TEine Blütenkönigin ohne Flunkkranz? So anders war das erste Altländer Blütenfest

Vom Friseurladen ging es für die Altländer Blütenkönigin mit der Pferdekutsche zum alten Rathaus. Foto: privat
Am ersten Maiwochenende feiert das Alte Land in Jork sein Blütenfest und die Blütenkönigin. Eine Sonderausstellung zeigt nun erstmals die ganze Geschichte des Traditionsfestes - und wieso die erste Blütenkönigin ohne Tracht auskommen musste.
Jork. Die Altländer lieben ihre Blütenkönigin. Mit Flunkkranz, feinem Silberschmuck und in Brauttracht gewandet, repräsentierten seit 1982 bereits 41 junge Frauen die Region und ihre Traditionen. Das Museum Altes Land in Jork feiert am 30. Juni die Eröffnung der Sonderausstellung „Alles blüht! Die Altländer Blütenkönigin und ihr Blütenfest“. Vom 1. Juli bis 31. Oktober können Besucher die Geschichte hinter der Tradition erkunden. Doch was viele nicht wissen: Die erste Blütenkönigin trug weder Tracht noch Kranz.
Von der Friseur-Auszubildenden zur ersten Altländer Majestät
Martina Brockmann war die Erste. Mit gerade mal 17 Jahren war die gebürtige Martina Imlau 1982 zur ersten Altländer Blütenkönigin auserkoren worden - wenn auch nicht ganz freiwillig. „Meine Chefin kam damals zu mir und sagte: Martina, du wirst Altländer Blütenkönigin“, sagt die gelernte Friseurin schmunzelnd, während sie in einem kleinen Fotoalbum blättert.

Die Jorkerin Martina Brockmann war 1982 die erste Altländer Blütenkönigin. Foto: Buchmann
Die Jorker Werbegemeinschaft hatte das Fest vor 42 Jahren aus der Taufe gehoben, bis vor drei Jahren war die Organisation fest in ehrenamtlicher Hand. Für die Königinnenwahl hätten sich jedoch nur Kinder beworben, sagt Martina Brockmann. Deshalb habe Friseurmeisterin Gabriele Müller ihre damalige Auszubildende als Blütenkönigin vorgeschlagen.
Ein Kleid von Meyns statt Altländer Tracht
Im Vergleich zu heute sei das erste Blütenfest „ganz klein“ gewesen, sagt Martina Brockmann. An den leckeren Ochsen am Spieß erinnere sich die 61-Jährige aber noch gut. „Und es war kalt“, sagt sie. Alle seien in dicken Jacken unterwegs gewesen.

In einem kleinen Fotoalbum bewahrt die Jorkerin Erinnerungsfotos an ihre royale Zeit auf. Foto: Buchmann
Bei ihrer Krönung trug sie jedoch im Gegensatz zu heute keine Brauttracht, sondern ein weißes Kleid mit Blütenmuster aus dem Modehaus Meyns und feine Riemenschuhe vom Schuhhaus Beck. Statt dem Flunkkranz hatte die Chefin ihr einen Kranz aus Kirschblüten ins Haar geflochten. Gegen die Kälte half eine Stola der Mutter.
Auch hatte Königin Martina im Gegensatz zu ihren Thronfolgerinnen kaum öffentliche Auftritte. Außer zur eigenen Inthronisierung sowie der Krönung ihrer Nachfolgerin 1983 lud lediglich der Flensburger Spirituosenhersteller „Hansen Rum“ die Jorkerin zu einem Werbe-Fotoshooting ein. Der Fotograf habe sie dabei penibel darauf aufmerksam gemacht, dass das Flaschenetikett auch ja gut zu erkennen sein muss, erinnert sich Martina Brockmann schmunzelnd.

Die Bild-Zeitung nutzte das Werbeshooting für einen Artikel über das angeblich geheime Rumtopf-Rezept aus der Familie der Altländer Blütenkönigin. Foto: privat
Als Dankeschön habe sie nach der einjährigen Amtszeit neben dem Outfit noch einen Hubschrauberrundflug geschenkt bekommen. Den habe sie jedoch nie genutzt, gesteht sie. „Ich wollte die Zeit lieber mit meinem Freund auf dem Sofa verbringen“, sagt Martina Brockmann und lacht. An die Zeit als Blütenkönigin denke sie gerne zurück. „Viele Mädchen träumen davon, einmal im Rampenlicht zu stehen“, sagt sie. „Und wer ist nicht gerne Königin?“.
Sonderausstellung zeigt erstmals komplette Geschichte
Die Geschichte um das Blütenfest und seine Blütenkönigin haben Dr. Kai Janofsky und Barbara Wetegrove in einer Sonderausstellung aufbereitet. „Dies ist das erste Mal, dass umfassende Informationen zu dieser Altländer Tradition zusammengetragen wurden“, sagt Museumsleiterin Janofsky.

Besucher können in der Sonderausstellung handgenähte Miniaturtrachten sowie den ersten Flunkkranz bewundern. Foto: Buchmann
Seit vergangenem Sommer habe Kai Janofsky drei Umzugskisten voller Unterlagen ausgewertet und Interviews mit verbliebenen Begründern und Wegbegleitern geführt. Besuchern präsentieren die Ausstellungsmacherinnen auch wertvolle Stücke aus der Gründungszeit. „Wir zeigen etwa die Nähmaschine von Ursel Zupp, mit der sie 1983 die erste Tracht der Altländer Blütenkönigin nähte“, sagt Janofsky.
Neben lebensgroßen Steckbriefen ausgewählter Majestäten können Besucher auch handgenähte Trachtenminiaturen, den ersten Flunkkranz sowie einen neuen Film über das Altländer Blütenfest in der Ausstellung sehen. Im Rahmenprogramm bietet das Museum Altes Land auch Kunstworkshops und Vorträge an.
Rahmenprogramm im Museum Altes Land
- Kunstworkshop für Kinder ab 10 Jahren am 2. Juli, 14-18 Uhr: „Altländer Blütenpracht - gestalten, ritzen und drucken“ Kostenbeitrag: 12 Euro, Anmeldung online: ferienpass-jork.de
- Kunstworkshop für Erwachsene am 4. Juli, 17-21 Uhr: „Altländer Flower-Power - skizzieren, schnitzen und drucken“, Kostenbeitrag: 45 Euro, Anmeldung im Museum Altes Land: 04162/5715 oder museum@jork.de
- Vortrag am 7. Juli, 14 Uhr: „Heimatfest und Heimattracht? - Die Altländer Tracht und das Blütenfest“ von Anna Krüger
- Vortrag am 4. August, 11 Uhr: „Es war ein wunderbares Erlebnis! - Eigener Erfahrungsbericht und Porträt der Blütenkönigin 2023/2024“ von Anna-Sophie Sietas
- Vortrag am 8. September, 11 Uhr: „Botschafterin und Mädchentraum - Zur Geschichte der Altländer Blütenkönigin“ von Barbara Wetegrove
- Vortrag am 6. Oktober, 11 Uhr: „Von Apfelblüte bis Zuckerwatte - Zur Geschichte des Blütenfestes im Alten Land“ von Dr. Kai Janofsky