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Altes Land

TErst beten, dann Bier trinken: Diese Kirche im Kreis Stade hat jetzt eine Theke

Kerstin Piepenbrink, Agnethe Krarup, Bärbel Müller und Sergius Schönfeld (von links) bereiten alles vor, Bänke wichen in St. Martini in Estebrügge der Theke unter der Orgel-Empore.

Kerstin Piepenbrink, Agnethe Krarup, Bärbel Müller und Sergius Schönfeld (von links) bereiten alles vor, Bänke wichen in St. Martini in Estebrügge der Theke unter der Orgel-Empore. Foto: Vasel

Nach dem Gottesdienst geht’s an die Theke: Eine Kirchengemeinde im Alten Land geht neue Wege. Unterhalb der Orgel-Empore ist eine Küche eingebaut worden. Das steckt hinter der Idee.

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Von Björn Vasel
Freitag, 26.01.2024, 09:50 Uhr

Estebrügge. Während Pastorin Agnethe Krarup gemeinsam mit Kerstin Piepenbrink vom Förderverein „Uns‘ Kark!“ die letzten von 150 Kaffeebechern einräumt, tragen Pastor Sergius Schönfeld und Reinigungskraft Bärbel Müller das schwere Seitenteil einer alten Bank weg. Unter der Orgel-Empore der Estebrügger Kirche hat der Förderverein für 42.500 Euro eine Küche einbauen lassen - finanziert aus Mitgliedsbeiträgen und aus Spenden. Damit ist für viele Altländer ein Traum wahr geworden. Ein Tischler hat die Theke aus Eiche gefertigt - abgestimmt mit dem Amt für Bau- und Kunstpflege der Landeskirche.

Austausch an der Theke unter der Orgelempore

Die Idee: Nach Gottesdiensten, Konzerten, Krippenspielen und Lesungen oder während des Weihnachtsmarktes sollen sich die Besucherinnen und Besucher unterhalb des Orgel-Prospekts aus dem Jahr 1702 von Arp Schnitger treffen. Bei Kaffee, Wasser, Bier oder Wein sowie Fingerfood und Butterkuchen sollen sie ins Gespräch kommen und sich über Gott und die Welt austauschen.

„Wir wollten einen Ort der Begegnung schaffen und die Gemeinschaft stärken“, unterstreicht Piepenbrink, Vorsitzende des Fördervereins „Uns‘ Kark!“ zur Förderung der Gemeindearbeit in der St.-Martini-Kirchengemeinde Estebrügge. Pastorin Krarup unterstreicht, dass ihnen auch Nicht-Kirchenglieder willkommen sind. Schließlich ist die Kirche das kulturelle Zentrum der Dörfer an der Untereste.

Die Kaffeemaschine fährt hoch.

Die Kaffeemaschine fährt hoch. Foto: Vasel

Denkmalschützer segneten Küche in der Kirche ab

Damit die Besucher viel Platz haben, mussten einige Bänke weichen. „Das haben wir mit der Denkmalpflege besprochen“, sagt Krarup. Der Tresen aus geölter Eiche knüpft an das Holz der Bänke und Wandpaneele aus dem 17./18. Jahrhundert an. Die Bankwangen ziehen Betrachter durch ihre Engelsköpfe in Akanthus in den Bann - denn die Nasen der Engel fehlen. Nach einer Legende soll ein schwedischer Offizier im oder nach dem Dreißigjährigen Krieg im Rausch mit seinem Säbel in der Kirche gewütet haben. Die Engelsköpfe wurden im Jahr 1970 so wiederhergestellt, wie sie bei der Erbauung der barocken Kirche um 1700/1702 bemalt worden sind. Die Wangen sind allerdings deutlich älter, vermutlich zwischen 1600 und 1650 entstanden.

Wer an der Theke steht, blickt an der Wand auf die Namen der Kirchenstuhlinhaber. Allerdings sind dort lediglich Männer verewigt worden. Bei den Frauen schrieben die Handwerker bei der Neuausmalung der Kirche im Jahr 1868 - im Haus Gottes herrschte Geschlechtertrennung - einfach „Frauenstellen“ an die Paneele. Seit Januar 2023 war die Kirche eine Baustelle.

Haustechnik wie in der Gastronomie

Die neue Theke kann in Windeseile zum (Bücher-)Tisch werden. In den Schubladen ist Platz für Geschirr für 150 Personen. Die Gastro-Kaffeemaschine ist im Bauch der Sonderanfertigung versteckt und kann, beispielsweise nach dem Gottesdienst, per Knopfdruck hochgefahren werden. Eine Zapfanlage gibt es (noch) nicht. Innerhalb von 21 Minuten vollbringt die Gastro-Spülmaschine ihr Werk.

Die Küche in der Kirche soll an diesem Sonntag, 28. Januar, 11 Uhr, gemeinsam mit dem sanierten Innenraum von St. Martini mit einem Festgottesdienst eingeweiht werden. Wie berichtet ist das Estebrügger Gotteshaus in den vergangenen fast zwölf Monaten wegen der 500.000 Euro teuren Bröckelputzsanierung geschlossen gewesen. Fast 140.000 Euro hatten die Menschen im Kirchspiel für ihre Kirche gespendet, Heiligabend fand der erste Gottesdienst wieder statt.

Der neue Treff sei eine Ergänzung zum Gemeindehaus, so Krarup. Das erste Konzert ist für Sonnabend, 2. März, geplant. Der dänische Soloklarinettist Mikael Børresen und der Organist Michael Turkat präsentieren „Gesänge der Erde“ in der St.-Martini-Kirche. Die Fördermitglieder von „Uns‘ Kark!“ haben ihre Mitgliederversammlung am Freitag, 9. Februar, 19 Uhr, an die Theke verlegt - inklusive eines Blicks in das Kirchenschiff. Piepenbrink: „Wir stoßen auf unsere neue Küche an.“

Mehr zur Arbeit des Fördervereins gibt es unter www.kirche-estebrügge.de.

Blick vom Tresen in die St.-Martini-Kirche in Estebrügge.

Blick vom Tresen in die St.-Martini-Kirche in Estebrügge. Foto: Vasel

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