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Eis aus Weidemilch

T„Weideliebe“: Wie Tomma Witting ihren Traum in die Tat umsetzt

Auch ihr eineinhalbjähriger Sohn Hugo ist bereits in die Produktion eingebunden - als Produkttester sichert er die Qualität des hergestellten Eises.

Auch ihr eineinhalbjähriger Sohn Hugo ist bereits in die Produktion eingebunden - als Produkttester sichert er die Qualität des hergestellten Eises. Foto: Vogt

„Weideliebe“ hat Tomma Witting ihre Eismarke genannt - als Hinweis auf die Herkunft der Milch von den grünen Weiden der Wesermarsch. Wie sie ihren Plan in kleinen Schritten umsetzte.

Von Andrea Vogt Samstag, 21.06.2025, 07:50 Uhr

Oldenbrok. Die 28-jährige Hauswirtschafterin hat schon lange von der Direktvermarktung der Milch vom elterlichen Hof geträumt. Im Studium kam ihr die Idee zur Produktion des eigenen Eises. So hat sie mit vielen kleinen Schritten ihre Pläne in die Tat umgesetzt.

Es gibt Weidemilch, Weidebutter, Weidekäse - und jetzt auch Weideeis: Die 28-jährige Tomma Witting aus Oldenbrok (Gemeinde Ovelgönne) hat den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und bietet seit April unter dem Label „Weideliebe“ selbst hergestelltes Eis aus Milch vom familieneigenen Hof an. Vanille, Haselnuss, Schokolade, Konfetti und sogar Spaghetti-Eis sind im Sortiment - und ein rein pflanzliches Mango-Sorbet, denn auch Menschen, die Milch nicht vertragen oder nicht mögen, sollen nicht unversorgt bleiben.

Hygiene-Vorschriften sind sehr streng

Mit der eigenen Eismarke hat sich Tomma Witting einen Traum erfüllt. Direktvermarktung - darauf hatte sie immer schon Lust. Für einen Milchviehbetrieb wie den ihrer Eltern Meindert und Antje und ihres Bruders Renke Witting ist das aber gar nicht so einfach umzusetzen: Frische Milch kann nicht lange gelagert werden, sondern muss schnell weiterverarbeitet und vermarktet werden.

Schon die Hygiene-Vorschriften für die Verarbeitung von Milch sind enorm hoch, vom Aufwand für Werbung und Verkauf ganz zu schweigen. In der Regel liefern die Bauernhöfe in der Wesermarsch daher ihre Milch an eine Molkerei; nur eine Handvoll Betriebe bietet eine Milchtankstelle oder Käse aus der hofeigenen Milch an.

Aber auch kleine Schritte führen zum Ziel. Für Tomma Witting waren das eine Ausbildung als Hauswirtschafterin und anschließend ein Studium „Wirtschaftsingenieurwesen Lebensmittel und Agrar“ in Osnabrück. Dort hatte sie beim Fernsehen die zündende Idee: In der „Sendung mit der Maus“ lief ein Film, wie aus Milch und Eiern Eis hergestellt werden kann.

„Das könnte es sein“, hat sie gedacht und die Corona-Jahre genutzt, um mit den ersten Kreationen zu experimentieren. Die Idee wuchs immer weiter - bis sie sogar zum Thema ihrer Bachelorarbeit wurde: „Betriebswirtschaftliche Analyse und wirtschaftliche Beurteilung einer Direktvermarktung von Speiseeis für den Betrieb Witting GbR“.

Damit war klar: Träume brauchen nicht nur Zeit für die Verwirklichung, sondern auch Geld. Tomma Witting suchte sich eine Stelle in der Verwaltung und gründete parallel eine Familie: 2023 kam ihr Sohn Hugo zur Welt. An ihrer eigenen Eismarke arbeitete sie weiter.

Ihr Freund Nils hat ihr auf dem Betrieb ihrer Eltern mit einer Zwischenwand einen Bereich der Milchkammer abgetrennt. Sie investierte ihre kompletten Ersparnisse und richtete sich mit zwei Kühlschränken, drei Spülbecken, Arbeitsflächen und einer Eismaschine auf 20 Quadratmetern ihr Eis-Labor ein.

„Die größte Herausforderung war für mich die Bürokratie“, stöhnt sie. „Und das Finanzielle - bei Eis ist es schwierig, klein anzufangen. Eine neue Maschine geht los bei 40.000 Euro.“

180 Becher à 160 Milliliter schafft sie in drei Stunden

Zunächst ist jetzt ein gebrauchtes Exemplar ins Labor eingezogen, was sowohl pasteurisieren als auch Eis herstellen kann - zehn Liter in 20 Minuten. Die Milch kommt direkt von nebenan aus dem Milchtank des elterlichen Betriebs. Zwei Nachmittage pro Woche sind bei Tomma Witting reserviert für die Produktion.

180 Becher à 160 Milliliter schafft sie in drei Stunden. Wichtig ist ihr die Qualität: Neben den Grundzutaten Milch, Sahne, Zucker, Vanilleschote und etwas Verdickungsmittel verwendet sie nur Früchte, Schokolade und Nüsse, nach Möglichkeit regional eingekauft. Heidelbeeren möchte sie in der Saison aus der Nachbarschaft in Hammelwarder Außendeich beziehen, bei Erdbeeren ist sie in Kontakt mit einem Oldenburger Erzeuger.

Zu kaufen gibt es die kleinen Becher jeden zweiten Freitagnachmittag bei ihr im heimischen Garten an der Hamelstraße in Oldenbrok - „mein Werksverkauf“, sagt sie scherzhaft. Erinnerungen werden wach an das Milchwerk in Strückhausen, wo - fast in Sichtweite ihres Hauses - bis zum Jahr 2010 das legendäre Botterbloom-Eis hergestellt wurde.

Zusätzlich soll ein Verkaufsschrank am Hof aufgestellt werden, damit vorbeikommende Fahrradfahrer sich selbst bedienen können. Außerdem bietet Tomma Witting Eis-Catering bei Hochzeiten, Geburtstagen oder anderen Festen an. Bei diesen Events packt die komplette Großfamilie mit an, wie es in der Landwirtschaft immer noch üblich ist - die Eltern, die drei Geschwister, ihr Freund und ihre Schwiegermutter in spe.

Eisproduktion soll sich auch finanziell lohnen

Und was kommt als Nächstes? „Ich habe schon einige Anfragen von Läden bekommen. Aber um das Eis über Dritte anzubieten, bräuchte ich eine EU-Zertifizierung, und das ist wieder mit viel Bürokratie verbunden“, blickt sie vorsichtig in die Zukunft. Und auch für Tomma Witting hat der Tag nur 24 Stunden, schließlich gibt es noch die Familie und den Halbtagsjob im Büro.

Vorerst möchte sie abwarten, wie sich alles entwickelt, aber langfristig soll sich die Eisproduktion auch finanziell lohnen. Schließlich liegt der Masterplan dafür - in Form ihrer Bachelorarbeit - bereits in der Schublade.

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