Ernährungsberaterin. Drei bis fünf Stunden Pause sind ideal und können helfen, den gereizten Darm zu beruhigen.

Bewusster Essen kann Magen und Darm beruhigen

Ein Grund für die zunehmenden Magen-Darm-Probleme kann auch die sich verändernde Esskultur sein. „Manchmal bringt es bei Menschen mit einem Reizdarm schon eine Veränderung, wenn sie bewusster essen“, hat Rosita Harder festgestellt.

Wer schnell isst, der schluckt auch viel Luft, und das kann zu Blähungen führen. Außerdem setzt das Sättigungsgefühl erst nach 15 bis 20 Minuten ein. Wer also schneller isst, der isst meistens auch mehr.

Und wer langsamer isst und häufiger kaut, der speichelt sein Essen schon im Mund besser ein und, das erleichtert Magen und Darm die Weiterverarbeitung.

Kleine Auszeiten helfen bei zu viel Stress

Auch aktiv gegen Stress vorzugehen, kann Probleme mit dem Bauch lindern. Sich Auszeiten nehmen, lesen oder malen, aber auch sich regelmäßig zu bewegen, mit dem Fahrrad loszufahren oder zu wandern, kann helfen Stress abzubauen und Anspannungen loszuwerden. „Jeder sollte seinen individuellen Weg finden, um zu mehr innerer Ruhe zu gelangen. Einige brauchen die regelmäßige Bewegung, anderen hilft zum Beispiel progressive Muskelentspannung“, hat Rosita Harder festgestellt.

Haferflocken zum Frühstück tun dem Mikrobiom gut

Und wer seinem Mikrobiom die nötigen Ballaststoffe zuführen will, der kann den Tag mit Haferflocken beginnen. Dafür werden morgens 4 Esslöffel zarte Haferflocken entweder mit 4 Esslöffeln Naturjoghurt, 4-5 Esslöffeln Milch und 1 Teelöffel Leinöl gemischt, oder mit 6 Esslöffeln Milch und 6 Esslöffeln Wasser kurz aufgekocht. Das Gemisch abkühlen lassen, dann wird 1 Teelöffel Leinöl untergemischt. Blaubeeren, geschnittener Apfel, Birne, oder anderes Obst dazu und fertig ist das sättigende und gesunde Frühstück.

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