Zähl Pixel
Bildung

TMehr Geld für den Ganztagsausbau der Grundschulen? Ministerin blockt ab

Die Kräne drehen sich über der Baustelle der neuen Grundschule in Bliedersdorf.

Die Kräne drehen sich über der Baustelle der neuen Grundschule in Bliedersdorf. Foto: Vasel

Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) wird den Kommunen im Kreis Stade keinen Cent mehr als angekündigt für den Ganztagsausbau der Grundschulen überweisen. Sie will den Bund anpumpen. Beim Landkreis sorgt das für Belustigung.

author
Von Björn Vasel
Donnerstag, 08.08.2024, 13:26 Uhr

Jork. Im Juni hatte Landrat Kai Seefried (CDU) mit den hauptamtlichen Bürgermeistern im Landkreis Stade einen zweiten Brandbrief an die Niedersächsische Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) geschrieben.

Ihr Appell: Das Land müsse sich bei der Umsetzung des Rechtsanspruches auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule stärker an den Kosten beteiligen. Den Rechtsanspruch ab 2025 hatte der Bund im Jahr 2021 beschlossen.

Neun der elf Kommunen im Kreis Stade rechnen aktuell mit Investitionen in Höhe von voraussichtlich insgesamt 166 Millionen Euro. Die Krux: Das Land will sich lediglich mit sieben Millionen Euro beteiligen.

Millionen-Investitionen und mickrige Beteiligung des Landes

Drei Beispiele: 42 Millionen Euro muss die Samtgemeinde Horneburg in Bliedersdorf, Horneburg und Dollern investieren, um die Ganztagsbetreuung und Anforderungen an moderne Pädagogik baulich umzusetzen.

Die Gemeinde Jork baut für 30 Millionen Euro eine neue Schule im Ortszentrum, aus Hannover gibt es dafür magere 558.000 Euro. Die Samtgemeinde Lühe will in Hollern, in Steinkirchen und in Guderhandviertel 18 Millionen Euro für die Grundschulen ausgeben. Die Ministerin hat 419.000 Euro in Aussicht gestellt.

Mehr als die bereits versprochenen 55 Millionen Euro wird es in den Jahren 2024 bis 2027 aus der Landeskasse für die Ganztagsschule in Niedersachsen nicht geben. Der Bund, dieser setzte den Rechtsanspruch durch, gewährte 348 Millionen Euro. Dieses Geld wird bereits seit 2021 für den Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote verteilt.

Kultusministerin sieht die Kommunen in der Pflicht

Kultusministerin Hamburg verweist in diesem Zusammenhang auf das Niedersächsische Schulgesetz. Demnach seien die Kommunen grundsätzlich verpflichtet, die erforderlichen Schulanlagen zu errichten, mit den notwendigen Einrichtungen auszustatten und ordnungsgemäß zu unterhalten. Was notwendig sei, entscheide der Schulträger in „eigener Zuständigkeit“, schreibt die Ministerin.

Was das heißt? Das Land überlässt es den Kommunen, ob sie bei Baumaßnahmen zeitgemäße pädagogische Standards für den Ganztag anlegen. Ob Räume für Differenzierung, Inklusion oder Ruhe- und Bewegung, dafür gibt es weiterhin keine Extra-Förderung. Im Grunde reicht eine Mensa.

Der Brief steckt voller Widersprüche. Einerseits teilt das Land mit, dass kein zusätzliches Geld fließt. Andererseits teilt Hamburg dem Landrat und den Bürgermeistern mit, dass sie sich „der großen gesamtgesellschaftlichen Bedeutung des Ganztags bewusst ist“. Auch sie wolle die Bildungsgerechtigkeit und die Chancengleichheit der Schüler verbessern.

Hamburg will den Bund zur Kasse bitten

Die Grüne schiebt den Schwarzen Peter weiter nach Berlin. Sie will erreichen, dass sich der Bund stärker finanziell engagiert. Denn aktuell werde das Geld weder für die Ganztagsinvestitionen, noch perspektivisch für die Betriebskosten eines Ganztagsangebotes reichen, „das unseren gemeinsamen Vorstellungen entspricht“, gesteht die Kultusministerin freimütig.

Trotz alledem spricht sie von einem „erfolgreichen Umsetzungsprozess“ und dankt den Hauptamtlichen für ihren „unermüdlichen Einsatz“. Im Kreishaus und in den Rathäusern wird der Hamburg-Brief hinter vorgehaltener Hand auch als „Realsatire“ bezeichnet. Denn die Ministerin lobt sich dafür, den Kommunen „möglichst große Freiräume für die Umsetzung des Rechtsspruchs zu ermöglichen“.

Landrat und Bürgermeister setzen nicht mehr auf Bund und Land

„In unser aller Interesse hoffe ich, dass sie in Berlin auf offene Ohren stoßen wird“, sagte Landrat Kai Seefried (CDU). „Ihre Antwort zeigt aber auch, dass in der näheren Zukunft keine weitergehende Unterstützung durch das Land oder durch den Bund zu erwarten ist.“ Somit müssten die Kommunen weiter die gesamte Last tragen.

Bürgermeister wie Matthias Riel (Jork), Knut Willenbockel (Horneburg) und Timo Gerke (Lühe) betonten, dass sie mit dieser Antwort gerechnet hatten. Ohne Schulden und höhere Steuern gehe es weiterhin nicht, auch die Genehmigungsfähigkeit der Haushalte könnte gefährdet sein.

„Es bleibt klar, dass es einen großen Unterschied zwischen den von der Bundespolitik geweckten Erwartungen und der Realität vor Ort gibt, die am Ende vor allem von den Verantwortlichen in den Kommunen gelöst werden müssen“, klagt Seefried.

Die Redaktion empfiehlt
Weitere Artikel