TDänische Musiker verzaubern Besucher mit echter Wikingermusik

Mia Guldhammer zieht eine Reihe Menschen zum Tanzen auf den Platz, Morten Musicus und Christian Mohr-Levisen spielen dazu fröhliche Tanzmusik. Foto: Lankuttis
Die Folk-Gruppe Virelai aus Dänemark tritt jeden Tag vier Mal auf dem Wikingermarkt in Jork auf und verbreitet fröhliche Stimmung. Ihre mittelalterliche Musik auf ungewöhnlichen Instrumenten soll Menschen zusammenbringen.
Jork. Am Sonnabendnachmittag dreht das Trio Virelai musizierend eine Runde, bevor das halbstündige Konzert im Zelt beginnt. Mit Trommel und Dudelsack locken sie Zuhörer ins Zelt, wo mancher noch Pommes oder Crêpes an den Biertischen verzehrt.
Die Gruppe hat sich ganz dem Mittelalter verschrieben, stilecht bis hin zu den Ohrringen der Sängerin, die nach historischem Vorbild gefertigt sind. Komponisten und Poeten der Stücke seien unbekannt, sagt Morten Musicus. Die Volkskultur sei über Jahrhunderte mündlich weitergegeben worden. Eine fröhliche Melodie erklingt auf ungewöhnlichen Instrumenten. Morten spielt gleichzeitig Hackbrett und Einhandflöte. Christian Mohr-Levisen streicht mit dem Bogen über eine Streichleier. Mia Guldhammer hat Metallklappern, Khrabkas, in den Händen.
Von alten Göttern und Königskindern
Sie moderiert auf Englisch, Christian übersetzt. „Sie erzählen eine Geschichte“, sagt ein kleiner Junge, der mit Schild und Schwert bewaffnet ist und Eis schleckt. Stimmt. Die alten Texte seien wie Märchen, sehr hübsch, sagt Mia. In dem Text aus der alten Edda, der altnordischen Dichtung, gehe es um den Gott Odin und die Natur.

Auch zu Wasser bietet der Wikingermarkt etwas zum Bestaunen. Foto: Lankuttis
Die Maultrommel, eines der ältesten Instrumente überhaupt, wie Morten später erzählt, gibt den schnarrenden Ton vor. Mia singt mit schöner dunkler Stimme auch über die zwei Königskinder, die auf dem Rücken eines Raben über das Meer fliegen. Das Publikum singt den Refrain auf Dänisch mit und macht Bewegungen dazu.

Andrea Schulz und Marco Bolz aus Freiburg sind Wikingerfans und begeistert von Virelai. Foto: Lankuttis
Zum Abschluss werden die Zuhörer zum Tanzen aufgefordert und sollen sich an den Händen fassen. Mancher ergreift die Flucht. „Jeder kann mitmachen, fünf Minuten Spaß gratis“, wirbt Morten. Wieder ziehen die Musiker aus dem Zelt heraus über den Platz und Mia führt eine lange Reihe hüpfend an.
Gezwungenermaßen habe er mitgemacht, sagt Sebastian augenzwinkernd. „Die haben gute Stimmung gemacht und so interessante Instrumente.“ Sebastian und Julia sind oft auf Mittelaltermärkten, aber zum ersten Mal in Jork. Den Stopp haben sie auf dem Rückweg nach Süddeutschland vom Urlaub in Skandinavien eingelegt. „Sehr schöner Markt, wirkt authentisch“, sagt die 32-Jährige.
Aber Volksmusik lernt man von alten Leuten in der Küche.
Morten Musicus, Musikgruppe Virelai
Andrea Schulz und Marco Bolz aus Freiburg sind Stammgäste und mittelalterlich gewandet. „War wirklich schön“, sagt er über den Tanz. „Die ziehen die Leute mit, im wahrsten Sinne des Wortes.“ Andrea Schulz strahlt noch ganz erfüllt. „Total gut, echte Wikingermusik.“ Und prompt stimmt sie nach dem Konzert mit Morten zusammen die Merseburger Zaubersprüche an, einen althochdeutschen Text. Rührend, wie beide einfach so zusammen singen.
Musik soll Menschen zusammenbringen
Morten hat das Stück von einem deutschen Musiker in Dänemark gelernt. „Man glaubt, dass alles digital ist. Aber Volksmusik lernt man von alten Leuten in der Küche. Das ist immer noch so“, sagt Morten und freut sich über das Duett: „Musik verbindet.“

Die Kampfshows zählen zu den Highlights des Jorker Wikingermarktes. Foto: Lankuttis
Genau das ist ein Ziel der Gruppe: Menschen zusammenbringen, Gemeinschaft zu haben. Volkstanz gehört für die drei zwingend dazu, wie sie ganz beseelt von der Idee nach dem Konzert erzählen. Wenn die Menschen sich an den Händen fassen und tanzen, gehören sie zusammen, ist Mia überzeugt.
200 Lieder im Kopf
Mia wollte keine Zeit mit Studieren verschwenden, sagt sie verschmitzt. Sie habe „über das Hören in der Küche“ alles gelernt. Heute hat die dreifache Mutter 200 Songs im Kopf und doziert an dem Konservatorium in Aarhus, einer Musikhochschule, über mittelalterliche Musik und ist mehrfach ausgezeichnet worden. Christian hat Drehleier und Volksmusik in Stockholm studiert. Das ist so selten wie seine Tagelharpa, die Streichleier. Er hat das Instrument im schwedischen Värmland von einem Spezialisten anfertigen lassen und musste drei Jahre warten, bis es fertig war.
Alle drei leben vom Musizieren, spielen in mehreren Bands und sind qualifizierte Profis.

Die Gruppe Virelai spielt mittelalterlichen Folk zur Eröffnung vor der Kampfshow. Foto: Lankuttis
Von Mai bis Oktober reist die Gruppe für Auftritte jede Woche woanders hin. Sie ist vor allem in Skandinavien unterwegs, aber auch im Baltikum, in den Niederlanden, Frankreich und in Indien. In Indien gebe es eine Organisation für Folkmusik, um Menschen aus der Armut zu holen, erzählt Mia. Virelai sei ein Bespiel, dass es gelingen kann. „Das Interesse an skandinavischer Volksmusik ist groß“, sagt Morten. „Das ist unser Glück.“
Seit 1999 gibt es die Gruppe Virelai, die Zusammensetzungen ändern sich häufig. In Jork hat Virelai an vier Tagen zwölf Konzerte gegeben.