TAltländer Mettwurst- und Schinkenräucherei setzt jetzt auf Solarwurst
Jan-Eric Quast von der Altländer Mettwurst- und Schinkenräucherei in Neuenfelde holt neue Ware aus der Räucherei. Foto: Vasel
Tradition trifft auf Fortschritt: Jan-Eric Quast von der Altländer Mettwurst- und Schinkenräucherei geht neue Wege. Er setzt auf die Energiewende - mit mehreren Projekten.
Neuenfelde. Seit 2019 führt der Betriebswirt und Fleischermeister Jan-Eric Quast die im Jahr 1884 gegründete Altländer Mettwurst- und Schinkenräucherei in Neuenfelde am Deich in der Nincoper Straße in der fünften Generation. „Fleisch, das ist meine Leidenschaft“, sagt der Altländer. Immer wieder bringt Jan-Eric Quast neue Produkte auf den Markt.
Doch die steigenden Energiekosten schmeckten ihm nicht. Bis zu 40.000 Liter Heizöl benötigte der Familienbetrieb im Jahr.
Jan-Eric Quast öffnet den Solarstromspeicher der Altländer Mettwurst- und Schinkenräucherei in Neuenfelde. Foto: Vasel
Quast beschloss, seine Energie in Zukunft selbst zu produzieren. „Man darf nicht stehen bleiben“, sagt er. Auf den Dächern montierte der Neuenfelder eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 320 kW. Rund 200.000 Euro investierte Quast in einen 140-Kilowatt-Speicher. Des Weiteren installierte er eine Hackschnitzel-Heizung.
„Wir haben unsere Energiekosten um 80 Prozent senken können“, rechnet der Unternehmer vor. Unter dem Strich habe er einen mittleren sechsstelligen Betrag investiert. Heizöl und Gas sind Geschichte.

Blick auf die Hackschnitzel-Heizung. Foto: Vasel
Eine Mettwurst- und Schinkenräucherei sei „sehr energieintensiv“. Ein Beispiel aus dem Alltag: Mit dem eigenen Solarstrom werden auch die Räucherkammern beheizt.
In diesen reifen die Altländer Mettwürste bei Quast vier Wochen im Rauch der Buchenholzspäne. Die Rezeptur und Temperatur bleiben ein Geheimnis. Auch Maschinen wie der Fleischkutter und die Kühlung fressen viel Strom.
Altländer erzeugt Strom und Wärme mit der Sonne
Damit nicht genug: Gemeinsam mit den Handwerkern hat der Altländer ein System entwickelt, um beispielsweise die Abwärme der Wechselrichter und der Kühlung zu nutzen.

Jan-Eric Quast überprüft den Hackschnitzel-Vorrat. Foto: Vasel
Für die Reinigung der Produktionsanlagen und der Böden wird täglich viel heißes Wasser benötigt. Eine Solarthermie-Anlage und eine Hackschnitzelheizung sind weitere Bausteine der Quast’schen Energiewende.
Das benötigte Holz komme aus dem eigenen Forst in der Nähe von Hollenstedt. Dort bauen die Altländer auch ihr Miscanthus („Chinaschilf“) zum Heizen an. Alles wird verwertet.
Verpackungsholz, das nicht mehr genutzt werden kann, wird mit einem Spezialgerät zerhackt und ebenfalls verheizt. Filter sorgen dafür, dass „keine Partikel“ in die Umwelt gelangen, sagt Jan-Eric Quast. Für ihn steht fest: „Die Investition in die Zukunft rechnet sich.“
Auch Whisky, Rum und Jägermeister kommen in die Wurst
Mit dem Namen „Solarwurst“ wirbt das Traditionsunternehmen noch nicht. Ehrliche Handarbeit und Tradition, dafür stehe sein Betrieb. „Danach schmeckt bei uns jeder Bissen“, sagt Quast.
Der Altländer liebt gleichwohl das Experimentieren - auch mit Whisky, Rum, Fenchel oder Jägermeister hat er seine Mettwürste bereits verfeinert.
Weitaus mehr als 70 Produkte stellt der Familienbetrieb in Neuenfelde her. Dazu gehören neben der Altländer Mettwurst auch die Hamburger Gekochte sowie geräucherter Schinken, Leberwurst sowie Grillwurst im Sommer und Kohlwurst im Winter. Seit vier Jahren stellt der Fleischermeister auch Zwiebelmett her - insbesondere für Bäckereien.

