TWie Silvie Vincon aus einem bissigen Schulpferd ein zahmes Dressur-Ass machte

Reiterin Silvie Vincon und Stute Phönix sind mittlerweile ein unzertrennliches Team. Foto: Overschmidt
Phönix sollte als Schulpferd dienen, doch ihr Start auf dem Hof Fehrmoor war alles andere als einfach. Mittlerweile ist Phönix sogar ein Dressur-Pferd. Durch viel „Liebe, Zeit und Arbeit“ mit Reiterin Silvie Vincon und Besitzerin Mirjam Dietze.
Bremerhaven. Seit drei Jahren gehört Mirjam Dietze der Hof Fehrmoor in Bremerhaven. Schnell fand auch Stute Phönix den Weg zu ihr und sollte als Lehrpferd dienen. Das Pferd habe vorher einem Mädchen gehört, ehe Dietze es bei einem Händler gekauft hat, sagt sie.
Die damals elfjährige Stute schien „lange nicht geritten“ worden zu sein, denn sie reagierte ablehnend auf alle, die es versuchten. „Sie hat getreten, gebissen und die Reiter abgeworfen“, erinnert sich Mirjam Dietze verzweifelt.
Also musste sie eine Entscheidung treffen: Phönix wieder verkaufen oder sich der Herausforderung stellen. Glücklicherweise entschied sie sich für Letzteres.

Hof- und Pferdebesitzerin Mirjam Dietze ist sehr stolz auf Silvie und Phönix. Foto: Overschmidt
Silvie und Phönix - keine Liebe auf den ersten Blick
„Mirjam hat eigentlich immer ein gutes Bauchgefühl, welches Pferd zu welchem Reiter passt“, sagt Reiterin Silvie Vincon lächelnd. Doch als Phönix ihr 2021 vorgestellt wurde, war sie alles andere als begeistert.
„Am Anfang wollte ich sie gar nicht“, sagt sie, wenn sie an das erste Treffen mit der Stute zurückdenkt. Die 17-Jährige übt den Reitsport seit zehn Jahren auf dem Hof Fehrmoor aus. „Phönix war am Anfang sehr zickig und störrisch“, sagt Silvie.
Am Anfang musste das Pferd von fortgeschrittenen Reitern eingegliedert werden; heute können bereits Anfänger auf ihr sitzen. „Sie musste erst mal lernen, dass wir Menschen ganz cool sein können“, so Mirjam Dietze verständnisvoll. Die 47-Jährige ist gelernte Pferdewirtin, Sohn Joschua Dietze selbst erfolgreicher Dressurreiter.

Silvie und Phönix kürzlich bei einem Turnier in Ganderkesee. Dort belegten sie in der Klasse L* den vierten Platz. Foto: Vincon
Nicht nur als Schulpferd geeignet
Schnell entwickelte Silvie eine Bindung zu der Stute. Sie investierte viel Liebe, Zeit und Arbeit in die Ausbildung mit ihr. Mit der Zeit wurde Phönix ruhiger und den Reitschülern gegenüber freundlicher.
Silvie erkannte, dass in Phönix mehr steckt als nur ein Schulpferd. Also setzte sie sich zum Ziel, das Pferd auch für die Dressur auszubilden. Hof- und Pferdebesitzerin Mirjam Dietze hat früher selbst Turniere bis zur Klasse M (Mittel) im Springen und Klasse S (Schwer) bei der Dressur bestritten. So konnte sie Silvie mit Wissen und Erfahrung unterstützen.
„Ich fand die Idee sehr unterstützenswert“, so Dietze. Gesagt, getan. Sechsmal die Woche ist Silvie auf dem Hof, trainiert mit Phönix in der Halle und auf dem Dressurplatz. Das hat natürlich auch seinen Preis. „Reitbeteiligung, Einzelstunden, Turniere, Ausrüstung - da kommen im Monat schon mal über 500 Euro zusammen“, so Silvie. Sie selbst gibt vor Ort Reitstunden, um sich etwas dazuzuverdienen. Außerdem unterstützen ihre Eltern sie.

Silvie und Phönix kürzlich bei einem Turnier in Ganderkesee. Dort belegten sie in der Klasse L* den vierten Platz. Foto: Vincon
Lange Verletzungspause für Phönix
Doch dann der Schock: Phönix hat eine Sehnenverletzung und lahmt. Über ein halbes Jahr dauert es, bis das Pferd wieder „einsatzbereit“ ist. In dieser Zeit führt Silvie Phönix im Schritt über asphaltierte Straßen - der harte Untergrund unterstützt die Heilung - und kümmert sich aufopferungsvoll - bis heute.
„Manchmal steht Silvie auch mit der Massagepistole bei ihr im Stall“, sagt Mirjam Dietze lachend. „Wenn es dem Pferd nicht gut geht, leidet auch der Reiter“, weiß Dietze.
Die liebevolle Behandlung zahlt sich aus. Im vergangenen Jahr konnten Silvie und Phönix ihr Dressur-Training wieder aufnehmen und ihre ersten Turniere bestreiten. Viele Schleifen in der A- (Anfänger) Dressur später sind sie mittlerweile auf L- (Leicht) Niveau angekommen.
„Diese Klasse gilt es nun zu sichern“, sagt Dietze. Wenn das geschafft ist, kommt die L**. Den größtmöglichen Erfolg mit Phönix sieht Besitzerin Mirjam Dietze bei der Klasse M. Das würde allerdings noch zwei bis drei Jahre Training erfordern, sagt sie.

Liebevoll bereitet Silvie Vincon Phönix auf das Training vor. Foto: Overschmidt
Stars auf dem Hof
Silvie und Phönix sind mittlerweile sogar kleine Stars auf dem Hof. Wenn sie trainieren, werden sie von vielen neugierigen Kinderaugen beobachtet. „Da sind Silvie und Phönix“ ist etwa in der Halle zu hören oder „Jaa Silvie ist da“, wenn sie mit dem Fahrrad am Stall ankommt. Silvies Ehrgeiz, Leidenschaft und Geduld seien ein Vorbild für die jüngeren Reiterinnen, sagt Dietze stolz.
„Ach, so ein Quatsch“ winkt die Langenerin bescheiden ab, während sie Phönix für das Training vorbereitet.
Vielseitig einsetzbar
Durch das jahrelange Training ist Phönix mittlerweile zu einem verlässlichen Lehrpferd geworden, das nicht nur von Silvie geritten wird. Als Springpferd für Kinder, an der Longe oder im Gelände - Phönix hat gelernt, Reiter nicht mehr als Feinde anzusehen.
Die 14-jährige Stute soll noch einige Jahre eingesetzt werden, „wenn sie gesund bleibt“, sagt Dietze. Ein Ende ist auch für Silvie nicht in Sicht. Sie möchte so lange wie möglich mit Phönix arbeiten, gerade haben sie sich für den Bremer Dressur Cup qualifiziert. Inzwischen ist Phönix „ein Ruhepol“ für sie. „Wenn ich auf ihr sitze, weiß ich, dass mir nichts passieren kann“, sagt Silvie lächelnd.