TNutria-Invasion an der Niederelbe: Drohnen sollen die Nager aufspüren

Nutrias (Myocastor coypus) gefährden die Stabilität von Deichen und Uferböschungen im Landkreis Stade. (Symbolbild) Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Nutria und Deichbau waren Themen bei der Tagung der Europäischen Wasserverbände in Jork. Im Kampf gegen die Nager setzen die Niederländer auf besondere Methoden.
Jork. Die Niedersachsen können von den Niederländern bei der Bekämpfung der Nutria viel lernen. Das hat Godehard Hennies vom Wasserverbandstag am Dienstag bei der Jahrestagung der Europäischen Union der Wasserwirtschaftsverbände (EUWMA) in der Altländer Festhalle in Jork unterstrichen.
Mehr als die Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner der Niederlande leben unterhalb des Meeresspiegels. Die Nager gefährden auch die Deiche, die Bekämpfung der Nutrias ist für das Nachbarland existenziell.
Fast 500 Berufsjäger beschäftigten die Wasserverbände in den Niederlanden, um Nutria und Bisamratten zur Strecke zu bringen. Bis 2035 sollen sie die Population ausrotten. Schon heute sind große Teile des Landes nutriafrei, knapp 95 Prozent kommen im Grenzgebiet zu Deutschland vor.
Nutria-Population mit Drohnen und DNA-Analysen bekämpfen
Godehard Hennies verwies gegenüber dem TAGEBLATT auf ein Forschungsprojekt. Die Niederländer setzen zum Aufspüren der invasiven Art sogar Drohnen mit Spezialkameras ein. Die Krux: Die Nutria-Bauten sind häufig gut versteckt. Deshalb werden in den Gewässern auch DNA-Proben gezogen.
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Nutrias hinterlassen genetische Spuren, unter anderem durch ihre abgefallenen Hautzellen oder durch Zellen aus der Magen-Darm-Schleimhaut in ihrem Kot. Bei einem Nachweis über die DNA-Rückstände in den Wasserproben können die Jäger den Bereich eingrenzen und die Population der Nager bekämpfen.
Grenzübergreifende Zusammenarbeit mit den Niederlanden
Hennies würde es begrüßen, wenn Niedersachsen über das Landwirtschafts- oder Umweltministerium den Hightech-Einsatz zur Nutria-Bekämpfung über eine finanzielle Förderung dauerhaft unterstützen würde. Im Grenzbereich arbeiten die Verbände bei der Jagd bereits länderübergreifend zusammen. Der Austausch mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen sei sehr gut. Die DNA-Methode, aber auch Künstlicher Intelligenz (KI) für Spezialkameras und Drohnen könnten Jägern beim Management invasiver Arten helfen.

Oberdeichrichter Wilhelm Ulferts erläutert den Delegierten bei der Jahrestagung der Europäische Union der Wasserwirtschaftsverbände (EUWMA) auf Hahnöfersand das Klimadeich-Konzept. Foto: Vasel
Bislang würden insbesondere Jägerschaft, Deich- und Unterhaltungsverbände und insbesondere die Kommunen die finanzielle Last tragen. Hennies verwies in Jork beim Exkursionstag der EUWMA - Tagungsort war Hamburg Wasser - auf das Beispiel des Landkreises Stade. Dieser sei „vorbildlich“ bei der Bekämpfung.
Jägerschaft und Landkreis Stade wollen knapp 220 Fallen aufstellen
Auf Antrag der Jägerschaft im Landkreis Stade hat der Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Regionalplanung empfohlen, 95.000 Euro im Haushalt 2026 für knapp 220 Nutria-Fallen locker zu machen. Unterhaltung, Aufstellung und Wartung dieser Geräte übernehmen die Mitglieder der Jägerschaft ehrenamtlich, unterstreicht der Vorsitzende der Kreisjägerschaft, Jens Hariefeld. Die Jägerschaft will als Naturschutzverband flächendeckend den Bestand reduzieren - nachhaltig und tierschutzkonform.
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Die Hegeringleiter haben den Bedarf ermittelt: 62 Lebendfang-Rohrfallen (Modell: Trapper Neozoen) sollen im Bereich Buxtehude, Altes Land und Horneburg aufgestellt werden, weitere 90 in Kehdingen. Die Tiere werden lebendig gefangen und zeitnah mit einem Fangschuss getötet. „Die Nutrias vermehren sich mit einer raketenartigen Geschwindigkeit“, sagt Wilhelm Ulferts, Oberdeichrichter des Deichverbandes der II. Meile Alten Landes.

Klimadeich und Nutria: Themen der Jahrestagung der Europäischen Union der Wasserwirtschaftsverbände (EUWMA), die für Medieninteresse sorgen. Foto: Vasel
Doch warum sind die Nager so gefährlich? Für die Gänge ihrer Wohnhöhlen durchbohren oder unterhöhlen sie nicht nur an Gräben, sondern auch an Flüssen die Uferböschungen, aber auch die Deiche. Dadurch können diese einstürzen oder abrutschen, schlimmstenfalls werden Hochwasserschutzdeiche wasserdurchlässig oder instabil.
Selten werden die Vegetarier zu Flexitariern
„Die Tiere stellen somit Gefahr für Gewässerunterhaltung und Hochwasserschutz dar“, sagt Ulferts. Hinzu kommen Fraßschäden an Unterwasser- und Ufervegetation (Großmuschel-, Röhricht- und Wasserpflanzenbestände) und in der Landwirtschaft. Kurzum: Sie gefährden auch die Biodiversität. Selten werden die Vegetarier zu Flexitariern und essen auch Süßwassermuscheln, Schnecken oder Würmer.
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Die aus DDR-Pelztierfarmen ausgebüxte vermehrungsfreudige Biberratte stammt aus Südamerika. Die Europäische Union hat den nacht- und dämmerungsaktiven Nager als invasive Art eingestuft. Sie steht im Jagdrecht. Die Weibchen bringen zwei- bis dreimal jährlich Würfe mit bis zu acht Jungen auf die Welt. Diese sind bereits nach fünf Monaten geschlechtsreif.
„Bestandskontrolle und Bekämpfung sind auch aus wasserwirtschaftlicher Sicht dringend notwendig“, sagt die Kreisbaurätin Madeleine Pönitz. Im Jagdjahr 2024 erlegten die Jäger im Landkreis Stade 1487 Nutrias. Fünf Jahre zuvor gingen laut Nutriastrecke-Statistik 819 Tieren in die Falle, 2018 waren es lediglich 164.
EU-Verbände fordern mehr Tempo bei Deichbau
Doch nicht nur der Nager waren ein Thema. Landrat Kai Seefried und Oberdeichrichter Ulferts waren sich mit Meindert Smallenbroek von den Dutch Water Authorities und Franz-Xaver Kunert vom Deutschen Bund der verbandlichen Wasserwirtschaft einig, dass der Deichbau EU-weit privilegiert sein sollte.

Meindert Smallenbroek von den Dutch Water Authorities war sich mit den Altländern einig. Foto: Vasel
Öko-Ausgleich und Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie dürften diesen mit Blick auf den Klimaschutz nicht verzögern. Über die EVP soll jetzt - ähnlich wie beim Wolf - eine Ausnahme für den Deichbau in FFH-Gebieten erreicht werden.
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