TMehl statt Müll: Twielenflether Mühle rettet seltene Maschinen

Volkmar Dinglinger begutachtet den fast 60 Jahre alten Miag-Multomat, der das Getreide mahlt. Foto: Buchmann
In der mehr als 170 Jahre alten Twielenflether Mühle stellen Volkmar Dinglinger und Hein Noodt heute noch Getreideprodukte nach traditioneller Art her. Beim Mühlenfest können Besucher die alten Maschinen im Inneren bestaunen.
Hollern-Twielenfleth. Die neue Maschine im Lager der Twielenflether Mühle „Venti Amica“ wirkt wie das Bauteil eines Raumschiffes. Überall ragen Hebel und Knöpfe aus dem Metallgehäuse mit vier kleinen Sichtfenstern an der Frontseite. Volkmar Dinglinger ist sichtlich stolz auf die neue Errungenschaft - dabei ist die schon gut 60 Jahre alt.

Der Multomat wurde in Einzelteilen geliefert. Bis wann er einsatzbereit ist, kann Müller Hein Noodt noch nicht sagen. Foto: Buchmann
„Das ist ein Miag-Multomat, quasi acht Mühlen in einer“, erklärt Dinglinger. Die Maschine hat acht hintereinander geschaltete Walzenstühle verbaut, dank denen sie in einem Durchgang Getreide zu verschiedenen Mehltypen vermahlen kann. Was damals innovativ war, sollte vor kurzem von der Deutschen Müllerschule in Braunschweig im Schrott entsorgt werden.
Ein Stück Nostalgie in Twielenflether Mühle
Doch wieso rüstet sich die 1851 neu errichtete Mühle in Twielenfleth mit einer Maschine aus dem letzten Jahrtausend auf? Das habe zwei Gründe, sagt Volkmar Dinglinger. „Der Multomat wurde damals für kleine Mühlen wie unsere entwickelt, um die Produktivität zu steigern“, sagt der Müller. Doch in den 1960er-Jahren ging es mit den Kleinbetrieben merklich zurück, weshalb kaum jemand in die teure Technik investierte.

Der Doppel-Walzstuhl aus den 1960ern wird zur Herstellung heller Mehlsorten verwendet. Foto: Buchmann
So sei das Gerät in der Müllerschule gelandet, wo es ausschließlich zur Probenherstellung für den Unterricht benutzt worden sei. Doch die Maschine bringt auch einen nostalgischen Wert mit sich. „Hein hat die Maschine schon in seiner Lehrzeit bei einem Besuch in der Müllerschule gesehen und war total begeistert, dass wir sie jetzt haben“, sagt Dinglinger. Vermittelt hatte den seltenen Fund Peter Meinke, der Neffe von Mühleneigentümer Hein Noodt.
Hein Noodt garantiert sorgsame Pflege der Oldtimer
Müllermeister Hein Noodt feierte diesen Juni ein besonderes Datum: Seit 65 Jahren ist er hier im Dienst. Mit zwölf Jahren fing er in der Mühle seines Vaters an zu arbeiten. Bis heute ist der Twielenflether noch fast jeden Tag in der Mühle zugange und pflegt sorgsam die Maschinen.

Den 1963 gebauten Grützeschneider haben die Twielenflether Müller erst vergangenes Jahr installiert. Foto: Buchmann
In der Mühle sind bis heute noch einige solcher Oldtimer in Betrieb, wie etwa ein Grützeschneider von 1963, ein Tischausleser von 1955 oder ein Getreidereiniger von 1927. Der müsse jetzt nach fast 100 Jahren jedoch ersetzt werden, sagt Dinglinger. Die Trieur, also der Zellenausleser, sei kaputt.

Mithilfe des gut 70 Jahre alten Tischauslesers können grobe und feine Getreidekörner durch Rüttelbewegungen getrennt werden. Foto: Buchmann
Das ein Gerät abdankt, passiere jedoch selten. „Die Maschinen sind für die Ewigkeit gebaut“, sagt Hein Noodt. Solange die Lager gefettet und das Getriebe in Ordnung ist, machen sie ihre Arbeit. Der Multomat kommt so zeitnah jedoch nicht zum Einsatz. Die Maschine ist nämlich in Einzelteilen, verteilt auf mehrere Kisten, angekommen. „Das kann dauern“, sagt Hein Noodt.
Mühlenfest am 20. Juli lädt zum Erkunden ein
An der Mühle selbst steht auch eine größere Reparatur an. Die grünen Blechschindeln am Achtkant sowie auf dem Silo seien undicht, weil die Schraubenköpfe wegrosten, sagt Volkmar Dinglinger. Deshalb müsse das Dach neu gedeckt werden. Die erste Kalkulation ergab: Die Reparatur kostet die Mühlenbetreiber einen sechsstelligen Betrag. „Wir haben bereits einen Zuschussantrag gestellt und hoffen, dass wir es bis zum Winter reparieren können“, sagt Dinglinger.

Die ausgedienten Blechschindeln sollen gegen langlebige Aluschindeln getauscht werden. Volkmar Dinglinger zeigt sie. Foto: Buchmann
Einen Grund zum Feiern haben die Twielenflether Müller jedoch allemal. Am Samstag, 20. Juli, richtet der Mühlenverein Venti Amica wieder sein Mühlenfest in Twielenfleth aus. Ab 12 Uhr öffnet die historische Windmühle ihre Türen für Besucher. Neben dem Festprogramm mit Gottesdienst, Vorführungen verschiedener Kindergruppen und einer Hüpfburg sorgt die Coverband Back to Beat für musikalische Unterhaltung.