TGroßkontrolle in Loxstedt: Bekifft, ohne Führerschein und mit Messer

Großkontrolle hinter dem Wesertunnel: Eine Polizeibeamtin hält einen Autofahrer an. Foto: Jan Iven
Bei einer Großkontrolle am Wassertunnel hat die Polizei am Freitagabend an der B473 mehr als 300 Fahrzeuge angehalten. Nach der Teillegalisierung von Cannabis werden bekiffte Fahrer nun erstmals gesondert in der Statistik aufgeführt. Gibt es mehr Drogenfahrten?
Loxstedt. Freitagabend auf der B437: Kurz nach dem Wesertunnel in Richtung Autobahn 27 erhellt Blaulicht die dunkle Fahrbahn. Eine Polizeibeamtin zeigt mit einer Kelle auf einzelne vorbeifahrende Fahrzeuge und dirigiert sie auf einen angrenzenden Parkplatz, der im Flutlicht von THW-Scheinwerfern hell erleuchtet ist.
Welche Fahrzeuge stoppt die Polizei bei der Kontrolle?
Mehr als 40 Beamte von Polizei und Zoll nehmen die Fahrer in Empfang. Eine beeindruckende Kulisse. Die Großkontrolle der Polizei fällt tatsächlich ziemlich groß aus. Allein dieses Aufgebot sollte dafür sorgen, dass die Fahrer kooperieren.

Der Zoll hat im Grenzgebiet zum Hafen weitreichende Befugnisse und kann Fahrzeuge verdachtsunabhängig durchsuchen. Im Gegensatz zu den meisten Polizeibeamten möchten die Zöllner auf Fotos unkenntlich gemacht werden. Foto: Jan Iven
„Guten Abend. Führerschein und Fahrzeugpapiere, bitte“ beginnen die Beamten das Gespräch freundlich. Zahlreiche Fahrer werden gebeten, auszusteigen. Die Polizisten fragen: „Hatten Sie schon mal Kontakt mit Drogen?“ Freundlich, aber bestimmt.
Die Kollegen vom Zoll kündigen an, den Kofferraum zu durchsuchen. Im Grenzgebiet zum Hafen hat der Zoll weitreichendere Befugnisse als die Polizei und kann verdachtsunabhängig durchsuchen.
Warum findet die Kontrolle statt?
„Im Cuxland kommen zwei große Verkehrsachsen zusammen“, sagt Polizeisprecher Stephan Hertz. Zum einen die A27 von Bremerhaven nach Bremen und von dort weiter in den Süden oder nach Hamburg. Zum anderen die B437 aus Holland.
Viele Pendler und Reisende sind hier unterwegs, aber auch manche Kriminelle. Die Niederlande gelten immer noch als Einfallstor für Drogen.

Ganz schön tief: Dieses Fahrzeug wurde getuned, stellt aber noch keine Gefährdung für den Straßenverkehr dar. Foto: Jan Iven
„Es geht uns auch um die Verkehrssicherheit“, sagt der Polizeisprecher. Lichter, Führerscheine und sogar Motoren werden kontrolliert. Wurden getunte Teile genehmigt? Haben die Fahrer Alkohol oder Drogen konsumiert?
Während die Fahrzeuge durchsucht werden, stehen viele Fahrer relativ ungerührt daneben. Manche sind nur mit einem T-Shirt bekleidet und lassen sich vom Beifahrer eine Jacke reichen. Ein gewisses Beuteschema der Polizei wird deutlich: Es sind vor allem große sportliche Fahrzeuge mit viel PS, die an diesem Abend kontrolliert werden.
In den Wagen sitzen meist junge und sportliche Männer. Öffentlich wird es niemand so direkt sagen, aber die Polizei kennt ihre Pappenheimer. Bei jungen Pärchen oder einer jungen Frau mit einer älteren Beifahrerin im Kleinwagen verläuft die Kontrolle sehr viel schneller.
Deeskalation statt Abschreckung
Eine andere Gruppe sind Transporter und Baustellenfahrzeuge mit Bauarbeitern, viele aus Osteuropa oder arabischen Ländern, die nach dem Feierabend auf dem Weg zu ihren Unterkünften sind.

