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Bildung

TEin Traum für Kinder? Das sind die Ideen für die Ganztagsschule in Königreich

Gestalten das Projekt Ganztag in der Grundschule An der Este in Königreich mit (von links): Schulleiterin Yvonne Lawes, Kita- und Hortleiterin Karina Klingbeil, Architektin Maria Isabettini und Jorks Bürgermeister Matthias Riel.

Gestalten das Projekt Ganztag in der Grundschule An der Este in Königreich mit (von links): Schulleiterin Yvonne Lawes, Kita- und Hortleiterin Karina Klingbeil, Architektin Maria Isabettini und Jorks Bürgermeister Matthias Riel. Foto: Vasel

Die Grundschule An der Este in Königreich plant den ganz großen Umbau - unterstützt von der renommierten Montag-Stiftung. Während einer Projektwoche testen Schüler, Lehrer und Projektplaner Strukturen für den Ganztag. Das sind die ersten Ideen.

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Von Björn Vasel
Freitag, 17.05.2024, 08:50 Uhr

Jork. Die Königreicher gehören zu vier Schulen eines bundesweiten Pilotprojekts für die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung. Dieser gilt ab dem Schuljahr 2026/2027 für alle Erstklässler und muss bis zum Schuljahr 2029/2030 schrittweise eingeführt werden.

Im Zuge des Projekts Ganztag und Raum begleitet die Montag-Stiftung Jugend und Gesellschaft die Altländer seit September 2023 bei der Entwicklung eines „zukunftsgerichteten pädagogisch-räumlichen Ganztagskonzepts“.

Die Architektin Maria Isabettini vom Büro Nonconform aus Berlin und die Pädagogin Nicole Raabe gehören zu dem interdisziplinären Team, das der Grundschule in Königreich auf dem Weg zum Ganztag zur Seite steht. Wert der Beratungsleistungen: 75.000 Euro.

Lehrer und Schüler proben den Ganztag

Im Rahmen einer Projektwoche haben die Altländer seit Montag die mögliche Struktur für den Ganztag getestet. Von 8 bis 15 Uhr haben sie gemeinsam verschiedene Angebote - in jahrgangsübergreifenden Gruppen - erlebt.

„Noch ist nichts in Stein gemeißelt“, betont Schulleiterin Yvonne Lawes. Klar ist: Die Flurschule und der Frontalunterricht werden bald Geschichte sein. Die Kinder werden in variablen Lernlandschaften unterwegs sein.

Es wird weiter auch klassische Unterrichtsräume beispielsweise für Tests, aber auch Kommunikationszonen, (halb-)offene Lernräume für Gruppen- und Projektarbeit sowie Bewegungs- und Ruheräume geben. Schließlich werden die Kinder in der Schule in Zukunft nicht nur lernen und spielen, sondern auch zur Ruhe kommen müssen.

Blick auf die Grundschule An der Este in Königreich. Die Bücherei (vorne links) könnte zum Musikraum werden.

Blick auf die Grundschule An der Este in Königreich. Die Bücherei (vorne links) könnte zum Musikraum werden. Foto: Vasel

Der Fokus wird verstärkt auf dem Projektunterricht liegen. Das heißt: Deutsch, Mathe und Kunst werden (auch) übergreifend unterrichtet, zum Teil jahrgangsübergreifend. In einem Kochstudio/Café haben die Lehrer und die Schüler das in dieser Woche geprobt, so Isabettini.

Das Mathe-Wissen wird beim Abwiegen vermittelt und vertieft, die Deutsch-Kenntnisse beim Schreiben des Rezepts gefördert. Und auch das Fach Kunst fällt nicht unter den Tisch, schließlich muss die Speisekarte künstlerisch gestaltet werden.

In der Projektwoche testen die Altländer gemeinsam eine mögliche Struktur für den Ganztag.

In der Projektwoche testen die Altländer gemeinsam eine mögliche Struktur für den Ganztag. Foto: Vasel

Kinder seien begeistert von dieser Lernform, so das erste Fazit. Die zwei großen Ziele hinter dem Ganztag sind eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und mehr Bildungsgerechtigkeit. Fördern und Fordern (Differenzierung), Förderung der Individualität, selbstständiges Lernen, Projekt- und Gruppenarbeit und Inklusion, so lauten Schlagworte der modernen Pädagogik.

Ganztag im Bestand ohne einen Anbau umsetzbar

„Wir wollen das Ganze aus der Perspektive der Kinder denken“, unterstreicht Architektin Isabettini. Kinder sollen sich beim Lernen frei entfalten können. Die Montag-Stiftung will den Altländern helfen, die inklusive ganztägige Bildung möglichst in bestehenden Räumen umzusetzen. Laut Isabettini ist das in der Grundschule An der Este möglich. Ihre Idee: die Aula nach Westen zum Schulhof öffnen.

