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Prognosfruit

TApfelernte: Gute und schlechte Nachrichten für die Obstbauern im Alten Land

Die Altländer werden in diesem Jahr weniger Äpfel ernten.

Die Altländer werden in diesem Jahr weniger Äpfel ernten. Foto: Vasel

Die Obstbauern an der Niederelbe werden 22 Prozent weniger Äpfel im Vergleich zum Vorjahr ernten. Die Erzeuger können dennoch optimistisch in die Saison 2024/2025 starten. Ein Altländer Experte kennt die Gründe.

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Von Björn Vasel
Donnerstag, 15.08.2024, 18:27 Uhr

Jork. Der aus dem Alten Land stammende Kernobst-Experte der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI), Helwig Schwartau, hat die Ernteschätzung für Deutschland und Europa vor einigen Tagen bei der Prognosfruit in Budapest vorgestellt.

„Die Aussichten für die Niederelbe sind nicht schlecht“, sagt Schwartau im Gespräch mit dem TAGEBLATT. Deutschlandweit hängen in diesem Jahr rund 793.000 Tonnen Äpfel an den Bäumen. Das sind 16 Prozent weniger als im Vorjahr.

EU-weit hängen weniger Äpfel an den Bäumen

Das sei eine der schwächsten Ernten der vergangenen 20 Jahre. Der AMI-Experte kennt die Gründe. Durch die Frühjahrsfröste und die ungünstige Witterung während der Blüte falle die Ernte geringer aus - und zwar europaweit. Die EU-Apfelproduktion werde auf 10,2 Millionen Tonnen geschätzt, ein Minus von 11 Prozent.

Kritisch sei die Lage in Österreich und vor allem in Tschechien, wo ein Einbruch von 76 Prozent zu verzeichnen ist. Auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen würden die Obstbauern infolge der Nachtfröste im April fast nichts ernten. Die Apfelernte in Mitteldeutschland sei um bis 90 Prozent eingebrochen - ein Totalausfall.

Lediglich am Bodensee lief es besser, die Erzeuger rechnen hier mit einem Plus von 13 Prozent. Unterm Strich werden sie 247.000 Tonnen ernten.

Investition in Beregnung trägt Früchte im Alten Land

Dass die 500 Familienbetriebe an der Niederelbe in den vergangenen Jahrzehnten sehr viel Geld in die Frostschutzberegnung investiert haben, trage Früchte, so Schwartau. Die Beregnung im Frühjahr (Frost) und im Sommer (Sonnenbrand) sichere die Ernte im Alten Land, in Kehdingen und auf der Stader Geest. „Klimawandelbedingt wird die gute Wasserverfügbarkeit zu einem wichtigen Standortvorteil“, sagt Schwartau.

Gute Aussichten für Obstbauern an der Niederelbe

Die Voraussetzungen seien aktuell gut. Die Lager für Tafelware sind fast leer, die Überseeware macht aktuell keine Probleme. Schwartau und der stellvertretende Leiter des Obstbauzentrums Esteburg, Dr. Matthias Görgens, rechnen deshalb in dieser Saison mit einem „Verkäufermarkt“.

Höhere Apfelpreise für Verbraucher und Erzeuger

Die Konsumenten müssten sich auf „etwas höhere Apfelpreise“ einstellen. Das heißt: Der durchschnittliche Ladenverkaufspreis werde vermutlich um zehn Prozent steigen und in der Regel bei 2 Euro pro Kilogramm und mehr liegen.

Die Betriebe könnten wieder in neue Bäume sowie Lager- und Pflanzenschutztechnik investieren. In der vergangenen Saison waren die Erzeugerpreise kostendeckend, so Schwartau. Davor waren es für viele Höfe schwierige Jahre. Denn die Produktionskosten stiegen und steigen seit drei Jahren kräftig. Allein der Mindestlohn erhöhte sich um 25 Prozent.

In dieser Saison könnten höhere Erzeugerpreise die niedrigere Erntemenge kompensieren und Luft für „dringend notwendige“ Investitionen schaffen. Es müssten wieder mehr neue Bäume gepflanzt, das Sortiment erneuert und alte Plantagen gerodet werden. Bei Betrieben mit Ernteausfällen deutlich über 20 Prozent werde es allerdings schwierig.

Nachfrage nach Mostobst steigt infolge der Orangenkrise

Dabei stehen die Vorzeichen günstig. Die Hersteller von Apfelmus, -direktsaft- und -konzentrat sind heiß auf Äpfel. Ihre Tanks sind leer. Die Altländer werden im Herbst ihr Most-/Industrieobst zu ordentlichen Preisen los. Schwartau spricht von „absehbaren Spitzenpreisen“. Der Mostpreis geht in Richtung von 20 Cent pro Kilo und mehr. Das ist eine Verdoppelung.

Die Nachfrage bei Verbrauchern steigt. Ein Grund: Der Apfelsinensaftpreis ist explodiert, weil die Orangen-Ernte im Hauptanbauland Brasilien durch Klimakrise und Greening (Zitruskrankheit) eingebrochen ist.

Die ersten Frühäpfel hängen reif am am Baum.

Die ersten Frühäpfel hängen reif am am Baum. Foto: Vasel

So könnten die Altländer auch Ware mit größeren Hagelschäden pflückkostendeckend loswerden, sie kann vom Kühllager direkt in die Fabrik. Das spart Lagerkosten. Auf 3000 Hektar gab es an der Niederelbe kleinere und größere Schäden durch Hagel. Was bei der Tafelware nicht mehr als Handelsklasse I durchgehe, könne in Aktionen auch als Wetter-Äpfel seine Kunden finden.

140.000 bis 200.000 Tonnen deutsche Äpfel fehlen in diesem Jahr. Schwartau rechnet damit, dass vor allem Südtirol, aber auch Polen in die Lücke stoßen werden.

Spitzenreiter im Alten Land bleibt der Elstar mit 74.000 Tonnen, gefolgt von Red Jonaprince (43.000 Tonnen) und Breaburn (34.000 Tonnen). Bei Jongored/-gold hängt bis zu 50 Prozent weniger an den Bäumen, während beim Elstar etwa 15 Prozent weniger erwartet werden.

Für die ersten zweifarbigen Frühsorten wie etwa Delbarestivale werden laut AMI-Preisbarometer aktuell Spitzenpreise erzielt. Aktuell liegt der Erzeugerpreis bei Alt-Elstar bei 73,3 Cent pro Kilogramm, in den Vorwochen bei 65 Cent. Die erntefrischen regionalen Hauptsorten wie Elstar & Co. landen ab Ende August in den Supermärkten und Discountern. Kurzum: Schwartau rechnet „mit einem erfolgreichen Saisonstart“. Der Handel setze weiter verstärkt auf Obst aus der Region.

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