TWunscherfüller: Wie Amir Afshartabbar in Stade Kinderaugen strahlen lässt

Amir Afshartabbar hat die Aktion „Ein Stück Weihnachten für jedes Kind“ ins Leben gerufen. Foto: Bisping
Amir Afshartabbar hat zu Weihnachten einen Wunsch: dass möglichst viele bedürftige Kinder in Stade ein Geschenk bekommen. Dafür setzt er seit zehn Jahren alle Hebel in Bewegung. Wie es ihm gelingt, diesen Kindern ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.
Stade. Eigentlich war schlechtes Wetter in München der Auslöser für die Aktion „Ein Stück Weihnachten für jedes Kind“. Bei einem Besuch in der bayerischen Landeshauptstadt wurden Amir Afshartabbar und seine Frau von Regen überrascht. Sie suchten Schutz in einer Kirche. Dort entdeckte der Stader Gastronom und Vorsitzende von „Stade aktuell“ etwas Besonderes. „Auf einer Wäscheleine hingen Wunschzettel von Waisenkindern. Das hat mich sehr beeindruckt“, erzählt er. Und ihm kam ein Gedanke.
Zurück in Stade, sprach Amir Afshartabbar mit Mitarbeitern von der Stader Tafel. „Wie können wir bedürftige Kinder erreichen?“, war seine Frage. Die Lösung: Familien bei der Essensausgabe Wunschzettel zum Ausfüllen mitzugeben. Die Kinder konnten darauf ihre Herzenswünsche schreiben. Die Zettel sammelte der Gastronom wieder ein. Am ersten Tag kamen so 42 Wunschzettel zusammen, am zweiten 25. Mit so einem großen Rücklauf hatte Amir Afshartabbar nicht gerechnet. „Mir fehlten die Paten. Ich dachte schon, ich müsste selbst alle Geschenke besorgen.“ Aber es half ihm jemand aus der Bredouille.
Hilfsbereitschaft ist gestiegen - aber auch der Bedarf
Andreas Rößler von der Versicherung VGH sprang ein und übernahm die Besorgung zahlreicher Geschenke. „Er hat mich damit gerettet“, sagt Amir Afshartabbar. Zehn Jahre sind seit der ersten Sammelaktion ins Land gegangen. Inzwischen, sagt Amir Afshartabbar, habe sich alles eingependelt. „Die Menschen fragen nach der Aktion oder schreiben mich vor Weihnachten an, wann es wieder losgeht.“ Über das Engagement von Unternehmen, die sich ganz von selbst gemeldet hätten, sei er besonders froh. Die Bereitschaft zu helfen sei glücklicherweise gestiegen. Traurigerweise aber auch der Bedarf.
Diakonie warnt
T Zahl der Tafel-Kunden steigt in Drochtersen am stärksten
In diesem Jahr unterstützen die Aktion unter anderem die Stader Tafel, der Inhaber von Elb-Frisch, Zeit für Glück, Königlich & Köstlich und Stade Marketing und Tourismus. Gleich 50 Herzenswünsche erfüllt das Bauunternehmen Lindemann. 172 Wunschzettel hat Amir Afshartabbar bisher eingesammelt. Er geht davon aus, dass es noch mehr werden. Was er aber mit Sicherheit sagen kann: dass sich die Wünsche geändert haben.
Erschütternde Einblicke beim Verteilen der Geschenke
„Im ersten Jahr wünschten sich die Kinder überwiegend Kleidung und Spielzeug“, erzählt Amir Afshartabbar. Einmal war ein Tannenbaum der Herzenswunsch eines Kindes. Der wurde damals geschmückt übergeben. In diesem Jahr fallen viele Wünsche sehr bescheiden aus. Das bedrückt den Gastronom. „Es gibt Kinder, die möchten einfach nur Schokolade haben oder einen Adventskalender. Auf einem Zettel steht Babymilchpulver.“ Das lasse schon sehr darauf schließen, dass es sich hierbei um Familien handle, die in besonders armen Verhältnissen lebten.
Geschenkaktion
Für Kinder gehen Herzenswünsche in Erfüllung
Einige der Familien haben Amir Afshartabbar und seine Frau beim Verteilen der Geschenke kennengelernt. „Man kann kaum glauben, wie manche Menschen leben“, sagt er. Eine Familie hatte im Wohnzimmer kein Sofa, nur zwei Stühle. In einer anderen schliefen zwei Kinder auf Matratzen auf dem Boden. Für sie konnte Amir Afshartabbar mehrere Paten gewinnen, die den Kauf eines Etagenbettes, passender Matratzen und Bettzeug übernahmen. „Der Vater war so glücklich und hat uns später ein Foto von dem aufgebauten Bett geschickt“, sagt er.
Es geht darum, anderen Menschen zu helfen
Ans Herz gehend ist auch ein Erlebnis, das seine Frau hatte. Sie übergab die Geschenke an eine alleinerziehende Mutter aus der Ukraine. Die Mutter bat um einen Augenblick Geduld. Kurze Zeit später kehrte sie mit einem Holzkranz mit elektrischen Kerzen zurück. „Im Auto stellte meine Frau fest, dass der Stecker noch warm war.“ Offensichtlich hatte ihn die Mutter gerade erst aus der Steckdose gezogen, hatte etwas zurückschenken wollen von dem wenigen, was sie besaß.
Manchmal wird Amir Afshartabbar darauf angesprochen, wie er denn die Bedürftigkeit der Menschen überprüfe. „Das kann ich natürlich nicht“, sagt er. Er geht davon aus, dass es den meisten an vielem fehlt. Und sollte mal ein Scharlatan dabei sein, dann sei das so. Den anderen darum nicht zu helfen, kommt für den gebürtigen Iraner nicht infrage.
Was Amir Afshartabbar die Aktion zurückgibt
Für mehr als 800 Kinder haben Stader Paten seit Aktionsbeginn Geschenke organisiert und verteilt. Geld zu spenden sei auch sehr gut. Da fehle ihm aber ein bisschen die „emotionale Komponente“, sagt Amir Afshartabbar. „Hier sind Zeit und Herz gefragt.“ Er findet, zu helfen „macht Mut und gibt Kraft“. Es sei wie ein sich näherndes Licht auf einer einsamen, dunklen Straße, auf der man mit seinem Auto liegengeblieben ist. Bedürftige Kinder seien nie an ihrer Situation schuld. Ihnen an Weihnachten eine Freude zu bereiten, tue ihm und allen, die mitmachen, gut. „Dabei fühle ich mich noch einmal mehr als Mensch.“