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Historie

TWie die EU vor 25 Jahren Butterfahrten ein jähes Ende setzte

Für viele Rentnerinnen und Rentner waren die Butterfahrten ein guter Grund, mal rauszukommen und einen fröhlichen Tag auf der Nordsee zu verbringen.

Für viele Rentnerinnen und Rentner waren die Butterfahrten ein guter Grund, mal rauszukommen und einen fröhlichen Tag auf der Nordsee zu verbringen. Foto: CN/NEZ-Archiv

Jahrzehntelang waren sie ein heiß geliebtes Freizeitvergnügen, vor allem für Rentner: die Butterfahrten vor Cuxhaven. Doch am 1. Juli 1999, vor 25 Jahren, war Schluss damit. Die EU setzte dem zollfreien Einkauf auf Nord- und Ostsee ein jähes Ende.

Von Jens-Christian Mangels Montag, 22.07.2024, 09:50 Uhr

Cuxhaven. Sie waren eine eingeschworene Gemeinschaft und trafen sich regelmäßig an Bord der Jan Cux, der Fair Lady oder der Seuten Deern. Bis zu 2500 Fahrgäste stachen täglich von Cuxhaven aus in See, um zollfrei einzukaufen.

Reeder wie Wolfgang Potratz, Adolf Lösch, Peter Ahlf und Cassen Eils sowie Bruno und Christian Detzkeit mit ihrer Jan-Cux-Flotte machten mit den Verkaufstouren glänzende Geschäfte.

Im Inneren der Schiffe gab es kleine Selbstbedienungsläden und Kiosk-Tresen, beliebt waren Tabak, Spirituosen und Parfüm sowie günstige Butter. Das Milchprodukt avancierte zur Namensgeberin der extrem billigen Fahrten.

Schnaps und Co. waren im Grunde nur Nebensache

Doch Zigaretten, Schnaps und Co. waren für echte Butterfahrer nur Nebensache. Ihnen ging es um die Geselligkeit und die Stimmung an Bord. Denn die meisten von ihnen waren Rentner, und die Butterfahrt war ein guter Grund, mal rauszukommen und einen fröhlichen Tag auf der Nordsee zu verbringen.

Die Senioren bezahlten eine Mark, nahmen ihre Stammplätze ein und holten die Spielkarten raus. Dazu flossen Rum, Grog oder der Kirschlikör Kirsberry. Butterfahrten waren die Kreuzfahrt des kleinen Mannes.

Besonders Unternehmungslustige fuhren mehrmals in der Woche hinaus, um den ganzen Tag für wenig Geld in geselliger Runde unterwegs zu sein. Die Schnäppchenjagd an Bord war nur eine Zugabe.

Natürlich waren diese Einkaufsausflüge auf dem Wasser bei der Konkurrenz an Land alles andere als gern gesehen. Und so wurden die Kritiker nicht müde, nach Möglichkeiten zu suchen, diesen Billigeinkauf zu unterbinden oder mindestens zu erschweren.

Schiffseigner in großer Sorge

Am 7. Juli 1981 kam es dann tatsächlich zu einem Gerichtsurteil auf europäischer Ebene. Der Europäische Gerichtshof entschied darin, dass die Abgabenfreiheit auf Nord- und Ostsee nicht mit dem EU-Recht vereinbar sei. Das sorgte für große Sorgen bei den Schiffseignern: Die Mehrzahl der Cuxhavener Reeder sehe einer ungewissen und düsteren Zukunft entgegen, hieß es im Herbst 1985 in den „Cuxhavener Nachrichten“, als über eine Demonstration auf der Jan Cux II berichtet wurde.

Immerhin: Mehrere Versuche, die Verkaufsfahrten komplett abzuschaffen, scheiterten an Protesten von Reedern, Busunternehmern, Gewerkschaften und Politikern.

1999 kam das endgültige Aus für die Butterfahrten

Doch am 30. Juni 1999 kam das endgültige Ende für die Butterfahrten. Zwar hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder noch versucht, den lange nahenden und doch so plötzlich hereinschneienden Nackenschlag doch noch irgendwie abzuwenden, doch nach dem Veto Dänemarks blieb es endgültig bei der Umsetzung der europäischen Richtlinie.

Der steuerfreie Wareneinkauf war somit ab dem 1. Juli 1999 verboten. Ein schwerer Schlag für all die, die von der Butterfahrt lebten - und ein Verlust für viele Rentner.

Lange Schlangen bildeten sich in den 1980er Jahren an den Verkaufstresen der Butterfahrtschiffe. Das ging so lange gut, bis die EU, damals noch Europäische Gemeinschaft, Einspruch erhob.

Lange Schlangen bildeten sich in den 1980er Jahren an den Verkaufstresen der Butterfahrtschiffe. Das ging so lange gut, bis die EU, damals noch Europäische Gemeinschaft, Einspruch erhob. Foto: CN/NEZ-Archiv

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