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Ganztagsschule

TEinsturzgefahr? Statiker prüft Standsicherheit der Schule in Hollern

Blick auf den 1993 umgebauten Mittelbau (links) der 1969/1970 errichteten Grundschule in Hollern.

Blick auf den 1993 umgebauten Mittelbau (links) der 1969/1970 errichteten Grundschule in Hollern. Foto: Vasel

Wie geht es weiter mit der Schule in Hollern? Ist das Gebäude noch sicher? Diese Fragen blieben bei der Ratssitzung offen. Doch sie könnten bald beantwortet werden.

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Von Björn Vasel
Freitag, 27.06.2025, 14:57 Uhr

Hollern. Der Um- und Neubau der Grundschule in Hollern liegt nach den Problemen mit der fehlenden Statik und dem Schall- und Brandschutz auf Eis. Der 1969/1970 errichtete und 1993 umgebaute Mittelbau muss abgerissen werden. Die Beton-Fertigbauteile der Norddeutschen Variel aus Buxtehude sind mit einer Deckendicke von fünf Zentimetern nicht mehr ausreichend, heutige Vorgaben können bei einem Umbau nicht mehr erfüllt werden.

Das hatte Architekt Peter Oschkinat vom Architektencontor Agather Bielenberg Oschkinat aus Hamburg Timo Gerke (parteilos), Bürgermeister der Samtgemeinde Lühe, im Mai mitgeteilt. Der nicht öffentlich tagende Samtgemeindeausschuss stoppte auf Anraten Gerkes daraufhin das Projekt Ganztagsschule.

In der Öffentlichkeit sorgte die Deckendicke der 1969/1970 produzierten Fertigbeton-Module für Kopfzerbrechen. Auch die AfD-Kreistagsfraktion griff das Thema auf. „Die minimale Stärke von 5 cm auf Stahlbetonunterzügen stellt aus unserer Sicht eine Gefährdung der Standsicherheit des Gebäudes, insbesondere im Brandfall, dar“, schreibt die Fraktion in einer Anfrage. Sie will, dass die Bauaufsichten im Kreis Stade auch die Sicherheit ähnlicher Gebäude prüft, wie das Schulzentrum Süd und die Grundschule am Rotkäppchenweg, beide in Buxtehude.

„Es gibt keinen Grund an der Tragfähigkeit zu zweifeln“, sagt Bürgermeister Gerke. Architekt Oschkinat habe ihm gegenüber bestätigt, dass das Tragwerk „für die Belastungen des Schulbetriebs bemessen und geprüft worden ist“. Beide verweisen auf die geltende Baugenehmigung für das Bestandsgebäude. Laut Gerke bestehe „keine Einsturzgefahr“.

Zu dieser Aussage kommen sie, obwohl ihnen Statikunterlagen nicht vorlagen. Weder in den Fachbüros noch in den kommunalen Archiven waren die Altländer und die Architekten fündig geworden.

Überraschender Fund im Kellerarchiv des Kreishauses

Die gleiche Anfrage stellte das TAGEBLATT auch der Bauordnung beim Landkreis Stade. Mitarbeiter durchstöberten das Archiv im Kreishaus und machten eine überraschende Entdeckung. „Bei einer erneuten intensiven Recherche wurde der entsprechende Vorgang gefunden“, sagt Kreissprecherin Nina Dede.

Diese alten Unterlagen der Variel-Fertigteilkonstruktion hat das Architektencontor ausgegraben.

Diese alten Unterlagen der Variel-Fertigteilkonstruktion hat das Architektencontor ausgegraben. Foto: Architektencontor

Ordner mit Statik-Unterlagen aus den 1970er und 1990er Jahren wurden wiederentdeckt. In der Vergangenheit hatte die Samtgemeinde Lühe laut Dede „ein Mal“ in Stade nach den Bauunterlagen der Grundschule Hollern gefragt. Eine darauffolgende Recherche im Archiv des Dezernates Bauen und Umwelt blieb zu diesem Zeitpunkt erfolglos.

„Hierzu ist der Hinweis wichtig, dass der Landkreis Stade nicht zur Aufbewahrung von Bauunterlagen von Gebäuden außerhalb der eigenen Trägerschaft verpflichtet ist“, sagte Dede. Solch eine Verpflichtung obliege dem Bauherren, im vorliegenden Fall der Samtgemeinde Lühe. Sie kündigte nach Rücksprache mit Kreisbaurätin Madeleine Pönitz an, dass ein Tragwerksplaner die aufgetauchten Akten einsehen wird.

Kreis-Statiker wird Unterlagen zeitnah prüfen

Dass ihn das Kreishaus nicht umgehend über den Fund informiert hat, stieß bei Bürgermeister Gerke sauer auf. Er hatte davon am Mittwoch am Rande der Ratssitzung vom TAGEBLATT erfahren. Gerke kündigte an, das Architektencontor zu beauftragen, die Unterlagen einzusehen.

Ausdrücklich habe er beim Landkreis Stade nachgefragt, ob aus Sicht der Bauordnung akute Einsturzgefahr oder sicherheitsrelevante Bedenken im Zusammenhang mit dem aktuellen baulichen Zustand der Schule bestünden. „Dies wurde klar verneint“, sagte Gerke.

Kreissprecherin Dede hingegen betonte: „Der Landkreis Stade hat sich zur Statik der Grundschule Hollern nicht geäußert. Der Statiker der Kreisverwaltung wird zeitnah eine Prüfung vornehmen. Erkenntnisse über eine Gefährdung liegen derzeit nicht vor.“

Diese alten Unterlagen der Variel-Fertigteilkonstruktion hat das Architektencontor ausgegraben.

Diese alten Unterlagen der Variel-Fertigteilkonstruktion hat das Architektencontor ausgegraben. Foto: Architektencontor

Gerke will seinen Rat umgehend über die Ergebnisse der Prüfungen durch Architektencontor und Statiker informieren. Sein Ziel: Die Schulplanung fortsetzen, um eine Einweihung der Ganztagsschule in Hollern noch im Spätsommer 2027 oder etwas später zu erreichen. Die Fertigstellung zum Schuljahr 2027/2028 hatte Oschkinat im Bauausschuss vom 19. Juni „als sportlich, aber möglich“ bezeichnet.

Gerke will, in Abstimmung mit der Politik, zeitnah im nicht öffentlichen Samtgemeindeausschuss einen Auftrag für die Fortsetzung des Schulbauprojektes bekommen - mit Arbeitsaufträgen an Verwaltung und Architekten. Dann könnten noch in den Sommerferien der Bau- und Schulausschuss tagen.

Zwischenzeitlich hat Nicola Hahn (FDP) den Antrag gestellt, aus Kosten- und Zeitgründen die Reißleine zu ziehen und stattdessen „den Neubau einer vierzügigen Grundschule für alle Schüler der Samtgemeinde Lühe an einem zentralen Standort“ in Angriff zu nehmen. Schließlich würde der Neu- und Umbau inklusive Abriss und Wiederaufbau des Mittelteils plus Sanierung der Sporthalle mittlerweile 16,8 Millionen Euro statt 14,8 Millionen Euro kosten. Eine Mehrheit für den FDP-Antrag ist allerdings nicht in Sicht.

Blick auf den 1993 umgebauten Mittelbau (links) der 1969/1970 errichteten Grundschule in Hollern.

Blick auf den 1993 umgebauten Mittelbau (links) der 1969/1970 errichteten Grundschule in Hollern. Foto: Vasel

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