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Obstbautage

TApfelernte mit Robotern: US-Expertin nimmt Altländer mit in die Zukunft

Die Washington Tree Fruit Research Commission (WTFRC) setzt auch auf Apfel-Ernte-Roboter des Start-ups Advanced Farm.

Die Washington Tree Fruit Research Commission (WTFRC) setzt auch auf Apfel-Ernte-Roboter des Start-ups Advanced Farm. Foto: WTFRC

Seit Adam und Eva werden Äpfel von Hand gepflückt. Doch das könnte sich bald ändern. Wissenschaftler und Entwickler arbeiten an Ernterobotern. Die Zukunft ist zum Greifen nah.

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Von Björn Vasel
Mittwoch, 12.02.2025, 14:40 Uhr

Jork. Der US-Bundesstaat Washington ist ein Hotspot der Technologieszene. Konzerne wie Amazon, Boeing, Costco und Microsoft haben hier ihren Standort, genauso wie viele Start-ups. Die Gründer von Firmen wie advanced.farm arbeiten eng mit Wissenschaftlern und Obstbauern zusammen. Dazu zählt die Geschäftsführerin der Washington Tree Fruit Research Commission (WTFRC) in den USA. Dr. Ines Hanrahan stammt aus der Oberlausitz in Sachsen und lebt jetzt in den Vereinigten Staaten. Sie ist mit einem Obstbauern verheiratet.

Jetzt hat Ines Hanrahan die Altländer beim Auftakt der Norddeutschen Obstbautage am Dienstagnachmittag mit auf eine Reise in die Zukunft des Erwerbsobstbaus genommen. Auch in den USA steigen die Arbeitskosten, viele Obstbaubetriebe schreiben rote Zahlen. Die Arbeit mache bereits 60 Prozent der Produktionskosten aus. Die Gewinnschwelle liegt bei 30 US-Dollar pro 18-Kilo-Kiste. Von jedem Dollar, den der Verbraucher zahlt, gehen 15 Cent an den Obstbauern.

Dr. Ines Hanrahan will Roboter im Obstbau einsetzen.

Dr. Ines Hanrahan will Roboter im Obstbau einsetzen. Foto: Vasel

Zwei von drei amerikanischen Äpfeln werden in dem Bundesstaat an der Westküste angebaut - insgesamt drei Millionen Tonnen pro Jahr. Das sind dreimal so viel wie in Deutschland. Um die 13 Milliarden Äpfel müssen die Pflücker innerhalb von acht Wochen ernten.

Entwicklung eines Ernteroboters verschlingt Millionen

Diese schwere Arbeit könnten bereits „in fünf bis acht Jahren“ die ersten praxistauglichen und erschwinglichen Ernteroboter übernehmen. Davon ist Ines Hanrahan überzeugt.

Die US-Amerikaner treiben die Automatisierung bereits seit 1969 voran. Dafür benötigen die Erzeuger einen „erschwinglichen Roboter, der vollautomatisiert Äpfel erntet, ausdünnt und beschneidet“, unterstrich die Referentin in der voll besetzten Altländer Festhalle.

Der Obstbau-Roboter müsse multifunktional sein, die Technik nicht nur bei der Apfelernte, sondern auch bei der Regulierung des Fruchthanges und der Baumerziehung einsetzbar sein. Doch die Entwicklung geht ins Geld.

Start-ups wie advanced.farm müssten 50 bis 150 Millionen US-Dollar bei Investoren einsammeln, um ihr Produkt zur Marktreife zu bringen. Deshalb werde auf den Obstbaubetrieben weltweit und im Alten Land bis zu einem umfassenden kommerziellen Einsatz höchstwahrscheinlich „noch mehr als ein Jahrzehnt“ vergehen. Der beste Versuchsroboter schaffe bereits 4000 Äpfel in der Stunde. Das sind zwei Großkisten, eine fasst rund 300 Kilogramm. Zur Einordnung: 100 Kilogramm Äpfel pflückt heute ein Erntehelfer an der Niederelbe - in einer Stunde.

KI-gesteuerter Greifarm saugt den Apfel an

Rund 100 Unternehmen arbeiten an Lösungen. Doch wie funktioniert so ein Roboter? Die Plattform von advanced.farm arbeitet mit sechs Greifarmen. Kameras erkennen die Früchte, diese werden mit Unterdruck angesaugt, gepflückt und auf ein Förderband gelegt. So geht es in die Kiste. So ein Greifarm kostet heute noch 30.000 US-Dollar. Das Ziel der Entwickler liege bei Kosten von 1000 Dollar pro Greifarm.

Mit Hilfe von Saugnäpfen werden Äpfel gepflückt.

Mit Hilfe von Saugnäpfen werden Äpfel gepflückt. Foto: WTFRC

Doch die KI- und kameragesteuerten Hightech-Roboter können nicht überall zum Einsatz kommen. Die Bäume müssen wie eine (Frucht-)Wand stehen. Aktuell sind acht Sorten in der Erprobung - unter anderem Gala, Honeycrisp, Kanzi und Pink Lady.

Viele Sorten seien noch zu druckempfindlich für eine Roboter-Ernte. Dafür müssen neue Sorten angepflanzt werden, wie etwa der 1997 bis 2013 an der Washington State University am Standort Wenatchee gezüchtete Cosmic Crisp - eine Kreuzung von Honeycrisp und Enterprise.

Noch besser seien die Sunflare-Äpfel. Diese knackigen, säuerlichen und saftigen Äpfel werden voraussichtlich 2029 in den Handel kommen. Es handelt sich um eine druckunempfindlichere Kreuzung aus Honeycrisp and Cripps Pin. Der Stiel muss sich leicht lösen. Druckstellen sind Gift bei der Lagerung; Lebensmitteleinzelhandel und Verbraucher wollen makellose Früchte.

Ines Hanrahan glaubt an den Erfolg. Ein Grund: Ähnlich wie am Obstbauzentrum Esteburg arbeiten auch in den USA die Forschung, die Industrie und der Obstbau eng zusammen. „Die Entwickler sind mehr als optimistisch“, sagte sie.

Zukunftstechnologie ist das Thema der Messe in Jork

Mehr Hightech ist am Mittwoch, 12. Februar, von 9 bis 18 Uhr, und am Donnerstag, 13. Februar, von 9 bis 16.30 Uhr, auf dem Freigelände und in fünf Großraumzelten der Fachmesse der Norddeutschen Obstbautage zu bewundern. Mehr als 160 Aussteller aus ganz Europa sind auf dem Festplatz vertreten. Die Tageskarte kostet 15 Euro (Erwachsene), ermäßigt 5 Euro (Jugendliche). Es gibt einen Shuttle ab Parkplatz Elbe-Obst (Westerjork).

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