TKirschernte im Alten Land: Obstbauern freuen sich über Super-Kirschen

Kirschernte im Alten Land: Meta Hauschildt aus Westerjork erntet die Frühsorten. Foto: Vasel
Die Ernte der Süßkirschen hat begonnen: Der Geschmack ist top, so die Obstbauern an der Niederelbe. Und die Konkurrenz hat in diesem Jahr ein großes Problem.
Jork. Im Alten Land ernten Obstbauern wie Meta Hauschildt aktuell Frühsorten wie Belise und Merchant. „Der Geschmack stimmt“, freut sich die Obstbäuerin. Die Früchte konnten viel Zucker einlagern. Auch in diesem Jahr hat die Ernte - ähnlich wie bereits 2024 - zehn Tage früher als im Durchschnitt begonnen.
Die Erzeuger und die Berater rechnen mit einer leicht unterdurchschnittlichen Ernte. Im Schnitt ernten die Bauern 10 bis 12 Tonnen Kirschen pro Hektar beziehungsweise 12 bis 15 Kilogramm pro Baum.
Altländer setzen auf Dachkirschen
Die Altländerin setzt auf Dachkirschen. Das sichert die Qualität. Im Freiland gab es durch den starken Regen bereits große Schäden. Deshalb hat Hauschildt erneut in ein Dach investiert. Das kostet 100.000 bis 120.000 Euro pro Hektar, rechnet Steinobstexperte Martin Kockerols vom Obstbauzentrum Esteburg vor.
Unter dem Regenschirm können die Kirschsorten voll ausreifen. Sie werden schmackhafter (mehr Zucker), glänzender, haltbarer und größer. Das lieben Handel und Verbraucher. Außerdem sind sie bei Regen besser vor der Nässe geschützt. Die Süßkirschen platzen nicht so wie die Früchte in ungeschützten Plantagen.

Erntefrisch: Die ersten Kirschen sind da. Foto: Vasel
Auf 450 Hektar, knapp fünf Prozent der Anbaufläche, bauen um die 200 von knapp 500 Obstbauern an der Niederelbe neue und alte Kirschsorten an. Dachkirschenanlagen dominieren, sie machen 80 Prozent der Fläche aus.
Die Plantagen sind seitlich durch Netze vor der sexsüchtigen und fortpflanzungsfreudigen Kirschessigfliege geschützt. Die haben die Erzeuger in diesen Tagen fest im Blick, unterstreicht Esteburg-Vize Dr. Matthias Görgens mit Blick auf den milden Winter.
Heute rechne sich der Anbau nur unter dem Dach. „Wir müssen immer am Ball bleiben“, sagt Hauschildt. Sie will ihr Sortiment um Sorten wie die violett-schwarzrote, hochglänzende Kir Vulcano und die dunkel- bis schwarzrote, marmorierte frühe Adelise ausbauen.
Knuppersorten werden in 14 Tagen gepflückt
In 14 Tagen startet mit Kordia die Ernte der Knuppersorten. Diese macht den Anfang, im Juli folgt Regina. Sie ist eine waschechte Altländerin. Die Süßkirsche wurde in den 1950er Jahren von der Obstbauversuchsanstalt Jork aus „Schneiders späte Knorpelkirsche“ und „Rube“ gezüchtet. Die Regina dominiert weltweit den Anbau.

Ohne Saisonarbeitskräfte geht es nicht. Foto: Vasel
Auch an der Niederelbe steht Regina auf Platz 1. Ihr Anteil an den Neupflanzungen lag 2023/2024 bei 38,6 Prozent. Doch auch neue Sorten wie die Vulcano werden gepflanzt (Anteil: 8 Prozent). Trotzdem verliert der Süßkirschenanbau angesichts steigender Produktionskosten an der Niederelbe weiter an Bedeutung. Das zeigen die Zahlen: Die Altländer pflanzten 23.000 Kirschbäume. Zeitgleich verkaufte der Handel fast 932.000 Apfelbäume.
Frost schwächt die Konkurrenz aus dem Ausland
In diesem Jahr dürfte der Druck durch ausländische Dumpingware aus der Türkei geringer ausfallen, dort gab es starke Frostschäden. Der Selbstversorgungsgrad in Deutschland schwankt, dieser liegt bei 30 bis 50 Prozent. Aktuell kostet das Kilogramm in den Hofläden oder auf den Wochenmärkten um die 7 Euro.

Viele Obstbauern vermarkten ihre Kirschen wie Meta Hauschildt aus Westerjork direkt - am Stand oder im Hofladen. Foto: Vasel
Die Obstbauern müssen steigende Kosten kompensieren, vor allem durch den höheren Mindestlohn von 12,82 Euro. Seit 2015 ist der Mindestlohn um 73 Prozent gestiegen. Die Direktvermarkter konnten im selben Zeitraum lediglich 17 Prozent mehr für ihre Kirschen erzielen. Die Arbeitskosten machen laut Görgens rund 35 Prozent der Produktionskosten aus. Vorbei sind die Zeiten, als sich Dachkirschenanlagen nach zehn Jahren amortisierten.
1,7 Kilogramm frische und verarbeitete Kirschen verbrauchten die Deutschen pro Kopf. Das Obst sollte nach dem Kauf möglichst schnell gegessen werden, im Kühlschrank halten sich sie zwei bis drei Tage. Neben den Vitaminen A, B und C enthalten sie viele wichtige Nährstoffe wie Folsäure, Kalium, Magnesium und Eisen. Sekundäre Pflanzenstoffe stärken das Immunsystem. Den grünen Stiel sollte man erst nach dem Waschen abzupfen. Das schont das Aroma und verhindert, dass die Frucht verwässert.
Übrigens: Das Alte Land war einst das Kirschenland. Der Kirschanbau prägte bis in die 1930er Jahre das Alte Land, um 1931 lag der Anteil bei 23 Prozent. Das Steinobst wird seit dem Mittelalter angebaut. 1581 gab es sogar einen Kirschenkrieg. Weil das Erzbistum Bremen seinerzeit den Import von Bier aus der Freien und Hansestadt untersagte, durften die Altländer Kirschen eine Zeit lang nicht nach Hamburg verschifft werden.
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