TWie eine Kanone den Strand auf Krautsand wieder herstellt
Aus der 80 Zentimeter großen Rohröffnung schießt die Sand-Wasser-Mischung auf den Krautsander Strand. Foto: Knappe
Die Strandaufspülung auf Krautsand ist gestartet. Bis Ende Oktober wird die Sandkanone den Strand wachsen lassen und den Schlick unter 600.000 Kubikmetern Sand begraben.
Krautsand. Der Krautsander Strand ist momentan Tabuzone. Betreten strengstens verboten. Bauzäune schirmen die Großbaustelle ab. Wo sonst Autos parken, steht jetzt ein kleines Dorf aus Baucontainern. Bereits vor Wochen suchte ein Kampfmittelräumdienst den Strand nach verborgenen Kampfmitteln aus dem Weltkrieg ab - auf Krautsand wurde nichts gefunden.
Niederländer arbeiten Tag und Nacht durch
Am Sonntagmorgen startete die weltweit tätige niederländische Spezialfirma Van Oord die Strandaufspülung. Die eingespielte Crew arbeitet im Schichtbetrieb, nonstop, Tag und Nacht. Bei Dunkelheit erhellen Scheinwerfer den Sand. Auf einer Länge von 2,3 Kilometern soll der Krautsander Strand um 1 bis 1,50 Meter in die Höhe wachsen und auf eine Breite bis zu 150 Meter. Dabei geht es nicht, wie 2022 bei der Strandaufspülung in Bassenfleth, um die Deichsicherung - der Krautsander Deich gilt als sicher.

Nach minutenlangem Manövrieren ist es geschafft: Die Schwimmleitung ist an der Vox Ariane angedockt. Gleich werden 7500 Kubikmeter Sand und Wasser durch die Schwimmleitung in die Rohre und auf den Krautsander Strand gepumpt. Foto: Knappe
Das Ziel ist es, die Krautsander Uferlinie von 2009 zu sichern, dazu hat sich das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Elbe-Nordsee (WSA) in einem Vertrag mit dem Deichverband Kehdingen-Oste verpflichtet. Die Uferlinie hat sich in den vergangenen Jahren unbestritten verschoben, auf dem Strandabschnitt in Höhe des Pappelwäldchens klafft eine scharfe Abbruchkante. Bei Hochwasser nagen die Wellen bereits an der Baumgrenze.
Die Vox Ariane ist weltweit im Einsatz
Das 2021 erbaute Laderaum-Saugbaggerschiff Vox Ariane ist 137 Meter lang und weltweit im Einsatz. Es saugt den Sand mehrmals täglich aus fünf Baggerfeldern in Scheelenkuhlen, Wischhafen, Steindeich, Freiburg und Pagensand in ihren Laderaum und transportiert ihn dann nach Krautsand: schwer beladen mit jeweils 7500 Kubikmeter Sand-Wasser-Gemisch.
Unbelasteter Sand für den Strand
Für die Strandaufspülung wird nur grober Sand genutzt. „Wir nehmen den aus 20 Metern Tiefe aus der Fahrrinne der Elbe. Da ist der Sand unbelastet“, erläutert Fachgebietsleiter Jörg Fräsdorf vom zuständigen Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Elbe-Nordsee (WSA). Schadstoffe könnten sich nur an feinen Materialien anlagern, sagt er.

Wie eine dicke Schlange liegt die Leitung, durch die das Wasser-Sand-Gemisch schießt, auf dem Krautsander Hundestrand und führt schließlich als 870 Meter lange Schwimmleitung zur Vox Ariane. Foto: Knappe
Am zweiten Spültag holt die Vox Ariane den Sand aus Wischhafen. Kurz nach 14 Uhr ist sie in Sichtweite. Sie bleibt auf der Elbe liegen. Ein Schlepper reicht der Vox Ariane das eine Ende der 870 Meter langen Schwimmleitung an, die wie eine Riesenschlange in Wellenform auf dem Wasser liegt. Die mit Schwimmkörpern versehene Leitung hat die Crew in den Tagen zuvor im Ruthenstrom zusammengebaut - weil dort das Wasser ruhiger ist.
Kurz nach 15 Uhr ist die Schwimmleitung mit der Vox Ariane verbunden. Am Hundestrand geht die Leitung in eine Leitung aus 12-Meter-Stahlrohren über. Da, wo das letzte Stahlrohr auf dem Sand liegt, röhrt ein Bagger, greift mit seiner mannshohen zahnbewehrten Schaufel behutsam nach dem Rohr, um es ein wenig anzuheben.
Um 15.18 Uhr schießt eine graubraune Masse aus dem 80 Zentimeter großen Querschnitt des letzten Stahlrohrs. Mehrere Meter weit schießt das Sand-Wasser-Gemisch ins Wasser, wilde Wirbel bilden sich. Gut eine Stunde wird es dauern, bis die Vox Ariane die schwere Ladung, 7500 Kubikmeter, aus ihrem Bauch gepumpt hat.
Während die Sandkanone arbeitet, räumt der Bagger Sand beiseite, graubraune Schlammfontänen gischten mehrere Meter hoch in den Himmel. Eine Planierraupe rangiert mit dröhnendem Motor im Wasser, verschiebt die ankommenden Sandmengen. GPS-Technik hilft, damit der Sand dem Strandprofil entsprechend verschoben wird.
Arbeiten am Strand dauern etwa einen Monat
Bauleiter Robert Verwijs von Van Oord ist zufrieden: Am Nachmittag des zweiten Spültags seien bereits 50.000 bis 60.000 Kubikmeter aufgespült, sagt er. 600.000 Kubikmeter sollen es werden. Zunächst wird in Höhe Hundestrand Richtung elbabwärts aufgespült, dann werden die Leitungen in die andere Richtung umgelegt und auf mehr als einen Kilometer Länge verlängert.

Während der Spülvorgang läuft, docken Baggerfahrer und Planierraupenfahrer in eingespieltem Teamwork ein weiteres Rohrstück an die Spülleitung an. Foto: Knappe
Bauleiter Sven Früchtenicht vom WSA rechnet mit einer reinen Aufspülzeit von drei bis vier Wochen. Sind die Bauzäune abgebaut, ist der neue Sandstrand sofort begehbar. Lange hatten die Krautsander auf die Strandaufspülung gewartet - die letzte war 2004. Seitdem war, bedingt vor allem durch die Elbvertiefung, der Strand immer stärker verschlickt. Das hatte Folgen.
Freude über das Ende der Schlickzeit
Strandgäste versanken bis zu den Knien im Schlick. Claus Fastert, Vorsitzender der DLRG-Ortsgruppe Drochtersen, freut sich: Er rechnet damit, dass künftig wieder mehr Urlauber kommen. Und die DLRGler werden wieder schneller mit den leichten Rettungsbooten an der Wasserkante sein, wenn sie diese nicht mehr durch den Schlick tragen müssen. Die Aufspülung werde „auf jeden Fall eine erhebliche Aufwertung für Krautsand bedeuten. Wir freuen uns“, sagt Hotelier und Investor Rigo Gooßen.
Krautsand - ein Eldorado für Bernsteinsucher
Wie schon 2004 könnte Krautsand nach der Aufspülung wieder zu einem kleinen Eldorado für Bernsteinsucher werden: Der Sand aus der Tiefe der Fahrrinne könne durchaus viele kleine Bernsteinstücke enthalten, sagt Jörg Fräsdorf vom WSA. Die Strandaufspülung werde voraussichtlich wieder etwa 20 Jahre vorhalten.
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