T„Werden Euch schlachten und das Blut der Heimat übergeben“

Wegen Bedrohung mussten sich zwei Männer vor dem Amtsgericht Otterndorf verantworten. Foto: dpa
Sie hatten Angst um ihr Leben. Etliche Mitglieder einer Großfamilie hatten das Haus einer vierköpfigen Familie belagert. Zwei Männer äußerten Tötungsabsichten.
Otterndorf. Tumultartige Szenen müssen sich im Frühsommer vor einem Jahr abgespielt haben. Schlussendlich waren es wohl um die 40 Personen einer Großfamilie, die vor der Tür, auf der Treppe und sogar in der Wohnung der vierköpfigen Familie, ebenfalls mit Migrationshintergrund, versammelt hatten. Und es soll im Zuge der Auseinandersetzung zu massiven verbalen Bedrohungen gegen das Ehepaar und ihre beiden Söhne im Teenageralter gekommen sein.
Es sollen Worte gefallen sein wie: „Wir werden Euch schlachten und töten und das Blut der Heimat übergeben.“ Sie waren jedenfalls Gegenstand eines Gerichtsverfahrens vor dem Amtsgericht Otterndorf, das sich gegen zwei Männer dieser Großfamilie richtete, die einen Strafbefehl nicht akzeptieren wollten.
Beide miteinander verwandte Angeklagte - einer Ende 30, sein Vetter Anfang 40 Jahre alt und beide mehrfache Familienväter - beteuerten vor Gericht ihre Unschuld. Sie hätten die Bedrohungen nicht ausgesprochen - schon gar nicht vor Kindern. Doch weder Staatsanwalt noch Richterin fanden dies glaubhaft.
Wertsachen in Verwahrung genommen
Was war geschehen? Der Familienvater hatte zuvor Geld und Gold zwecks Aufbewahrung von einem Mitglied der Großfamilie übernommen. Weil die Gründe für die Verwahrung nicht Gegenstand der Gerichtsverhandlung waren, kann darüber nur spekuliert werden. Fakt ist aber: Die Wertsachen waren auf plötzlich weg. Im Raum stand ein Einbruch in die Wohnung der vierköpfigen Familie. Das Verschwinden des Bündels wurde der Polizei angezeigt.
Das Fehlen der Wertgegenstände erzeugte Aufruhr. Es rief zahlreiche Mitglieder der verzweigten Sippe auf den Plan und ließ sie beim Wohnhaus aufmarschieren sowie die Wohnung durchsuchen. Ganz offensichtlich hegte man Zweifel an dem Diebstahl.
Im Laufe des besagten Abends ging es darum, entweder die Wertgegenstände zurückzugeben oder dafür zu zahlen. In diesem Zusammenhang wurden auch die Bedrohungen von den beiden Familienmitgliedern ausgesprochen. Wie die beiden Söhne und die Ehefrau als Zeugen einhellig versicherten, fielen bei dieser Auseinandersetzung im Wohnzimmer vor acht bis neun Mitglieder der Großfamilie die Begriffe töten und köpfen oder schlachten mit entsprechender Gestik durch die beiden Angeklagten. Die Frau und ihre beiden Söhne verdeutlichten vor Gericht, dass sie Angst gehabt hätten.
Aus Angst zurück in den Irak gegangen
Der Familienvater hatte die Bedrohung bei der Polizei angezeigt. Weil er und seine Familie sich im Anschluss von der Großfamilie weiterhin bedrängt fühlten, seien sie aus Angst zurück in den Irak gegangen. Doch die beiden Söhne hätten Heimweh gehabt, daher sei sie mit ihnen zurückgekehrt, ohne dass ihr Mann Kenntnis davon hatte, schilderte die Frau. Aufgrund des Vorfalls sei es zuvor zwischen den Eheleuten zur Trennung gekommen und sie lebe mittlerweile in Scheidung. Sie sei seinerzeit nicht einverstanden gewesen, dass ihr Mann „das Ding“, wie sie es unspezifiziert nannte, zur Aufbewahrung hatte, hätte aber schwören müssen, es nicht zu öffnen.
Der Familienvater konnte nicht gehört werden, da er sich nach Kenntnis des Gerichts nicht in Deutschland aufhält und man, so die Richterin, es zu keinen diplomatischen Verwicklungen mit dem Irak kommen lassen wolle. Der Verteidiger plädierte auf Freispruch, weil der Hauptbelastungszeuge nicht gehört wurde und er die Aussagen der Mutter und ihrer beiden Söhne als Narrativ innerhalb der Familie hielt, zumal einer der Söhne gegenüber der Polizei als Übersetzer fungierte. Für seinen Mandanten spreche zudem, dass belastende Videos und SMS nicht vorgelegt werden konnten, weil sie schlichtweg nicht existieren würden.
Die Amtsrichterin folgte in ihrem Urteil der Staatsanwaltschaft, die beide Angeklagte für Bedrohung in vier zusammenhängenden Fällen für schuldig hielt. Der ältere von beiden, der ohne Vorstrafenregister ist, soll 45 Tagessätze à 50 Euro zahlen, sein von Bürgergeld lebender Verwandter, der drei Registereinträge hat, wurde zu 60 Tagessätzen à 15 Euro verurteilt. Gegen das Urteil können Rechtsmittel eingelegt werden.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erscheint in Kooperation mit den Cuxhavener Nachrichten.