TWolfsriss in Mulsum: So reagieren Pferdehalter in der Region
So sieht ein für die Pferdehaltung geeigneter Herdenschutzzaun aus. Foto: Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Nachdem Wölfe ein Pferd in Mulsum gerissen haben, sind Pferdehalter vor Ort alarmiert. Für sie ist es allerdings schwierig, Förderung für einen Schutzzaun zu erhalten. Warum?
Fredenbeck. „Verursacher: Wolf“, lautete das eindeutige Urteil des Rissbegutachters in der vergangenen Woche in Mulsum. Die Tötung eines jungen Wallachs war der erste Wolfsriss eines Pferdes im Landkreis Stade. Pferdehalter und Zuchtbetriebe machen sich seitdem vermehrt Sorgen um die Sicherheit ihrer Tiere.
Noch bevor die genommenen DNA-Spuren ausgewertet werden konnten, war sicher, dass der dreijährige Hannoveraner in der Nacht von Donnerstag auf Freitag durch ein Wolfsrudel gerissen worden war.
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„Das Tier wies Biss- und Fraßspuren auf, wie sie für Wolfsübergriffe typisch sind“, erklärt Wolfgang Ehrecke, Pressesprecher der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Es seien zudem Trittsiegel von mehreren Wölfen gefunden worden.
Pferdehalter hat gute Chance auf Förderung
Dietrich Bargsten, dessen Wallach getötet wurde, hat seine zehn Jungtiere nach dem Vorfall in den Stall geholt. Dorthin sollten sie in den kommenden Wochen ohnehin gebracht werden. Seine Gedanken waren kurz nach dem Angriff schon bei der Sicherheit der übrigen Tiere: „Ich werde mich über Förderungen für einen wolfssicheren Zaun informieren“, so Bargsten im Gespräch mit dem TAGEBLATT. Auf eine solche hat er gute Chancen.

Dietrich Bargsten neben einem seiner Zuchtpferde, das kürzlich von Wölfen gerissen wurde. Foto: Meyer
Pferdehalter wie Bargsten, die direkt von einem Wolfsübergriff betroffen sind, haben die Möglichkeit, eine Förderung zu bekommen. „In den meisten Fällen geht es bei der Förderung um Herdenschutzzäune“, erklärt Ehrecke. Herdenschutzhunde seien seltener gefragt. Für einen entsprechenden Zaun können bis zu 100 Prozent der Materialkosten, aber maximal 30.000 Euro pro Jahr übernommen werden.
Direkt betroffene Pferdehalter haben nach einem Wolfsübergriff zudem die Möglichkeit, einen Antrag auf freiwillige Entschädigungszahlungen des Landes zu stellen. Wie hoch die ausfallen, wird bundesweit einheitlich ermittelt. Es fließen Gesichtspunkte wie Rasse, Trächtigkeit und Zuchtwert ein. Der Höchstbetrag ist auf 10.000 Euro pro Tier und 30.000 Euro pro Jahr beschränkt.
Keine Gefährdung im Landkreis Stade
Für diejenigen, die vorsorgen möchten, aber noch nicht von einem Wolfsriss betroffen waren, gibt es nur unter gewissen Umständen eine Förderung: Bei dieser können bis zu 80 Prozent der Materialkosten eines Herdenschutzzaunes übernommen werden.
„Entscheidend hierfür ist, dass die Tiere in einem Gebiet weiden, für das aufgrund des aktuellen Rissgeschehens und des Gefährdungspotenzials nach Maßgabe des Landes eine Förderung möglich ist“, erklärt Ehrecke. Der Landkreis Stade zähle aktuell nicht dazu.
Wie sieht solch ein Zaun aus?
Ein wolfssicherer Festzaun muss vollständig geschlossen und elektrisch geladen sein, mit mindestens fünf Litzen in definierten Abständen - die unterste höchstens 20 Zentimeter über dem Boden. Das ist wichtig, da Wölfe sich ihren Weg lieber freibuddeln, statt über ihr Hindernis zu springen.
Die Gesamthöhe richtet sich nach Pferderasse und -geschlecht und liegt zwischen 1,20 Meter und 1,60 Meter. Wichtig ist, dass weder Lücken noch Unebenheiten entstehen, durch die ein Tier schlüpfen könnte. Für den Zaun dürfen nur langlebige, gut leitfähige und tierschutzgerechte Materialien wie kunststoffummantelte Stahldrähte verwendet werden.

Einen Musterzaun, der während eines Feldtages der Landwirtschaftskammer im Kreis Hildesheim aufgebaut worden war. Foto: Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Das Weidezaungerät muss eine Zaunspannung von mindestens 4000 Volt erreichen. Auch die Umgebung spielt eine Rolle: Böschungen, Gehölz oder Gewässer dürfen keine Einsprung- oder Durchschlupfmöglichkeiten bieten.
Warten und hoffen: Halter fühlen sich ausgeliefert
Martin Klintworth von Sportpferde Klintworth aus Bargstedt beschäftigt das Thema nicht erst seit dem Wolfsriss in Mulsum. „Die Einschläge kommen immer näher“, sagt er. „Und ich weiß nicht, was ich noch machen soll, außer zu hoffen, dass nichts passiert.“
Dass Klintworth seine rund 100 Pferde auf die Weide stellt, ist für ihn selbstverständlich. „Die Tiere müssen laufen können. Alles andere wäre nicht artgerecht.“ Sie zur Sicherheit bei Dämmerung zurück in den Stall zu bringen, wäre für einen Betrieb seiner Größe logistisch gar nicht zu stemmen.
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Klintworths Weiden sind gut eingezäunt, berichtet er. Sorgen macht er sich trotzdem, denn auch die Pferde in Mulsum waren mit einem elektrischen Zaun und einem starken Gatter gesichert. „Die Tiere können sich schnell verletzen, wenn sie durch die Zäune brechen und in Panik durch den Ort laufen“, so Klintworth. „Dann wird es auch für Menschen gefährlich.“

In Mulsum hat ein Wolfsrudel einen Wallach getötet. Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Nach einem der Wolfsrisse der vergangenen Jahre habe er sich bereits über wolfssichere Zäune informiert, sagt Klintworth. Seine gut 90 Hektar Weideflächen mit so einem einzuzäunen, wäre allerdings utopisch - selbst wenn sein Betrieb für eine Förderung infrage käme.
„Das Ganze würde mehrere 100.000 Euro kosten“, schätzt er und ergänzt: „Wir fühlen uns von der Politik alleingelassen.“ Er würde sich wünschen, dass Nutztierhaltern mehr Gehör geschenkt wird.
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