Großalarm in Mulsum: Bagger reißt wegen Überflutungen einen Kanal in den Asphalt

Rabiate Maßnahme: Ein Bagger reißt die Asphaltdecke der Alten Schmiedestraße vor Mulsum auf, um die Wassermassen von der Ortschaft wegzuleiten. Foto: Vasel
In Mulsum standen infolge des Starkregens Felder unter Wasser, Keller von zwei Häusern liefen voll. Die Siedlung in der Alten Schmiedestraße war bedroht. Samtgemeindebürgermeister Matthias Hartlef ließ die Bagger anrollen - und die Straße aufreißen.
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Mulsum. Am Sonnabend gegen 16 Uhr hatte die Feuerwehr- und Rettungsleitstelle in Wiepenkathen Großalarm ausgelöst, die Feuerwehren der Samtgemeinde Fredenbeck rückten nach Mulsum aus. Das Szenario: Schwere Regenfälle hatten mehrere Felder nahe der Ortschaft überflutet. Die Wassermassen drückten laut Feuerwehrsprecher Lukas Klempahn in die Keller anliegender Häuser in der Siedlung in der Alten Schmiedestraße. Die Bewohner von zwei Häusern kämpften in ihren Kellern bereits mit Pumpen gegen die Fluten.

Die Feuerwehr baute zahlreiche Pumpen mit knapp 1500 Meter Schläuchen auf, um das Wasser in einen nahe gelegenen Bach umzuleiten. Foto: Vasel
Unter Führung von Ortsbrandmeister Merten Tomforde waren mehr als 60 Feuerwehrleute der Ortsfeuerwehren Fredenbeck, Mulsum, Essel und Wedel im Einsatz. Vier Pumpen mit einer Leistung von 10.000 Litern pro Minute bauten die Einsatzkräfte in strömendem Regen an der Straße zu den Feldern auf, um die Wassermassen von der Ortschaft wegzuleiten. Etwa 2080 Meter Schläuche wurden entlang des betroffenen Gebiets verlegt, um das Wasser in Richtung Ringbeck abzuführen. Jedoch reichte die Pumpleistung nicht aus, um das Niederschlagswasser unter Kontrolle zu bekommen, sagte ein Feuerwehrsprecher.
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Graben statt Straße: Asphalt wurde aufgerissen
Samtgemeindebürgermeister Matthias Hartlef ordnete daraufhin - auf Grundlage der Gefahrenabwehr - an, die Asphaltdecke der Alten Schmiedestraße mit einem Bagger aufzureißen. Unterstützt von der Feuerwehr bauten Lohnunternehmer einen 300 Meter langen, bis zu 3,50 Meter tiefen Graben.
Erst in den frühen Morgenstunden war der Notkanal fertig. Der verlief - parallel zur Alten Schmiedestraße - in Richtung Osten über eine „Bergkuppe“; auf den letzten Metern lief das Wasser aufgrund des natürlichen Gefälles über Äcker und Wiesen weiter bis zur Ringbeck.
Gegen 2 Uhr rückte ein Großteil der Einsatzkräfte ein, eine kleine Truppe unterstützte den Baggerfahrer beim Bau. Die Feuerwehr Wedel leuchtete die Einsatzstelle mit dem Lichtmast taghell aus.
Gegen 1 Uhr nachts wurden die Pumpen zurückgebaut. Bürger aus der Gemeinde Mulsum versorgten die Feuerwehrleute im strömenden Regen mit wärmendem Kaffee, das Deutsche Haus lieferte Essen.
In den frühen Morgenstunden lief das Wasser ab.
Für Hartlef ist das Ereignis ein deutliches Zeichen, dass die Entwässerungspläne für Mulsum nicht auf die lange Bank geschoben werden dürften. Sein Ansatz: Den Notkanal nutzen, um die Rohre für einen unterirdischen Regenwasserkanal verlegen zu können, der im Generalentwässerungsplan ohnehin im Gespräch war. Gespräche mit Anliegern sollen folgen.
Der Samtgemeinderat Fredenbeck und der Rat der Gemeinde Kutenholz beschäftigen sich seit Jahren mit den Entwässerungsproblemen in Mulsum - unter anderem auch am Kühlhornsbach in der Straße Im Dänsch, wo ebenfalls Maßnahmen geplant sind.
Ein Generalentwässerungsplan für Mulsum wurde vom Ingenieurbüro Galla aus Horneburg bereits im November 2022 der Samtgemeinde vorgestellt. Das Konzept von 2021 sieht den Bau mehrerer Regenwasserkanäle vor. Kostenschätzung für den ersten Sanierungsabschnitt: 400.000 Euro.