Blick auf den Grundriss der Grundschule und Optionen für einen Umbau im Bestand.

Blick auf den Grundriss der Grundschule und Optionen für einen Umbau im Bestand. Foto: Vasel

Ganztagsschule mit (Lese-)Bühne inklusive Sitztreppe

„Das bringt viel Licht“, sagt die Architektin. In der erweiterten Aula wäre so Platz für eine Mensa mit Küche für die 170 Schülerinnen und Schüler, eine (Lese-)Bühne mit Sitztreppe und eine Kuschelhöhle.

In der alten Bühne könnte eine Aufklapp-Bücherei untergebracht werden. Viertklässlerin Enya findet die Idee einer Lesehöhle „spitzenklasse“. So stelle sie sich das Lernen vor: „Man merkt nicht, dass man lernt.“

Lesehöhle: Wie können die Ruheräume in der Ganztagsschule gestaltet werden, in Königreich werden die Grundschüler bei der Projektwoche in die Planung eingebunden.

Lesehöhle: Wie können die Ruheräume in der Ganztagsschule gestaltet werden, in Königreich werden die Grundschüler bei der Projektwoche in die Planung eingebunden. Foto: Vasel

Die Mensa/Aula mit Bücherei wäre das neue Herz der Schule. Für den übergreifenden Fachunterricht gibt es Lernateliers. Geschlossene Räume werden mit Ruhe- und Differenzierungsräumen und offenen Lernlandschaften kombiniert.

Wie soll die Schule der Zukunft räumlich - auf Grundlage eines pädagogischen Konzepts - gegliedert werden? Eine Idee: Die Aula zum Schulhof öffnen - für eine Mensa.

Wie soll die Schule der Zukunft räumlich - auf Grundlage eines pädagogischen Konzepts - gegliedert werden? Eine Idee: Die Aula zum Schulhof öffnen - für eine Mensa. Foto: Vasel

Garten-Labor mit Gemüsegarten geplant

Mehr Raum entsteht durch das Mitnutzen der Flure. Der Hort-Container könnte zu Lehrküche und Garten-Labor mit Gemüsegarten werden. Das Außengelände könnte als Tiny Forest durch ein Baumhaus und einen Baumparcours mit Hängematten aufgewertet werden.

Die bestehende Bücherei am Eingang der Schule könnte - wie ein Schaufenster - als Musikraum genutzt werden, für den Unterricht, aber auch für Konzerte und Lesungen.

Hort-Träger und Vereine mit im Boot

Die Gemeinde setzt weiter auf das Jorker Modell. Das heißt: Ähnlich wie in Jork der Tintenklecks soll das Deutsche Rote Kreuz (DRK) in Königreich weiter mit im Boot sitzen. Schule und Hort verschmelzen und bleiben rein rechtlich eigenständig.

Aus Lehrern und Erziehern werden trotz alledem multiprofessionelle Teams. Im Zuge des Projekts sei die Zusammenarbeit bereits vertieft worden. Damit nicht genug. Mit im Ganztagsboot sitzen auch der Altländer Sportclub Cranz-Estebrügge (ASC), die Feuerwehr, der Tennisverein und die Brückenbäckerei.

„Wir wollen das Dorf mit in die Schule holen“

„Wir wollen das Dorf mit in die Schule holen“, sind sich Architektin Isabettini und Schulleiterin Lawes einig. Durch die Kooperationspartner werden - im Zuge des Ganztags - auch Kinder in den Genuss von zusätzlichen Sport- und Musikangeboten kommen, deren Eltern das bislang nicht ermöglichen konnten.

„Wir erhöhen so die Bildungschancen“, ist Jorks Bürgermeister Matthias Riel (parteilos) überzeugt. Auch die Eltern werden mitgenommen, sie waren bei der Lernreise nach Berlin dabei und beteiligen sich an den Workshops. So gibt es auch AGs zu Themen wie Bauen, Bewegen, Essen oder Forschen & Experimentieren.

Das letzte Wort hat die Politik

Im September 2024 soll der Projektbericht vorliegen. Die Altländer arbeiten weiterhin am Feintuning ihres Konzepts. Das muss später von Schule und Politik abgesegnet werden. „Wir sind noch mitten im Prozess“, sagt Lawes. Wie die Schule der Zukunft räumlich aussehen wird, entscheidet letztlich der Rat.

„Die gute Nachricht ist, dass der Ganztag im Bestandsgebäude umgesetzt werden kann“, sagt der Bürgermeister. Die Schule mit Sporthalle und Bücherei wurde 1966 errichtet und 2008/2009 nach einem Dachschaden umgebaut und modernisiert. Die Umsetzung könnte modular erfolgen. Im Haushalt 2025 werden entsprechende Mittel eingeplant.

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