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Schifffahrt

TKritiker: Containerschiffe nutzen neue Tiefe nicht - Elbe ist ein Milliardengrab

Wenig Tiefgang: Ein nicht voll beladenes Containerschiff passiert das Alte Land auf dem Weg nach Hamburg.

Wenig Tiefgang: Ein nicht voll beladenes Containerschiff passiert das Alte Land auf dem Weg nach Hamburg. Foto: Vasel

Kritiker der laufenden Fahrrinnenanpassung lassen nicht locker. Für sie wird die Elbvertiefung zum Milliardengrab. Die Baggerkosten ständen in keinem Verhältnis zum Nutzen. Das zeige die neue Containerschiff-Tiefgangsstatistik.

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Von Björn Vasel
Freitag, 12.01.2024, 05:50 Uhr

Jork. „Die aktuellen Tiefgangsauswertungen bei den großen Containerriesen beweisen, dass die Elbvertiefung vollkommen überflüssig war“, sagt Kapitän Klaus Schroh, der frühere Leiter der Sonderstelle des Bundes zur Bekämpfung von Meeresverschmutzungen. Angesichts der vergangenen und zukünftigen Kosten müsse es einen „umgehenden Baggerstopp auf der Tideelbe“ geben.

Mittlerweile seien laut Schroh die Kosten für die Fahrrinnenanpassung auf 1,5 Milliarden Euro gestiegen. Bund und Hamburg hatten sich die Vertiefung und Verbreiterung in den Jahren 2019 bis 2021 rund 850 Millionen Euro kosten lassen. Aufgrund des verstärkten Flutstroms verstopfen immer mehr Sedimente die Elbe, seine Erosionskraft führt in den Seitenräumen der instabilen Fahrrinnenkante immer wieder zu Abbrüchen. Seit Dezember 2022 gelten deshalb Restriktionen für den Schiffsverkehr, weil es immer wieder Untiefen gibt.

Mehr große Pötte, aber weniger Ladung im Hafen

Die Auswertung der offiziellen Zahlen zu den Tiefgängen zeige, dass die „nach der Teilfreigabe der Fahrrinne eingeschränkten maximalen Tiefgänge nur in Einzelfällen genutzt werden“, sagt Schroh. Das gelte insbesondere für die Mega-Frachter, die mehr als 8000 Container (TEU) transportieren könnten.

Im Jahr 2023 hätten 864 Containerschiffe den Hamburger Hafen angelaufen - mit einem durchschnittlichen Tiefgang von 11,78 Metern. Im Vorjahr waren es 774 Schiffe mit Durchschnittstiefgängen von 12,45 Metern. Das entspreche einer Abnahme von 67 Zentimetern. Das heißt: Die Zahl der großen Pötte steigt, sie haben aber weniger Ladung an Bord.

Millionen-Subvention für eine Handvoll Schiffe

Unterm Strich hätten lediglich 16 einlaufende Schiffe mit 28 Zentimetern den seit der Teil-Elbvertiefung ermöglichten Mehrtiefgang genutzt. Auch bei den auslaufenden Containerschiffen „war dieser Trend festzustellen“, so Schroh. Noch krasser sei die Diskrepanz zwischen nutzbarem und ungenutztem Ladungspotenzial bei den großen, rund 400 Meter langen Containerriesen. Lediglich acht Schiffe dieser Größenordnung hätten den Hamburger Hafen im Jahr 2023 mit einem Maximaltiefgang von bis zu 14,30 Metern angelaufen. Fünf davon hätten den Hafen allerdings auch tideabhängig - auf der Flutwelle - erreichen können. Bei den auslaufenden Schiffen hätten nur fünf Containerriesen mit 12,80 Metern bis 13,20 Metern einen größeren Tiefgang als den seit 2010 geltenden maximalen Tiefgang von 12,70 Metern genutzt.

Das Ziel der Elbvertiefung - eine Fahrrinnenvertiefung um 1,5 Meter - sei bislang nicht annähernd erreicht. Die nach Ansicht von Schroh „unverantwortlichen“ Kosten des Dauerbaggerns ständen in keinem Verhältnis zum wirtschaftlichen Nutzen.

Hamburger Hafen verliert an Bedeutung

Er verweist auch darauf, dass der Containerumschlag im Hafen rückläufig sei. Die Verfechter der 9. Elbvertiefung waren in ihrem Planfeststellungsantrag noch davon ausgegangen, dass im Jahr 2025 im Hamburger Hafen 27 Millionen Standardcontainer (TEU) umgeschlagen werden. Auch auf dieser Prognose basierte die Wirtschaftlichkeitsberechnung. Stattdessen gab es seit Antragstellung im Jahr 2007 einen Rückschritt um bis zu 17 Prozent - von fast zehn Millionen auf rund acht Millionen Standardcontainer.

Er könne nicht nachvollziehen, dass Bund und Hamburg, aber auch die Rechnungshöfe (und der Bund der Steuerzahler) keinen Baggerstopp fordern. Bei Baggermengen von 40 Millionen Kubikmeter in Tideelbe und Hafen im Jahr sei ein Weiter so unverantwortlich - auch mit Blick auf das Fischsterben durch die Verschlickung.

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