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Familienbetrieb

TWohnmobilhändler aus der Region insolvent – Kein Einzelfall

Das Firmengelände von Klinke Caravaning in Loxstedt-Stotel.

Das Firmengelände von Klinke Caravaning in Loxstedt-Stotel. Foto: Polgesek

Den Familienbetrieb im Landkreis Cuxhaven gibt es seit 1957. Jetzt ist das Unternehmen nach den Camping-Boom-Jahren in finanzielle Schieflage geraten.

Von Maike Wessolowski Freitag, 22.11.2024, 05:00 Uhr

Loxstedt. Die Klinke Caravaning GmbH aus Loxstedt-Stotel hat einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Der Groß- und Einzelhandel mit Caravans, Reisemobilen und Kraftfahrzeugen sowie Werkstatt und Vermietung spürt den rauen Wind, der die Branche erfasst hat. Das sind die Folgen.

Das Loxstedter Unternehmen hat einen Insolvenzantrag gestellt. Geschäftsführer Christian Klinke übergibt damit die Geschäftsführung an den vom zuständigen Gericht in Cuxhaven bestellten vorläufigen Insolvenzverwalter.

Das ist Rechtsanwalt Dr. Hans-Joachim Berner, Partner der Kanzlei Willmerköster aus Verden. Er ist vorläufiger Insolvenzverwalter und wird sich nun einen Überblick über die Finanzlage des Unternehmens verschaffen. Die Kanzlei zählt sich selbst zu den „leistungsstärksten Insolvenzkanzleien in Deutschland“.

Familienunternehmen mit 16 Millionen Euro Jahresumsatz

Klinke Caravaning GmbH beschäftigt derzeit 66 Beschäftigte und verzeichnete zuletzt einen Jahresumsatz von über 16 Millionen Euro. Das seit 1957 bestehende Familienunternehmen hat sich nach den ersten Jahrzehnten als Autohaus auf den Service für Pkw und Verkauf, Vermietung und den Service von Wohnmobilen, Wohnwagen und Kastenwagen spezialisiert.

Klinke Caravaning bietet auf dem Firmengelände in Stotel eine Auswahl von über 150 Fahrzeugen an, darunter Wohnmobile, Wohnwagen und Kastenwagen von Knaus und Weinsberg sowie gebrauchte Reisefahrzeuge und Pkw.

Doch nachdem die Camping-Branche in den Corona-Jahren boomte, wurde der Wind nun rauer. Hersteller hatten bereits im Sommer Kurzarbeit angemeldet, ein ähnlich großes Caravan-Haus aus Schleswig-Holstein hat vor wenigen Tagen ebenfalls Insolvenz angemeldet.

Grund für die finanzielle Schieflage ist die Marktsituation

Und in der Tat gibt der Insolvenzverwalter als Grund für die finanzielle Schieflage bei der Klinke Caravaning GmbH „die schwierige Marktsituation in der Caravanbranche und im gesamten Automobilsektor“ an.

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Die Nachfrage gehe stark zurück, ein hohes Überangebot stehe dem gegenüber. „Letztlich ließen sich die Belastungen bei gleichzeitig gestiegenen Kosten nicht länger kompensieren“, teilt der Insolvenzverwalter mit. Zudem habe man laufende Gespräche zu Anschlussfinanzierungen nicht in der erforderlichen Zeit zum Abschluss bringen können.

Löhne und Gehälter sind bis Januar 2025 gesichert

Die Beschäftigten wurden in einer Mitarbeiterversammlung informiert. Der Geschäftsbetrieb bei Klinke Caravaning wird zunächst fortgeführt. Löhne und Gehälter sind bis einschließlich Januar 2025 gesichert.

Parallel spreche man potenzielle neue Investoren an. Der vorläufige Insolvenzverwalter erklärt in einer ersten Stellungnahme: „Die Automobil- und Caravanbranche durchläuft schwierige Zeiten mit drastischen Umbrüchen. Diesen Entwicklungen konnte sich Klinke Caravaning, wie viele andere mittelständische Unternehmen der Branche auch, nicht entziehen.“

Die Verantwortlichen im Unternehmen hätten sich lange gegen die Krise gestemmt. Letztlich seien die Belastungen aber in Summe zu groß, um diese dauerhaft kompensieren zu können.

In den kommenden Tagen und Wochen will Berner prüfen, ob Perspektiven für eine Sanierung bestehen.

  • Zahl der Firmenpleiten steigt weiter zweistellig

Die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland steigt weiter zweistellig. Auch im Oktober haben deutlich mehr Unternehmen Insolvenz angemeldet als ein Jahr zuvor. Das Statistische Bundesamt registrierte anhand vorläufiger Daten einen Anstieg der angemeldeten Verfahren um 22,9 Prozent im Vergleich zum Oktober 2023.

Ob diese Fälle von den Insolvenzgerichten tatsächlich so weit gebracht werden, dass sie dann in die amtliche Statistik eingehen, ist noch offen. Der Trend jedoch zeigt seit Monaten nach oben: Mit Ausnahme des Juni 2024 liegt die Zuwachsrate bei den Insolvenzanmeldungen seit Juni 2023 im zweistelligen Bereich.

„Die derzeitige Insolvenzwelle ist das Ergebnis eines perfekten Sturms aus langanhaltender konjunktureller Schwäche und drastisch gestiegenen Kosten“, meint IWH-Forscher Steffen Müller. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) berichtet in seiner jüngsten monatlichen Analyse zur Entwicklung der Insolvenzzahlen von einem sprunghaften Anstieg der Pleitezahlen im Oktober auf 1530 Fälle. Zum letzten Mal seien in dem Monat im Jahr 2004 mehr Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften registriert worden.

Experten hatten nach dem Auslaufen der Corona-Sonderregelungen mit einem Anstieg der Firmenpleiten in Deutschland auf etwa 20.000 Fälle im laufenden Jahr gerechnet. Im Gesamtjahr 2023 hatte das Statistische Bundesamt 17.814 Firmenpleiten gezählt. Das war trotz eines Anstiegs um gut ein Fünftel ein vergleichsweise niedriger Wert im langjährigen Vergleich: Im Jahr 2009 während der Finanz- und Wirtschaftskrise waren fast 33.000 Unternehmen hierzulande in die Zahlungsunfähigkeit gerutscht. (dpa)

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