TWie Hans und Erika das Oktoberfest in Amerika groß rausbrachten

Hans und Erika Bandows (Mitte) brachten einst das Oktoberfest an den Big Bear Lake - und richteten es über Jahrzehnte selbst aus. Foto: Richard Millener
Vor 53 Jahren schmiss Hans Bandows als Auswanderer sein erstes Oktoberfest in Kalifornien. Der riesige Erfolg war damals nicht abzusehen. Doch er überwand alle Widrigkeiten - und seine Familie begeistert heute Tausende Amerikaner.
USA. An neun Wochenenden im Jahr verwandelt sich der kalifornische Big Bear Lake zu einer Hochburg für süddeutsche Gepflogenheiten. Der amerikanische Ort rund 160 Kilometer östlich von Los Angeles, benannt nach dem neun Quadratkilometer großen See, an dem er liegt, zählt gut 5000 Einwohner. Von September bis Anfang November strömen allerdings Amerikaner aus dem ganz Kalifornien dorthin. Und viele von ihnen tragen Dirndl oder Lederhose. Der Grund: Vor 53 Jahren brachten der Deutsche Hans Bandows und seine Frau Erika das Oktoberfest in den Ort.
„Als wir angefingen, hätten wir nie gedacht, dass das mal 53 Jahre geht“, sagt Hans Bandows. Eigentlich begann das Oktoberfest als kleine Veranstaltung für neue Nachbarn, Freunde und Kollegen, wie Hans Bandows heute sagt. Denn der Start des Paares in der Gastronomie auf dem neuen Kontinent verlief keineswegs reibungslos.
Von Ostpreußen über Norddeutschland nach New York
Der 87-Jährige wurde in Ostpreußen geboren. Als er neun Jahre alt war, flüchteten seine Eltern nach Abbenseth bei Bremervörde. Später begann Hans Bandows eine Ausbildung als Molkerist in Tostedt. „Und in Buxtehude war ich zum Tanz“, erinnert sich Bandows an seine Zeit in Deutschland. Noch heute erwähnt er bei seinen Sprachfähigkeiten „Plattdeutsch“. Doch seine Eltern hielt es nicht in Norddeutschland: Kurz bevor er volljährig wurde, beschlossen sie, nach New York auszuwandern, erzählt er.
In der Millionen-Metropole lernte er seine spätere Frau Erika kennen, sie kam aus dem bayrischen Schweinfurt. Zwölf Jahre lebte das Paar in New York, ihre erste Tochter Monica kam dort zur Welt. „Aber ich hatte die Nase voll von der Großstadt“, sagt Hans Bandows und lacht. Er wählte den Kontrast: Im kleinen Örtchen Big Bear Lake, umgeben von Wald und Bergen, kaufte die Familie eine Lodge, also eine Art Ferienanlage.
Region rund um das Hotel war im Herbst ausgestorben
Der Start in dem Hotel mit Zimmern und Ferienhäusern lief holprig: „Zwei Wochen, nachdem wir aufgemacht hatten, sind wir erst mal zwei Meter hoch eingeschneit“, erinnert sich Hans Bandows. Schnell stellte sich außerdem heraus: Die Touristengegend wird nur im Winter und Sommer gut besucht. „Im Herbst war es tot.“ Hans Bandows kam eine Idee. „Vielleicht kommen die Leute, wenn wir eine Party geben.“

Hans und Erika Bandows mit ihren Töchtern Janet und Monica. Foto: privat
Er sollte recht behalten. Das erste Oktoberfest 1971 schmiss er für Freunde und Kollegen. Er lud die Handelskammer ein, sogar das deutsche Konsulat habe einen Vertreter schickt. „Im ersten Jahr haben wir 3000 Dollar verloren“, sagt Hans Bandows. Doch die Idee fand Anklang - und Jahr für Jahr wurde der Ort bekannter für sein deutsches Fest.
Reibungslos lief es trotzdem noch nicht. Der Ort in Kalifornien ist im Winter bekannt für sein Skigebiet. Das Bierzelt stand im Herbst mitten auf der Piste. „Den Leuten war es da drin zu kalt, die Kapellen und Tanzgruppen wollten irgendwann nicht mehr kommen.“ Also schloss sich der Gastronom mit vier anderen Unternehmern zusammen - und sie bauten dem Fest eine Halle.
Wie Hans Bandows „Bürgermeister“ wurde
Hans Bandows behielt die Leitung des Festes. Er stach die Bierfässer an, sang auf der Bühne die alten Lieder mit, war immer präsent. „Daher kam irgendwann der Spitzname Bürgermeister.“ Seine Frau Erika sorgte in der Küche für typisch bayrisches Essen. Die Bandows orientierten sich am Münchener Oktoberfest, das immer circa 16 Tage lang geht. In Big Bear Lake verteilten sie die Tage auf neun Wochenenden. „Es hat sich rumgesprochen, die Leute kamen irgendwann aus Las Vegas oder San Diego angereist.“ Andere Veranstalter in der Umgebung hätten inzwischen aufgegeben, doch in Big Bear Lake hielt sich die Tradition.

Der "Chickendance" oder zu deutsch Ententanz ist in Amerika besonders populär. Foto: privat
Das Konzept des Oktoberfests war den Amerikanern auch vor 50 Jahren nicht fremd, erinnert sich Hans Bandows. Viele Soldaten kannten die Feierlichkeiten von ihrem Einsatz in Deutschland. „Die Leute lieben Bier und Tanzen.“ Lederhosen und Dirndl sieht man an den Wochenenden inzwischen immer häufiger. Besonders beliebt bei den Amerikanern: der Ententanz. „Sie sagten damals zu mir: Guck mal Hans, was die in Deutschland für einen lustigen Tanz machen.“ Damit in der Übersetzung nichts verloren geht, wurde aus dem Ententanz der „Chickendance“ - und der wird bis heute in Big Bear Lake gefeiert.
Kapellen reisen aus Deutschland an
Hans Bandows nutzte seine Kontakte nach Deutschland, um Kapellen und Tanzgruppen von dort zu gewinnen. Die waren in Amerika besonders zu Beginn eine Rarität. „Manche Veranstalter nahmen einfach polnische Kapellen.“ Der Gastronom hatte bei seiner Auswahl ein klares Kriterium: Zehn-Stunden-Auftritte dürfen in Big Bear Lake kein Problem sein. Inzwischen gehört eine Band zum Repertoire, die auch im Landkreis Stade bestens bekannt ist: Der Aalbachtal Express tritt seit über zehn Jahren beim Oktoberfest in Revenahe-Kammerbusch auf. In diesem Jahr ging es kurz darauf in den Flieger in die USA. Mit im Gepäck: viel deutsche Partystimmung für Big Bear Lake.

Immer mehr Amerikaner kommen in Trachten zum Fest am Big Bear Lake. Foto: privat
Bis zur 45. Ausgabe des Fests mischte Hans Bandows noch mit. Aus gesundheitlichen Gründen musste der heute 87-Jährige dann aber aus den Bergen wegziehen. Seine Frau Erika ist inzwischen verstorben. Doch eine Sache macht den „Bürgermeister“ von Big Bear Lake besonders stolz: Seine Idee bleibt in Familienhand. Als seine Partner die Anteile an der Halle verkaufen wollten, übernahmen Tochter Monica und ihr Mann. Seine Tochter sei mit dem Oktoberfest aufgewachsen - und so geht es auch seiner Enkelin Hanna. „Sie ist jetzt 16 und könnte das Oktoberfest schon schmeißen“, sagt Hans Bandows und ist froh, dass das Fest erhalten bleibt.