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Wirtschaft

TPreiskampf: Passbild-Regelung setzt Fotografen im Kreis Stade unter Druck

Nicht lächeln, bitte! Auch für digitale Passfotos gelten weiterhin strenge Regeln.

Nicht lächeln, bitte! Auch für digitale Passfotos gelten weiterhin strenge Regeln. Foto: Buchmann

Im Rathaus für 6 Euro oder beim Fotografen für 18 Euro? Vor dieser Frage stehen Bürger seit neuestem, wenn sie ein Passfoto benötigen. So bewertet die Fotobranche die Lage.

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Von Steffen Buchmann
Mittwoch, 13.08.2025, 11:50 Uhr

Jork. Seit dem 1. Mai müssen sich Bürger wie Rathäuser mit einer Neuerung arrangieren: Passfotos für Personalausweise und Reisepässe werden nur noch in digitaler Form akzeptiert. Die bundesweite Änderung betrifft jedoch auch Fotografen, die bisher einen Teil ihres Tagesgeschäfts mit Passbildern gestemmt haben - mit weitreichenden Folgen.

Im Herzen von Jork ist die Altländer Drogerie von Gerd Hubert ein echtes Urgestein. Seit 40 Jahren gehören Passfotos zum Kerngeschäft des ehemaligen Bürgermeisters. Früher habe er noch mit der Polaroid-Kamera geknipst, sagt Hubert. Doch das Aus für die Papierpassbilder stellte Hubert vor die Wahl: Mitziehen oder sein lassen.

Fotografen müssen in neue Technik investieren

„Die Passbilder machen einen erheblichen Teil unseres Geschäfts aus“, sagt Geschäftsführerin Tanja Mühlhausen-Nauerz. Deshalb habe man sich dafür entschieden, die Drogerie auf digitale Passbilder umzustellen.

3000 bis 4000 Euro mussten die Jorker für ein Tablet, Kartenlesegerät, einen schattenfreien LED-Hintergrund investieren. Hinzu kommen laufende Kosten für die notwendige Software. Und das war noch nicht alles: „Jeder Mitarbeiter braucht einen Personalausweis mit aktivierter Online-Funktion, um sich im System zu registrieren“, sagt Gerd Hubert.

Die Übersichtskarte zeigt: Nur wenige Gemeinden und Städte im Landkreis Stade haben Fotografen, die digitale Passfotos erstellen.

Die Übersichtskarte zeigt: Nur wenige Gemeinden und Städte im Landkreis Stade haben Fotografen, die digitale Passfotos erstellen. Foto: Buchmann (Screenshot)

Eine Übersichtskarte auf www.alfo-passbild.de zeigt: Im ganzen Landkreis sind gerade einmal zwölf Fotografen registriert, die die neue digitale Dienstleistung anbieten. Ein Grund: Seit Mai dürfen Rathäuser eigene Passbilder vor Ort machen - zum bundeseinheitlichen Preis von 6 Euro pro Foto.

Zum Vergleich: In der Altländer Drogerie erhalten Kunden derzeit neben einem digitalen Passfoto inklusive QR-Code noch vier gedruckte Fotos auf die Hand für 18 Euro. Im Gegensatz zu den Behörden müssen die Fotografen noch Upload-Gebühren von 1 Euro pro Foto zahlen, um die Fotos über einen Cloud-Speicher für maximal sechs Monate abrufbar zu machen.

Preisdruck durch günstige Konkurrenz kein Novum

Für die Fotobranche sei die Umstellung sowohl technisch wie finanziell eine große Herausforderung gewesen, sagt Thilo Röhrig, Geschäftsführer des Fotohändlerverbundes Ringfoto, zu dem auch Foto Schattke mit Filialen in Buxtehude und Stade gehört. Man habe die Umsetzung jedoch im Zeitplan realisieren können und stehe im regelmäßigen Austausch mit den verantwortlichen Institutionen, was System-Optimierungen und Vereinfachungen angeht.

Die wesentlich günstigeren Rathaus-Fototerminals sieht Röhrig nur bedingt problematisch: „Es gab schon immer sehr günstige Anbieter in unserer Branche, denen wir uns stellen mussten“. Trotz Konkurrenz durch App-Anbieter und Fotoautomaten habe es „keine Einbußen bei der Anzahl der erstellen Passbilder“ gegeben. Für Röhrig sind ausschlaggebende Argumente für den höheren Preis, dass Fotografen höchste Qualität bei Passbildern liefern und Zeit sowie Erfahrung in die Kundenbetreuung einfließen lassen.

Ursprünglich sollten nur Behörden Passfotos machen dürfen

Das Bundesinnenministerium (BMI), das federführend für die Umstellung auf digitale Passfotos verantwortlich ist, sieht hingegen keine Konkurrenz zu den Fotografen. Menschen in kleineren Städten hätten in der Vergangenheit oft gar nicht die Möglichkeit gehabt, selbst zu bestimmen, auf welchem Weg sie ihre Lichtbilder erstellen lassen, sagt BMI-Sprecher Henning Zanetti auf TAGEBLATT-Nachfrage.

Durch die Fotomöglichkeit in den Rathäusern würden auch Regionen angeschlossen, die für privatwirtschaftliche Fotografen wirtschaftlich uninteressant seien. Im ursprünglichen Gesetzesentwurf sei vorgesehen gewesen, dass ausschließlich Behörden Passfotos anfertigen dürfen. Die aktuell gefundene Lösung sei insoweit bereits ein Kompromiss, sagt Zanetti.

Was wir gut können, muss nicht die Verwaltung machen.

Gerd Hubert, Besitzer der Altländer Drogerie in Jork

Eine Pflicht, selbst Fotos vor Ort anfertigen lassen zu können, bestand laut BMI-Sprecher für Behörden nicht. „Das BMI empfiehlt gleichwohl ein solches Angebot zu schaffen“, sagt Zanetti. Kommunen, die kein entsprechendes Angebot schaffen, würden den dort lebenden Menschen die Freiheit nehmen zu entscheiden, auf welche Art sie Lichtbilder erstellen lassen möchten, sagt Zanetti weiter.

Die Fototerminals und spezielle Fotohandys stellt die Bundesdruckerei den Kommunen kostenfrei zur Verfügung, lediglich ein monatlicher Mindestumsatz von 30 Euro ist durch die Fotogebühr zu decken. Gerd Hubert findet das unfair gegenüber den Fotografen und betont: „Was wir gut können, muss nicht die Verwaltung machen“.

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