TAprikosen im Alten Land - das schmeckt der Ministerin Staudte

Das ist ganz nach dem Geschmack der Ministerin: Obstbauer Claus Schliecker führt Miriam Staudte (Grüne) in die Aprikosen-Plantage. Foto: Strüning
Die Aprikosen vollmundig und aromatisch, die Kirschen süß und lecker. Doch Obstbauer Claus Schliecker aus Guderhandviertel servierte der Grünen Landwirtschaftsministerin aus Hannover auch herbe Kost.
Stade. Claus Schliecker ist nicht nur Obstbauer aus Leidenschaft, sondern auch Funktionär und Sprecher der niedersächsischen Fachgruppe. Er hatte die Ministerin ins Alte Land eingeladen, damit sie sich persönlich ein Bild vom Obstbau machen kann. Diese Woche führte sie ihre Sommerreise zum Hof Schliecker nach Bergfried.
Früher noch Mischbetrieb mit Ackerbau und Viehzucht
Claus Schlieckers Familie betreibt hier seit 300 Jahren Landwirtschaft, lange Zeit im einst typischen Mix-Betrieb mit Vieh und Ackerbau. Mensch und Tier lebten zusammen unter einem Dach, sagte er der Ministerin, die sichtlich beeindruckt war von der gepflegten Hofstelle Schlieckers.
Erst in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts stellte der Vater von Claus Schliecker komplett auf Obstbau um, eine Spezialisierung, wie es viele Betriebe durchzogen. Das liegt am fruchtbaren Boden im Urstromtal der Elbe, der das Obst gut gedeihen lässt.
Heute bewirtschaftet Claus Schliecker mit Frau Sabine und seinen beiden Söhnen, die es auch in den Obstbau zieht, 26 Hektar. Auch typisch: Das Gros der Fläche nehmen Apfelbäume ein, die Schliecker auf 19 Hektar anbaut. Drei Hektar gehören den Süßkirschen. Zwetschgen und Pflaumen sind ein kleines Sortiment.
Versuchsweise wird im Alten Land auch auf bislang eher exotische Früchte wie Aprikose, Pfirsich oder Nektarine gesetzt. Der Klimawandel macht es möglich. Da wurde die Ministerin hellhörig.
Kirschen super lecker - und die Aprikosen erst recht
Schliecker führte Staudte in die entsprechenden Plantagen. Und wie schmecken die Kirschen? „Hervorragend, saftig und fruchtig, kann ich jedem nur empfehlen“, sagte Staudte. Schwer begeistert war die Ministerin vor allem von den Aprikosen. Damit hatte sie offenbar nicht gerechnet. Das Aroma der Früchte frisch vom Baum hat sie überzeugt. Auf der 0,6 Hektar großen Fläche erntet Schliecker - unter Dach - etwa sechs Tonnen.
Die Aprikose bleibt ein Nischenprodukt. Die Zahlen, die Dr. Matthias Görgens von der Obstbauversuchsanstalt in Jork-Moorende mitbrachte, sind eindeutig: Jedes Jahr werden an der Niederelbe etwa eine Million Obstbäume neu gepflanzt, meistens als Ersatz für alte Anlagen. 1000 Bäume davon sind Aprikosen.
Dass Verbraucherinnen und Verbraucher regionale, möglichst gesunde Ware angeboten bekommen, ist ganz im Sinne der Grünen-Politikerin. Ist aber einfacher gesagt als getan. Schliecker wies als Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau auf die Probleme seiner Branche hin. Auch dafür hatte er die Ministerin ins Alte Land geladen.
Früchte aus dem Ausland sind deutlich günstiger
Da ist zum einen der Konkurrenzdruck für die 500 Obstbauern an der Niederelbe. Im Ausland können die Erzeuger kostengünstiger produzieren und ihre Früchte günstiger anbieten. Kirschen aus der Türkei oder Aprikosen aus Spanien sind nun mal günstiger zu haben als das Pendant aus dem Alten Land, wo die Pflücker Mindestlohn erhalten. Die Kirschen kosten pro Kilo fünf Euro und sind drei Euro günstiger, die Aprikosen gibt es schon für zwei Euro und sind damit sogar fünf Euro günstiger.
Die Obstbauern setzen auf Hilfe der öffentlichen Hand. Zum Beispiel bei der Versicherung gegen Wetterkapriolen. Der Klimawandel macht zwar den Anbau von exotischen Früchten möglich, bringt aber auch neue Gefahren im Anbau mit sich wie Starkregen oder Hagelschauer. Das Alte Land verfüge über 10.000 Hektar Obstbaufläche, dieses Jahr hätten die Bauern auf 4000 Hektar Hagelschäden zu verzeichnen.
Die Obstbauern haben zwei Möglichkeiten: Entweder sie spannen Foliendächer über ihre Baumreihen oder sie versichern sich gegen extremes Wetter. Beides ist kostspielig. Die komplette Dach-Anlage für einen Hektar kostet etwa 120.000 Euro, hält aber auch 20 Jahre. Bei den Kirschen ist das schon bei etwa drei Viertel aller Anbauflächen an der Niederelbe der Fall. Die Kirschen der Sorte Regina zum Beispiel, die der Ministerin so gut schmeckten, wären ohne Dach ein Opfer des Starkregens geworden und nicht mehr zu retten gewesen.
Dach und seitliche Netze schützen vor starkem Regen und Hagel und vermeiden, dass die Früchte platzen. Vögel und Insekten werden von den Früchten ferngehalten. Zudem minimiere sich der Aufwand beim Pflanzenschutz.
Obstbauern: Ohne Hilfe funktioniert das nicht
Die Versicherungen für Ernteausfall sind derart teuer, dass sie sich ohne Zuschüsse - wie in anderen Staaten und Bundesländern - kaum rentieren, so Schliecker und Kollegen zur Ministerin. Die nahm die Anregung als Prüfauftrag mit nach Hannover. „Ich will nicht zu viel versprechen“, sagte sie. Die Landesregierung wolle Anreize für neue Versicherungen geben und Mitnahmeeffekte vermeiden.
Vielleicht sei ein Investitionskostenzuschuss beim Bau der Dächer möglich. An einer anderen Idee arbeitet sie mit Umweltminister Meyer, ebenfalls von den Grünen: Die Agri-PV, die Stromgewinnung aus Sonnenenergie mit Photovoltaik-Anlagen, die über den Bäumen stehen und ihnen Schutz gewähren.