Fleischkutter: Jan-Eric Quast bei der Zwiebelmettproduktion. Foto: Vasel
Seine Bio-Gewürze mischt er selbst, um die Qualität zu sichern. Außerdem setzt Jan-Eric Quast auf die Naturreifung. Das heißt: Der Altländer verzichtet grundsätzlich auf chemische Reifemittel und Geschmacksverstärker sowie auf Enzyme. Seit 2005 hat der Betrieb ein Bio-Zertifikat.
Die Technik hat den Menschen noch nicht abgelöst: Quast überprüft die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur in der Reifekammer regelmäßig - auch, um Tag und Nacht in den Reifeprozess eingreifen zu können.
Jeder Wetterumschwung erfordere schnelles Handeln. Bei der Naturreifung spielt das feuchte Klima durch die Elbe und ihre Nebenflüsse eine wichtige Rolle: „Ein Computer kann die Reife der Wurst nicht erfassen.“
Altländer Mettwurst und Schinken, das waren über Jahrhunderte bedeutende Exportschlager des Alten Landes. Mehr als 20 größere Mettwurst- und Schinkenräuchereien gab es. Fleischverarbeitende Betriebe wurden von örtlichen Schweinemästern beliefert.
Fleischerzeugung und -verarbeitung war im Alten Land - wie der Anbau von Getreide, Obst und Meerrettich, aber auch Schifffahrt, Schiffbau oder Ziegelherstellung - ein bedeutender Wirtschaftszweig.
Neuenfelder Fleischerdynastie mit Geschichte
Die Wurzeln der Neuenfelder Fleischerdynastie reichen zurück bis in 17. Jahrhundert. August Quast (1857-1944) aus Cranz hatte sich im Jahr 1880 in Jork die Erlaubnis ausstellen lassen, „im Umkreis von 15 Kilometern um seinen Wohnort mit frischem Fleisch handeln zu dürfen“.
Der Schlachtergeselle fand ein Geschäft in der Tiefenstraße in Neuenfelde, am 15. Mai 1884 übernahm August Quast die Schlachterei Oben mit Wohnhaus und Ställen für 4000 Mark, durch Heirat kam das heutige Grundstück an der Nincoper Straße hinzu.

Die Fahrzeuge der Altländer Mettwurst- und Schinkenräucherei fahren mit dem Kraftstoff HVO100 oder mit Solarstrom. Foto: Vasel
Das Fleisch stamme von ausgesuchten Höfen und der Eigenjagd, sagt Quast. Vermarktet werden die Produkte über den eigenen Hofladen (neue Öffnungszeiten ab 2026: mittwochs und donnerstags von 7 bis 12 Uhr und 13 bis 17 Uhr; freitags von 7 bis 12 Uhr und sonnabends von 10 bis 12 Uhr) und den Automaten vor dem Betrieb, den Fleischgroßhandel sowie ausgewählte Einzelhändler von Rewe und Edeka.
Aber auch Marktbeschicker, unter anderem auf dem Isemarkt, und Hofläden im Alten Land führen ihre Produkte. Seine Mutter Agnes Quast ist stolz, dass auch die Hobenköök im Hamburger Hafen und das Trafohaus am HSV-Volksparkstadion auf ihre Wurst schwören.

Jan-Eric Quast blickt auf die Solaranlage. Foto: Vasel
Damit nicht genug - auch bei den Fahrzeugen setzt Quast auf Nachhaltigkeit: E-Mobilität und den aus Altspeiseöl oder aus Fettresten hergestellten HVO100-Diesel. Die Operation Solarwurst ist noch nicht zu Ende: Jan-Eric Quast hat weitere Stromspeicher bestellt.
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