Aus Sicherheitsgründen wird die Großkontrolle am Wesertunnel von zwei Einsatzleitern überwacht. Foto: Jan Iven
Die Beamten aus Schiffdorf, Geestland und Nordenham treten freundlich auf, die Stimmung ist fast schon gelöst, wenn auch professionell. Mehr Deeskalation als Abschreckung. Die Fahrer sind aufgrund der großangelegten Kontrolle vermutlich schon nervös genug.
Mancher junge Fahrer wird von den ebenfalls jungen Beamten – und vielen Beamtinnen – schon mal geduzt, wenn es der Gesprächsverlauf hergibt und etwa getunte Autoteile kontrolliert werden. Der eine oder andere Polizist hat früher selbst an seinem Wagen geschraubt und kennt sich aus.
Dennoch sind an diesem Abend gleich zwei Einsatzleiter vor Ort, um die Kontrolle zu überwachen. Auch wenn die Beamten nicht mit Problemen rechnen, lasst sich das nie völlig ausschließen.
Im Vorjahr durchbrach ein Fahrzeug die Absperrung
Bei der Kontrolle im vergangenen Jahr raste ein Autofahrer plötzlich davon und zerstörte eine Absperrung. Der Wagen landete später im Graben, der Fahrer flüchtete zu Fuß. Da das Fahrzeug nicht mehr angemeldet war, dauerte es eine Weile, bis die Polizei den Mann dingfest machen konnte.
An diesem Abend weisen sich die Beamten gegenseitig auf den einen oder anderen kuriosen Fund hin. Ein Führerschein ist etwa so schlecht gefälscht, dass die Polizisten ihn schon am Klang erkennen – beim Fallenlassen auf einem Schreibtisch in der mobilen Wache in einem Container.
Der Mann darf nicht weiterfahren. Allerdings verfügt sein Beifahrer über einen gültigen Führerschein. Unklar, warum er nicht von vornherein am Steuer saß.
Ausländischer Führerschein als App
Und: Manche Polen haben keinen physischen Führerschein dabei, sondern eine entsprechende App auf ihrem Handy. Anhand des Ausweises kann die Polizei die Gültigkeit überprüfen. In Deutschland gibt es bisher nur Pilotprojekte mit einem solchen digitalen Führerschein.
Ein anderer Fahrer hat eine illegale Blitzer-App auf seinem Handy noch während der Kontrolle offen eingeschaltet. Eine Ordnungswidrigkeit, für die ein Bußgeld von 75 Euro fällig wird. Vielleicht stimmt es sogar, dass er nichts davon wusste. Sonst wäre er womöglich nicht so arglos gewesen.

Zu viele Kartoffeln an Bord? Zugelassen ist der Anhänger für 400 Kilogramm. Da die Beamten das Gewicht nicht überprüfen können, darf der Fahrer weiterfahren. Foto: Jan Iven
Ein Autofahrer hat einen alten Holzanhänger mit Kartoffeln dabei. Zugelassen ist er für 400 Kilogramm. Doch da die etwas ratlosen Beamten das Gewicht nicht abschätzen können, darf der Mann weiterfahren. Gleiches gilt für einen Verkäufer von Brathähnchen, der seine Ware im Fahrzeug am Spieß transportiert. Unklar, ob das so erlaubt ist.
Polizei erfasst erstmals Fahrten unter dem Einfluss von Cannabis
Doch das Hauptaugenmerk liegt ohnehin nicht auf Kartoffeln oder Grillhähnchen. Gesucht wird vielmehr nach Drogen oder Fahrern unter Drogeneinfluss. „Nach der Teillegalisierung von Cannabis unterscheiden wir nun erstmals in der Statistik“, sagt Hertz.
Früher wurde nur nach Alkohol- und Drogenfahrten differenziert. Nun werden Fahrten unter dem Einfluss von Haschisch extra ausgewiesen. Wobei der neue Grenzwert bei 3,5 Nanogramm THC-Wirkstoff je Milliliter Blut liegt.
Da Cannabis unterschiedlich wirken kann, sind die Werte umstritten. „Besser ist es, vor der Fahrt überhaupt keinen Alkohol oder Drogen zu sich zu nehmen“, sagt der Polizeisprecher.
Die Polizei im Cuxland hat sich bereits ungewöhnlich deutlich positioniert und lehnt die Teillegalisierung strikt ab. Die Beamten treibt die Sorge um, dass im Schatten des legalen Konsums der illegale Handel und Fahrten unter Drogeneinfluss stark zunehmen könnten. Die Erfassung der Cannabis-Fahrten ermöglicht in Zukunft zumindest eine Überprüfung dieser These.
Mehrere Fahrer unter Drogeneinfluss
Von den 300 kontrollierten Autofahrern haben drei Cannabis zu sich genommen. In zwei Fällen wurde zusätzlich Amphetamin, also Speed, konsumiert. Vor Ort können die Beamten freiwillige Vortests durchführen. Doch ein Fahrer ist dermaßen zugedröhnt, dass er in ein Krankenhaus gebracht werden muss.
Weitere Bilanz: In zwei Fällen wurden geringe Mengen an Amphetamine und Cannabis sichergestellt.
Fünf Fahrer wurden ohne gültigen Führerschein erwischt, darunter eine Totalfälschung, was zu einem Strafverfahren wegen Urkundenfälschung führt. In einem Fall entdeckte die Polizei einen versuchten Fahrerwechsel. Gegen einen Mann lag ein Haftbefehl vor, weil er eine Geldstrafe nicht bezahlt hatte. Das holte er vor Ort nach und durfte weiterfahren.
Außerdem fanden die Beamten ein verbotenes Messer, ein illegales Pfefferspray sowie unversteuerte Zigaretten. Zwei Fahrzeuge waren nicht zugelassen.
Wie bewertet die Polizei die Kontrollen am Wesertunnel?
Wegen der Kontrolle am Freitagabend wurde die Höchstgeschwindigkeit auf Tempo 40 gesenkt. Von den rund 1100 vorbeifahrenden gemessenen Fahrzeugen fuhren 51 zu schnell.
Die Polizei war mit dem Verlauf der Kontrolle zufrieden. Die Einsatzleiter teilten am nächsten Tag mit: „Wir sind darüber erfreut, dass nahezu alle Verkehrsteilnehmer sich bei den Kontrollen absolut kooperativ verhalten haben und alles nahezu störungsfrei ablief.“ Weitere Kontrollen sollen folgen.

Großkontrolle hinter dem Wesertunnel: Eine Polizeibeamtin hält einen Autofahrer an. Foto: Jan Iven